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Schokolade mit „ganzen Grillen“ war als Scherz gedacht

Im Januar 2023 postete das deutsche Schokoladenunternehmen Ritter Sport ein satirisches Bild der vermeintlichen Ritter -Sport „Protein-Edition: Ganze Grille mit crunchy Heimchen-Beinchen“. Dies war als Scherz gedacht – viele Menschen glaubten jedoch, dass es diese Schokoladensorte tatsächlich gäbe und teilten den Post in verschiedenen Sprachen. Im April 2024 wurde der Beitrag in ungarischen sozialen Medien wieder aufgegriffen. Desinformationskampagnen über die Zulassung von Lebensmittelzutaten auf Insektenbasis in der EU sind ein wiederkehrendes Thema im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni. Der Schokoladenhersteller Ritter -Sport bestätigte, dass es sich bei dem geposteten Bild nur um einen Scherz handelte und wies darauf hin, dass regelmäßig Bilder von Scherzartikeln wie beispielsweise „Impfstoff-Schokolade“ oder „Freibier-Schokolade“ gepostet würden.

Ende April 2024 wurde in ungarischen sozialen Medien erneut ein Bild der vermeintlichen Ritter -Sport „Protein-Edition: Ganze Grille mit crunchy Heimchen-Beinchen“ geteilt. Die Kommentare zeigen, dass einige Menschen glauben, dass es sich um ein echtes Produkt handle, nachdem die EU bereits 2021 und neuerlich 2023 Lebensmittelzutaten auf Insektenbasis auf dem europäischen Markt zugelassen hat.

„Ungarn will diesen Müll nicht“, heißt es in einem anderen Beitrag, in dem die unbegründete Behauptung aufgestellt wird, die oppositionelle ungarische Momentum-Bewegung würde Lebensmittelzutaten auf Insektenbasis fördern, sollte sie bei den Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni einen Sitz erhalten.

Falsche und irreführende Behauptungen über in der EU zugelassene Zutaten auf Insektenbasis haben im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament vom 6. bis 9. Juni 2024 stark zugenommen. Sie gehören zu den Desinformationsthemen, die von EU-skeptischen und rechtspopulistischen Parteien regelmäßig genutzt werden, um die EU zu kritisieren. Andere häufige Themen sind Migration und Klimawandel sowie Umweltschutzmaßnahmen im Rahmen des Grünen Deals der EU.

Nachdem in der EU im Januar 2023 ein weiteres Insekt als neuartiges Lebensmittel zugelassen wurde, postete das Schokoladenunternehmen Ritter Sport ein Bild einer Grillen-Schokolade als Scherz. Dieses Produkt wurde jedoch nie hergestellt – es war lediglich einer von vielen humorvollen Scherzartikeln, die auf dem Instagram-Account des Unternehmens regelmäßig gepostet werden. So gibt es beispielsweise auch Bilder einer „Wurst-„, „Impfstoff-“ oder „Bier-“ Schokolade.

Facebook-Screenshots der Behauptung: 2. Mai 2024

Als Scherz gepostetes Bild

Bei einer Websuche nach „Ritter Sport Grillenschokolade“ fand AFP Medienberichte über einen humorvollen Post von Ritter Sport auf Instagram vom Januar 2023, der für viel Aufsehen sorgte, weil einige glaubten, es handle sich um ein echtes Produkt.

Das erste Bild dieser vermeintlichen Schokoladenvariation wurde im Januar 2023 hunderte Male auf Facebook in ungarischer Sprache geteilt, mit der falschen Behauptung, es handle sich um ein echtes Produkt – beispielsweise hier und hier, sowie auf Englisch auf X.

Während in einigen Kommentare darauf hingewiesen wird, dass es sich nicht um ein echtes Produkt handle, deuten viele andere Meldungen darauf hin, dass manche zu glauben schienen, diese Grillenschokolade gäbe es tatsächlich: „Warum tun sie das?“ und „Es ist ekelhaft, dass sie versuchen, uns dieses Zeug zu verfüttern“. Viele gaben an, dass sie von jetzt an Ritter Sport boykottieren werden.

In anderen Kommentaren wurde die falsche Behauptung wiederholt, dass EU-Verordnungen es möglich machen, heimlich Insekten in Lebensmittel zu mischen: „Leider muss man nicht angeben, dass sie enthalten sind. Nach den EU-Verordnungen können [Insekten] in Pulverform in alles hineingegeben werden. Ich bin mir sicher, dass wir sie schon essen, wir wissen es nur nicht.“

In einigen Kommentaren wurde die EU generell kritisiert und ein Beitrag stellte eine Karikatur von Ursula von der Leyen, Präsidentin der Europäischen Kommission, umgeben von Käfern dar.

