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Falsche Fahndungsfotos zu Louvre-Raub im Umlauf

Am Sonntag, den 19. Oktober ereignete sich um 09:30 Uhr der Raub, der in den vergangenen Wochen für eine Welle an Schlagzeilen sorgte (1). Mehrere maskierte Personen brachen in den Louvre ein und stahlen acht Schmuckstücke früherer Königinnen und Kaiserinnen. Ein äußerst reichweitenstarkes Instagram-Profil (2) zeigte Anfang November Fotos von zwei angeblich festgenommenen Verdächtigen. Doch dabei handelte es sich nicht um tatsächlich Tatverdächtige.

 

Einschätzung:

Die beiden Männer aus dem Posting haben nichts mit dem Louvre-Raub zu tun. Einer der Männer nahm bereits zu der Behauptung Stellung. Ihre Bilder kursieren bereits seit über einem Jahrzehnt im Internet. Die französische Polizei veröffentlichte bisher keine Bilder der vier Tatverdächtigen.

 

Überprüfung:

Der Einbruch in den Louvre dauerte weniger als sieben Minuten (3). Die mutmaßlich vier Täter parkten einen Lkw mit einer Hebebühne neben dem Museum. Über diese gelangten zwei von ihnen zunächst auf einen Balkon im ersten Stock und anschließend durch ein Fenster in das Museum. Dort brachen die Täter zwei Vitrinen auf und stahlen die Juwelen.

Die anderen beiden Täter warteten auf Motorrollern an der Straße, auf denen sie gemeinsam mit der Beute entkamen. Den Lkw ließen sie vor Ort stehen (4). Bei der Flucht verloren die Täter eine Krone, die vor Ort sichergestellt werden konnte (5). Der Schaden des Einbruchdiebstahls wurde auf etwa 88 Millionen Euro geschätzt.

Instagram-Post mit enormer Reichweite verbreitet Falschnachricht

Ein Instagram-Profil namens „france“ (2) verbreitete am 2. November Fotos zweier angeblich Tatverdächtiger. Das Posting hatte binnen weniger Tage bereits fast eine halbe Million Likes und über 25.000 Kommentare. Aber auch auf anderen Plattformen wie TikTok kursierten die Bilder der beiden Männer, meist mit weitaus weniger Reichweite (6).

Auch wenn der Instagram-Nutzer namens „france“ durchaus offiziell wirkt, über eine Million Follower hat und auch über ein blaues Verifizierungs-Hakerl verfügt, handelt es sich dabei nicht um eine offizielle Stelle. Instagram selbst verweist auf einer Info-Seite zum blauen Haken darauf, dass damit versehene Profile zwar verifiziert sind, das aber „kein Indiz für die Wichtigkeit eines Kontos“ darstellt (7).

Hinter dem Profil steht eine Reise-App (8), wie der Profilinfo zu entnehmen ist (9). Die Betreiber des Instagram-Accounts haben also offenbar wirtschaftliches Interesse daran, dass ihre Inhalte eine breite Öffentlichkeit erreichen. Die App-Betreiber verfügen bei Instagram auch über weitere Länderprofile, die teils miteinander interagieren (10).

Gezeigte Polizeifotos sind über zehn Jahre alt

Die im Posting als Verdächtige des Louvre-Raubs bezeichneten Männer tauchten bereits mehrfach in Fotosammlungen zu „besonders attraktiven Festgenommenen“ auf, teilweise auch in deutschen Medien (11). Die sogenannten „Mugshots“ stammen allerdings allesamt aus den USA.

Die Bilder kursieren seit mehr als zehn Jahren im Internet. Das erste Bild, links oben im Posting, lässt sich mittels Bilderrückwärtssuche bis 2013 zurückverfolgen (12). Es zeigt den US-Amerikaner Stefan Dolbashian, wie dieser gegenüber „Today“ bestätigte (13). Zudem verfügt Dolbashian laut eigener Aussage nicht einmal über einen Reisepass (14).

Der zweite angeblich Verdächtige wurde bei der Bildersuchmaschine TinEye im Juni 2014 erstmals indiziert (15). Gemeinsam zu finden sind die beiden Männer aus den Postings auf der Seite einer US-Anwaltskanzlei (16). Die erste Archivierung dieser Webseite passierte vor über fünf Jahren.

Vier Verdächtige in Untersuchungshaft

Gleich mehrere Personen wurden in Verbindung mit dem Louvre-Raub festgenommen. Drei von ihnen wurden wegen Mangels an Beweisen wieder freigelassen, doch vier Personen sitzen weiterhin in Untersuchungshaft (17). Darunter sind ein 37-jähriger Mann und seine angebliche Partnerin, denen organisierter Bandendiebstahl, bzw. Beihilfe vorgeworfen wird. Zwei weitere Männer legten bereits Teilgeständnisse ab (18).

