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Eltern haben Mitspracherecht bei Minderjährigen

Mit dem geplanten Selbstbestimmungsgesetz will die Bundesregierung künftig Menschen in Deutschland ermöglichen, ihren eigenen Geschlechtseintrag und Vornamen selbst festlegen und ändern zu können. Es richtet sich an transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre Menschen. Nun kursiert die Behauptung, mit dem Gesetz könnten Minderjährige ihren Geschlechtseintrag ohne Zustimmung der Erziehungsberechtigten ändern lassen. Weiter könne den Eltern das Sorgerecht entzogen werden, wenn sie sich dagegen wehrten. Zudem soll eine Geldstrafe in Höhe von 10 000 Euro drohen, wenn jemand einen Trans-Menschen mit dem Geburtsnamen anspreche. Was steht wirklich in dem Entwurf?

Bewertung

Die Änderung des Geschlechtseintrags bei Minderjährigen geschieht nur mit Zustimmung der Eltern. Ausnahmen kann es nur geben, wenn Eltern mit ihrer Haltung das Kindeswohl gefährden. Eine Ansprache mit der falschen Namens- oder Geschlechtsnennung soll nur dann zu einem Bußgeld führen, wenn dies wiederholt und vorsätzlich passiert.

Fakten

«Trans» sind Personen, die sich nicht oder nicht nur mit dem Geschlecht identifizieren, das ihnen bei der Geburt zugewiesen wurde. «Inter» bedeutet angeborene körperliche Merkmale zu haben, die sich nach medizinischen Normen nicht eindeutig als (nur) männlich oder (nur) weiblich einordnen lassen. «Nicht-Binär» wird als Selbstbezeichnung für Menschen, die sich weder als Mann noch als Frau identifizieren, definiert.

Minderjährige und die Geschlechtsanpassung

Die Bundesministerien für Familie und Justiz erklären in einem gemeinsamen Papier, dass bei Kindern bis 14 Jahren die Eltern den Geschlechtseintrag ändern lassen müssen. Jugendliche ab 14 hingegen können die Erklärung selbst abgeben – allerdings müssen die Sorgeberechtigten zustimmen. Beratungsangebote sollen sicherstellen, dass Minderjährige ihre Entscheidung wohlüberlegt treffen.

Stimmen die Sorgeberechtigten nach ausreichender Beratung einer vom Kind gewünschten Geschlechtsänderung nicht zu, komme «wie auch in anderen Konstellationen» das Familiengericht ins Spiel, so die Ministerien. Das könne unter Umständen die Zustimmung ersetzen.

Bei einer Gefährdung des Kindeswohls hat ein Familiengericht nach Paragraf 1666 des Bürgerlichen Gesetzbuches verschiedene Instrumente, um Kinder zu schützen. Im Zweifel kann es den Eltern auch das Sorgerecht teilweise oder vollständig entziehen. Denn zur Menschenwürde und zum Recht auf freie Persönlichkeitsentfaltung gehöre auch das Recht auf geschlechtliche Selbstbestimmung, so das Bundesverfassungsgericht. Außerdem empfinden viele Betroffene das bisherige Verfahren den Ministerien zufolge als entwürdigend.

Bußgelder

Es soll nicht generell verboten werden, Betroffene mit früheren Namen oder Pronomen anzusprechen. Bei einem vorsätzlichen wiederholten und besonders intensiven Verhalten hingegen könnte es sich aber um Mobbing handeln, das rechtlich beispielsweise unter Beleidigung fallen könnte. Die wiederum kann Paragraf 185 des Strafgesetzbuches zufolge auch mit einem Bußgeld bestraft werden.

Tatsächlich könnte dem SBGG-Gesetzesentwurf der Ministerien zufolge ein Bußgeld in Höhe von bis zu 10 000 Euro drohen – aber nicht so wie im Video behauptet, wenn man Betroffene mit falschem Namen anspricht. Die Strafe ist vielmehr geplant bei einem Verstoß gegen das sogenannte Offenbarungsverbot. Demnach dürfen Menschen frühere Geschlechtseinträge ohne Zustimmung der Betroffenen nicht offenbaren oder ausforschen. Das regelt bereits seit 1981 auch Paragraf 5 des Transsexuellengesetzes.

Der Weg des Gesetzes

Der Entwurf zum Selbstbestimmungsgesetz von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und Justizminister Marco Buschmann (FDP) hat noch einige Schritte vor sich, bis er gelten kann: Das Bundeskabinett muss ihn beschließen, das Gesetz muss danach den Bundestag passieren.

(Stand: 19.7.2023)

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Politik, Gesellschaft

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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