Die Stuttgarter Nachrichten berichteten im Februar 2023 über eine Welle der Empörung zu dem Scherzbild von Ritter Sport und es wurde die Frage aufgeworfen, ob das Schokoladenunternehmen aus den nahe gelegenen Waldenbuch dieses Mal vielleicht zu weit gegangen sei. Es wurde aber auch betont, dass der Instagram-Post sehr wohl den Hashtag „fakesorte“ trug. Ritter Sport sagte gegenüber der Zeitung, dass der Scherz-Post Teil eines Running Gags sei und dass das Unternehmen in diesem Sinne bereits etwa 300 andere Bilder vermeintlicher Schokoladenvariationen gepostet habe.

Instagram-Screenshot des Beitrags, Hervorhebung durch AFP: 24. April 2024

Wenn man sich auf der Instagram-Seite von Ritter Sport umsieht, findet man in der Tat mehrere humorvolle Posts über nicht wirklich existierende Schokoladenvariationen wie etwa „Burrata – mit Olivenöl und Pinienkernen verfeinert„, „Impfstoff – Erst Piksen, dann Knuspern!“ oder „Kraftriegel – Curry, Wurst und Ketchup„. Es gibt sogar eine Fortsetzung des Grillen-Witzes: „Feurige Edition: Ganzer Grill – mit knusprigen Kohlestückchen und deftiger Rauchnote„.

Instagram-Screenshots: 24. April 2024

Das Schokoladensortiment von Ritter Sport – also die Schokoladenvariationen, die tatsächlich hergestellt werden – ist auf der Website von Ritter Sport zu finden. Hier sucht man vergeblich nach einer Grillenschokolade – dieses Scherzprodukt findet man lediglich auf Instagram.

Generell gibt es aber sehr wohl schon Grillenschokoladen, wie beispielsweise dieses Produkt der Marke EntoSus.

Desinformation über Lebensmittelzutaten auf Insektenbasis

In der Europäischen Union wurden bisher vier Insekten als Lebensmittel zugelassen: Mehlkäfer, Wanderheuschrecken, Hausgrillen und der Buffalowurm dürfen unter anderem Brot, Nudeln oder Chips zugesetzt werden – aber nicht ohne entsprechende Kennzeichnung.

Wie in diesem AFP-Artikel erläutert, sind Lebensmittel auf Insektenbasis regelmäßig Zielscheibe von Desinformation. Euroskeptikerinnen und -skeptiker behaupten beispielsweise, Brüssel habe einen geheimen Plan, Menschen zum Verzehr von Insekten zu bringen und dass Lebensmittel auf Insektenbasis gefährlich seien.

Seitdem es EU-Verordnungen zu Lebensmittelzutaten auf Insektenbasis gibt, wurde in verschiedenen Sprachen fälschlicherweise behauptet, dass das in Insekten enthaltene Chitin krebserregend sei oder dass man unwissentlich Insekten essen würde. Derartige Desinformationskampagnen werden von EU-skeptischen Stimmen vor allem jetzt im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament verbreitet.

So hätten Politiker wie der britische Euroskeptiker Nigel Farage und der Chef der nationalistischen Republikanischen Volksunion Frankreichs, François Asselineau, dazu beigetragen, die falsche Behauptung zu verbreiten, dass die Europäische Kommission Menschen dazu bringen wolle, ohne ihr Wissen Insekten zu essen. Auch die ungarische Regierung machte sich diese Befürchtungen zunutze und bezeichnete die Entscheidung der EU, bestimmte Lebensmittelzutaten auf Insektenbasis als Lebensmittel zuzulassen, als Bedrohung für „unsere gastronomischen Traditionen“.

Fazit: Die Schokolade von Ritter Sport „Protein-Edition: Ganze Grille mit crunchy Heimchen-Beinchen“ hat es nie wirklich gegeben – es war als Scherz gedacht – und das Unternehmen plane auch nicht, Insekten in der Schokolade zu verarbeiten. Euroskeptikerinnen und -skeptiker versuchen vor allem jetzt – im Vorfeld der Wahlen zum Europäischen Parlament im Juni – Desinformation über die EU zu verbreiten.

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Verbraucher, EU

Autor(en): Ede ZABORSZKY / Lisa-Marie ROZSA / AFP Ungarn

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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