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Verfälschtes Foto der US-Schwimmerin Lia Thomas

Die US-Schwimmerin Lia Thomas setzt sich für die Rechte von Trans-Sportlerinnen ein. Ihr Versuch, die Regeln des Internationalen Schwimmverbands anzufechten, wurde kürzlich abgewiesen: Personen, die wie sie eine männliche Pubertät durchlaufen haben, dürfen nicht in Frauenkategorien des Schwimmsports starten. Derweil wird ein bearbeitetes Foto viral in sozialen Medien verbreitet, um Thomas zu diskreditieren: Mit einem auffälligen, später eingefügten männlichen Genital wird angedeutet, sie habe kein Recht, als Frau anzutreten. AFP fand jedoch das Originalbild im Archiv von Getty Images. 

„Der Welt-Schwimmverband schloss Schwimmerin Lia Thomas von Frauen Sport-Wettbewerben aus was diskriminierend ist denn Lia Thomas hat einfach alles was eine Frau ausmacht, 1 Penis und 2 Hoden“, schreibt ein Facebook-Nutzer am 10. Juli 2024. Der Beitrag enthält ein Foto, das die US-Schwimmerin im Badeanzug mit sich stark abzeichnenden männlichen Genitalien zeigt. Nutzerinnen und Nutzer verbreiteten das bearbeitete Bild zudem auf X und Telegram.

Auch in anderen Sprachen, wie GriechischUngarischRumänisch, Slowakisch und Bulgarisch wurde das Bild verbreitet.

X-Screenshot der Behauptung: 18. Juli 2024

Das Foto wurde jedoch bearbeitet, wie AFP nachweisen konnte. 

Originalbild aus dem Jahr 2019

Eine Bildrückwärtssuche ergab, dass das Originalbild von der US-amerikanischen Bildagentur Getty Images veröffentlicht wurde (hier archiviert). Laut Bildunterschrift zeigt es Thomas noch vor der Namensänderung zu „Lia“ bei einem Schwimmwettkampf auf dem Campus der University of Pennsylvania am 16. November 2019.

Screenshot des Originalbildes von Getty Images: 15. Juli 2024.

Der Getty-Images-Fotograf Hunter Martin fotografierte Thomas zu verschiedenen Momenten des Tages, wie die folgenden Screenshots zeigen. 

Screenshots von Getty Images-Bildern mit Lia Thomas: 15. Juli 2024

Die Schwimmerin Lia Thomas machte im Jahr 2022 Schlagzeilen, als sie als erste offene Trans-Sportlerin eine Schwimmmeisterschaft des Nationalen Verbands der College-Athlethen (NCAA) gewann. Der Sieg der Sportlerin, die in früheren Jahren in der Männerkategorie angetreten war, löste eine Kontroverse aus. Mehrere Teamkolleginnen kritisierten, dass Thomas unfaire körperliche Vorteile habe und ihr Sieg darum nicht gerechtfertigt sei.

Kontroverse um Trans-Sportlerin

Im Jahr 2022 führte der Internationale Schwimmverband daraufhin neue Regeln ein, wonach Trans-Athletinnen für die Frauenkategorie von internationalen Elite-Schwimmwettkämpfen gesperrt werden, wenn ihre Geschlechtsanpassung nicht bis zum Beginn der Pubertät – bis zum Alter von zwölf Jahren – abgeschlossen war. Konkret bedeutete diese Entscheidung, dass so gut wie alle Trans-Schwimmerinnen von den Wettkämpfen ausgeschlossen wurden, da Hormonblocker und geschlechtsangleichende Maßnahmen beispielsweise in europäischen Ländern frühestens mit Eintritt der Pubertät verschrieben werden dürfen.

Lia Thomas, die ihre Hormontherapie erst nach der Pubertät im Jahr 2019 im Alter von 20 Jahren begonnen hatte, durfte somit seit 2022 an keinem Wettbewerb mehr teilnehmen. Da sich Thomas durch diesen Ausschluss diskriminiert fühlte, erwog sie im Januar 2024 rechtliche Schritte, um bei Elite-Wettkämpfen für Frauen, wie den Olympischen Spielen in Paris im Sommer 2024, antreten zu dürfen. Sie klagte vor dem Internationalen Sportgerichtshof Cas in Lausanne gegen die Ausschluss-Regularien von Trans-Schwimmerinnen. 

Das Schiedsgericht für Sport lehnte die Klage jedoch ab, da Thomas derzeit gar nicht berechtigt sei, an Elite-Wettkämpfen des Internationalen Schwimmverbands oder von USA Swimming teilzunehmen – auch nicht an den Olympischen Spielen in Frankreich. Somit war die Entscheidung technischer Natur: Thomas hatte sich nicht für Wettkämpfe des Internationalen Schwimmverbands qualifiziert und ist nicht mehr Mitglied des US-Schwimmverbandes, womit sie nicht berechtigt ist, deren Regeln anzufechten.

Genitalien sind nicht entscheidend

Entgegen der falschen Behauptungen in sozialen Medien spielte das Vorhanden- oder Nichtvorhandensein männlicher Genitalien keine Rolle bei der Entscheidung. Um für die Wettkampfkategorien der Frauen beim Internationalen Schwimmverband zugelassen zu werden, sind nicht Geschlechtsteile entscheidend, sondern die Testosteronwerte und die Frage, ob eine bei Geburt männlich eingestufte Person vor ihrer Transition eine männliche Pubertät durchlaufen hat. 

Im August 2023 kündigte der internationale Schwimmverband beim Schwimmweltcup in Berlin an, eine „offene“ Kategorie für Trans-Schwimmerinnen und -Schwimmer einzuführen. Dieser Plan wurde jedoch aufgrund von ausbleibenden Anmeldungen wieder verworfen.

Angehörige der LGBTIQ-Community werden wiederholt zum Ziel von diskriminierenden Falschinformationen. AFP hat entsprechende Behauptungen bereits hier und hier überprüft.

Fazit: Online kursierte ein bearbeitetes Foto der Trans-Schwimmerin Lia Thomas, die sich für ihr Recht auf Teilnahme an Schwimmwettbewerben für Frauen einsetzt. Ein sich deutlich abzeichnender Penis wurde hinzugefügt, um Thomas zu diskreditieren. AFP fand jedoch das Originalbild im Archiv von Getty Images. 

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LGBTQ+

Autor(en): Gundula HAAGE / Magdalini GKOGKOU / AFP Griechenland

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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