Das Paar wurde verhaftet, weil ihre DNA-Spuren in der Kabine des bei dem Einbruch genutzten Lastenaufzugs gefunden wurden. Auch die DNA der weiteren beiden Männer wurde an einem für die Flucht genutzten Motorroller, an einer der im Louvre aufgebrochenen Vitrinen und an in dem Museum zurückgelassenen Gegenständen sichergestellt. Aufgrund von Vorstrafen in Bezug auf Diebstähle konnten die Verdächtigen daher schnell ermittelt werden (19).

Keine Fotos veröffentlicht, keine Verfolgungsjagd

Fotos der Tatverdächtigen veröffentlichte die französische Polizei bisher nicht. Die Festgenommenen wurden allerdings allesamt in Gewahrsam genommen, bevor das Instagram-Posting online ging. In Österreich ist die Veröffentlichung von Informationen zu Tatverdächtigen nur dann zulässig, wenn sie für die Fahndung relevant ist, nicht aber, wenn eine Festnahme bereits erfolgt ist (20).

Die französische Staatsanwaltschaft betonte, dass es sich bei den Verdächtigen nicht um eine Bande, sondern um Kleinkriminelle handle, die aus einem einkommensschwachen Departement nördlich von Paris kommen. Die Tatverdächtigen haben demnach nichts mit den beiden Männern aus den Postings zu tun. Zudem gab es, anders als von „france“ behauptet, weder eine Verfolgungsjagd noch eine Verhaftung vor der Glaspyramide des Louvre. Nur, dass von der Beute nach wie vor jede Spur fehlt (21), ist korrekt.

 

Quellen:

(1) Informationen zum Raub vom deutschen BKA: https://go.apa.at/bvQMWLxw (archiviert: https://go.apa.at/27GJa6t7)

(2) Posting bei Instagram: https://go.apa.at/n0Fb1aMg (archiviert: https://archive.ph/hu2bP)

(3) Artikel „orf.at“ zum Raub: https://go.apa.at/9Vs5gzMv (archiviert: https://go.apa.at/iIzVZhjW)

(4) Artikel „Tagesschau“ zum Raub: https://go.apa.at/qLAMo9ve (archiviert: https://go.apa.at/9LiKbssu)

(5) Informationen über den Raub von Interpol: https://go.apa.at/YwPZ6Xhc (archiviert: https://go.apa.at/WTBtkC2W)

(6) TikTok-Video mit den beiden Männern: https://go.apa.at/1f7JNAzm (archiviert: https://archive.ph/Dl7jJ) (Video archiviert: https://perma.cc/TFE8-5QYV)

(7) Instagram zum Verifikationsprozess: https://go.apa.at/WSZaRKac (archiviert: https://perma.cc/L3JN-XRDD)

(8) Reise-App im Apple Store: https://go.apa.at/F3AvFAui (archiviert: https://perma.cc/V2KF-LYA2)

(9) Profilseite bei Instagram: https://go.apa.at/er3mJ7B6 (archiviert: https://archive.ph/KgHa7)

(10) Posting mit Kommentaren anderer Länderprofile: https://go.apa.at/M0sxuXF9 (archiviert: https://archive.ph/z1Kf9)

(11) Fotogalerie auf „bunte.de“: https://go.apa.at/YjT5S1Te (archiviert: https://perma.cc/3DQ8-MUG4)

(12) Fotosammlung bei Buzzfeed: https://go.apa.at/cUesurHN (archiviert: https://go.apa.at/gDZGFJPq)

(13) „today.com“ zu Dolbashian: https://go.apa.at/q6HTTfzR (archiviert: https://go.apa.at/GN9QXyyi)

(14) Dolbashians Instagram-Post zur Falschinformation: https://go.apa.at/kaC5VnEP (archiviert: https://archive.ph/lRnao)

(15) Tineye: https://go.apa.at/RaphYbhW (archiviert: https://perma.cc/DBJ5-E6TZ)

(16) Fotosammlung auf Anwalts-Webseite: https://go.apa.at/kT4bI8Ku (archiviert: https://go.apa.at/b8uk50bW)

(17) Artikel „euronews“ zum Raub: https://go.apa.at/DcT8BCzB (archiviert: https://go.apa.at/9Udb5BBQ)

(18) Artikel „Der Standard“ zum Raub: https://go.apa.at/sKL0I0Ho (archiviert: https://go.apa.at/Ei78VPGY)

(19) Artikel „Welt“ zum Raub: https://go.apa.at/St4E079Z (archiviert: https://go.apa.at/2ZX9viq5)

(20) BMI-Veröffentlichung zur Internetfahndung: https://go.apa.at/5XZjSydL (archiviert: https://perma.cc/W7VU-CLM3)

(21) Artikel „Tagesschau“ zu Verdächtigen: https://go.apa.at/EHeQMTNo (archiviert: https://go.apa.at/KlsNN1Lh)

 

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Autor(en): APA

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