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Nein, Covid-19-Impfstoffe wurden in Florida nicht offiziell zur Biowaffe erklärt

Der US-Bundesstaat Florida erklärte nicht, dass mRNA-Impfstoffe gegen Covid-19 Biowaffen seien – anders als seit Juli 2023 in sozialen Medien behauptet wird. Tatsächlich wurde diese unbegründete Einstufung vom Exekutivausschuss der Republikanischen Partei eines Bezirkes in Florida vorgenommen. In einem Schreiben forderte das Komitee die Gesetzgeber des Bundesstaates auf, „den Verkauf und die Verteilung von Covid-19-Injektionen“ zu verbieten. Parallel dazu forderte der republikanische Gouverneur von Florida eine Untersuchung der Impfstoffe. Diese ist jedoch noch nicht abgeschlossen.

„Florida erklärt mRNA Impfstoffe zur ‚Biowaffe'“, schreibt ein User am 21. Juli 2023 auf Facebook. In einem anderen Posting heißt es, der US-Bundesstaat habe „mRNA-Spritzen verboten“. Der Inhalt wird zusammen mit einem Nachrichtenbericht in englischer Sprache geteilt, der rund zwei Minuten dauert.

Auf Telegram wurde der Clip über 21.000 Mal angesehen. Auf der Plattform Twitter, die inzwischen in „X“ umbenannt wurde, kursiert der Beitrag ebenfalls. Die Behauptung mit demselben Video verbreitete sich auch in anderen Sprachen wie Ungarisch oder Portugiesisch.

Facebook-Screenshot der Behauptung: 31. Juli 2023

Im Zusammenhang mit der Corona-Impfung kursieren jedoch zahlreiche falsche Gesundheitsinformationen in sozialen Medien. Faktenchecks zur Corona-Pandemie sammelt AFP hier, zu Impfstoffen hier.

Initiative eines Ortsverbands einer politischen Partei 

In dem geteilen Nachrichtenbericht sind die Worte „12 news“ und „I-team“ im Hintergrund des Videos zu sehen. Eine Stichwortsuche führte AFP zum Originalvideo (Link hier archiviert), das am 13. Juli 2023 von der CBS-Tochtergesellschaft West Palm Beach News (WPEC) in Florida veröffentlicht wurde.

Die online verbreiteten Behauptungen stimmen jedoch nicht mit dem Inhalt des Fernsehberichts überein. In der Nachrichtensendung geht es um einen Beschluss des Exekutivkomitees der Republikanischen Partei von Brevard, einem der 67 Bezirke Floridas.

In dem vierseitigen Dokument behauptet der Ausschuss unter anderem, dass „kürzlich starke und glaubwürdige Beweise aufgetaucht sind, dass Covid-19 und Covid-19-Impfstoffe biologische und technologische Waffen sind“. Dies erinnert an alte unbegründete Behauptungen, dass mRNA-Impfstoffe „genmanipulierte Eingriffe“ seien, die das menschliche Erbgut verändern, also die DNA manipulieren, könnten. Diese hat AFP bereits mehrfach überprüft.

In dem Brief wird außerdem die Sicherheit und Wirksamkeit der Impfstoffe in Frage gestellt und ein Verbot „des Verkaufs und der Verteilung von Covid-19-Injektionen und aller damit verbundenen Injektionen im Bundesstaat Florida“ gefordert.

Das Exekutivkomitee der Republikanischen Partei von Brevard (auf Englisch „Brevard Republican Executive Committee“) ist eine „gemeindebasierte politische Organisation, die die Republikanische Partei in Brevard County vertritt“. Es handelt sich also um eine Parteiorganisation und nicht um eine Regierungsorganisation. Der Gouverneur des Bundesstaates wird jedoch von der Republikanischen Partei gestellt. Wie der TV-Bericht erklärt, wurde der Brief des Komitees von Politikern verfasst. Sie wollten die staatlichen Behörden auffordern, die Anwendung von Impfstoffen in Florida zu verbieten.

Der Ortsverband der Republikanischen Partei in einem anderen County in Florida, dem Bezirk Lee, stimmte ebenfalls über eine gleichartige Resolution ab, in der ein Verbot von Covid-Impfstoffen gefordert wurde. Ähnlich wie bei der Resolution in Brevard handelte es sich um einen Beschluss eines politischen Gremiums, die an den Gouverneur gerichtet war, und nicht um ein Gesetz.

Der Fernsehbericht in den geteilten Postings wurde ausgestrahlt, bevor über die Resolution abgestimmt wurde. Der Brief wurde später von den örtlichen Parteimitgliedern genehmigt und das Dokument anschließend an Floridas republikanischen Gouverneur Ron DeSantis, Generalstaatsanwältin Ashley Moody, die Senatoren Rick Scott und Marco Rubio und andere Beamte in Florida geschickt, um ein Verbot von Impfstoffen im Bundesstaat zu fordern.

Bis zum 31. Juli 2023 konnte AFP keine weiteren Maßnahmen oder Reaktionen auf die Resolution finden.

Comprova, ein journalistisches Gemeinschaftsprojekt, zu dem auch der portugiesische Faktencheck-Dienst von AFP gehört, hat die Regierung und das Gesundheitsministerium von Florida um eine Stellungnahme gebeten, aber keine Antwort erhalten.

Oberster Gerichtshof von Florida untersucht Impfstoffe

Auf Ersuchen des republikanischen Gouverneurs Ron DeSantis vom 13. Dezember 2022 begann der Oberste Gerichtshof des Bundesstaates Florida aber schon vor der lokalen Initiative mit der Untersuchung der Covid-19-Impfstoffe, wie die britische Tageszeitung The Guardian berichtete.

DeSantis begründet die Untersuchung unter anderem damit, dass er von Pharmaunternehmen die Freigabe weiterer Informationen über die Impfstoffe und ihre möglichen Nebenwirkungen fordert. Er argumentiert weiter, dass die Unternehmen ein finanzielles Interesse daran hätten, ein Klima zu schaffen, in dem Menschen glauben würden, das Virus durch die Impfung nicht auf andere übertragen zu können.

Am 22. Dezember 2022 meldete die Nachrichtenagentur AP, dass eine Grand Jury (zu Deutsch „große Jury“) für die Untersuchung einberufen werden würde. Diese Geschworenengerichte in Bundesstaaten, die in der Regel aus 18 Personen bestehen, können kriminelle Handlungen untersuchen und Anklagen erheben, aber auch systemische Probleme untersuchen und Empfehlungen abgeben.

Die Grand Jury des Bundesstaates Florida wird ein Jahr lang tagen. Daher wurden Medien bisher noch keine Ergebnisse des Verfahrens bekannt gegeben. Die Impfstoffuntersuchung, die voraussichtlich gegen Ende 2023 abgeschlossen wird, steht in keinem direkten Zusammenhang mit dem von den Leitern des Exekutivkomitees der Republikanischen Partei von Brevard verfassten Brief. Die Untersuchung wurde bereits Monate zuvor angekündigt.

Sowohl die US-amerikanische Gesundheitsbehörde CDC als auch die EU-Arzneimittelbehörde EMA überwachen die Covid-19-Impfstoffe und halten diese für sicher. Seltene, aber mögliche Nebenwirkungen wie Herzmuskelentzündungen werden von den zuständigen Behörden zudem klar kommuniziert. Die EMA führte des Weiteren aus, dass die in Covid-19-Impfstoffen verwendete mRNA nicht in den genetischen Code eingreifen könne. Auch das deutsche Paul-Ehrlich-Institut (PEI) erklärte, dass kein erkennbares Risiko der Integration der mRNA in das Genom von Körperzellen bestehe.

Auf der Website des PEI wird erklärt, dass mRNA-Impfstoffe die menschliche DNA nicht verändern können. Screenshot aufgenommen am 2. August 2023

Fazit: Floridas Regierung erklärte mRNA-Impfstoffe gegen Covid-19 nicht offiziell zur Biowaffe. Der Exekutivausschuss der Republikanischen Partei von Brevard, einem der 67 Bezirke des Bundesstaates, nahm diese Einstufung vor und plädierte für ein Verbot von Verkauf und Verteilung von Corona-Impfungen. Parallel dazu forderte der republikanische Gouverneur von Florida eine Untersuchung der Impfstoffe. Diese dauert jedoch noch an.

Dieser Faktencheck wurde ursprünglich im Rahmen des Comprova-Projekts veröffentlicht, einem Medienkonsortium in Brasilien, dem AFP angehört. Er wurde von Journalistinnen und Journalisten von UOL und Grupo Sinos verfasst und vom portugiesischen AFP-Faktencheck-Dienst, Checamos, angepasst.

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Corona, Gesundheit

Autor(en): Katharina ZWINS / AFP Brasilien

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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