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Dieses Video zeigt keinen deutsch-philippinischen Waffendeal zur Unterstützung gegen China

Im August 2023 beschuldigten die Philippinen die chinesische Küstenwache, ihre Boote mit Wasserwerfern angegriffen zu haben. Kurz darauf kursierten Videoausschnitte von Kampfflugzeugen in sozialen Netzwerken mit der falschen Behauptung, dass Deutschland die Philippinen mit militärischen Waffen gegen China versorgen würde. Diese Videoausschnitte sind jedoch aus dem Kontext gerissen. Von sowohl deutscher als auch philippinischer Seite wird offiziell bestätigt, dass es zu keinem derartigen Waffendeal gekommen sei. Zudem erklärten Sicherheitsexperten gegenüber AFP, dass ein solches Szenario unwahrscheinlich sei.

„Philippinisches Militär bewaffnet von deutschen Truppen gegen China“, lautet der Titel (auf Tagolog) eines neunminütigen Videos, das am 16. August 2023 auf Youtube veröffentlicht wurde.

In der Beschreibung heißt es: „Starke Waffen der Bundeswehr werden an die philippinischen Streitkräfte geschickt! Seht euch dieses Video an, um alle Einzelheiten zu dieser Nachricht zu erfahren!“

Der erste Teil des Videos besteht aus einer Reihe von Ausschnitten, die Kampfjets und marschierende Truppen zeigen, während ein Sprecher die falsche Behauptung wiederholt.

Im zweiten Teil geht es um die Bitte Washingtons an Manila, afghanische Staatsbürgerinnen und Staatsbürger, die auf eine Neuansiedlung in den Vereinigten Staaten warten, vorübergehend aufzunehmen.

Das Video wurde über 40.000 Mal angesehen.

Youtube-Screenshot der Behauptung: 31. August 2023

Das Video wurde von einem Facebook-Konto mit über 31.000 Abonnentinnen und Abonnenten veröffentlicht, aber auch von anderen Konten: hier und hier.

Die Philippinen verurteilten die chinesische Küstenwache dafür, am 5. August 2023 im umstrittenen Südchinesischen Meer ihre Schiffe mit Wasserwerfern angegriffen zu haben und bezeichneten das Vorgehen als illegal und gefährlich.

China erklärte daraufhin, es habe „notwendige Regulierungen“ von philippinischen Booten durchgeführt, die „illegal“ in chinesische Gewässer eingedrungen seien.

Peking beansprucht fast das gesamte Südchinesische Meer für sich, durch das jährlich Handelsströme in Höhe von Billionen US-Dollar fließen, und ignoriert das Urteil eines internationalen Gerichts aus dem Jahr 2016, wonach diese Anspruchshaltung keine rechtliche Grundlage hat.

In einer englischsprachigen Erklärung, die am 6. August 2023 auf Facebook geteilt wurde, erklärte die deutsche Botschaft in Manila, sie sei „besorgt“ über den Vorfall (Link hier archiviert).

Europa rüste das philippinische Militär jedoch nicht auf, sagte Alexander Schmidt, Erster Sekretär für Politische Angelegenheiten der Deutschen Botschaft in Manila, gegenüber AFP am 21. August 2023.

„Die Behauptung, dass Deutschland den Philippinen im Streit um die westphilippinische See Flugabwehrmunition und Anti-Schiffs-Raketen überlassen habe oder überlasse, ist falsch“, sagte Schmidt.

Manila bezeichnet die unmittelbar westlich gelegenen Gewässer als Westphilippinisches Meer.

Schmidt fügte hinzu, dass sich Deutschland weiterhin für die Aufrechterhaltung der regelbasierten maritimen Ordnung „mit friedlichen Mitteln“ einsetze.

Auf die Frage, ob die Philippinen kürzlich Waffen aus Deutschland erhalten hätten, sagte Oberstleutnant Enrico Gil Ileto, Leiter der Abteilung für öffentliche Angelegenheiten der philippinischen Streitkräfte, am 18. August 2023 gegenüber AFP: „Nein, das haben wir nicht.“

Videoausschnitte aus einem anderen Kontext

Eine umgekehrte Bildsuche mit Standbildern aus dem Video ergab, dass Ausschnitte verwendet wurden, die nichts mit dem Streit um das Südchinesische Meer zu tun haben.

Die Szene ab Sekunde 00:15, in der ein Kampfjet zu sehen ist, der an einem Soldaten vorbeifliegt, zeigt in Wirklichkeit eine gemeinsame Militärübung von estnischen und deutschen Streitkräften im Baltikum, Baltic Tiger 2022.

Das Video wurde von der Bundeswehr am 18. Oktober 2022 auf X, ehemals Twitter, veröffentlicht (Link hier archiviert).

Screenshotvergleich des verbreiteten Videos (links) und des Videos, das von der Bundeswehr veröffentlicht wurde (rechts)

Der Ausschnitt mit fackeltragenden Soldaten bei Sekunde 00:45 stammt aus einem Video, das die Bundeswehr am 13. Oktober 2021 auf X hochgeladen hatte (Link hier archiviert).

„Zur #Würdigung aller Beteiligten des #Afghanistan Einsatzes wird es heute Abend einen großen Zapfenstreich geben“, heißt es in dem X-Beitrag der Bundeswehr.

Der Große Zapfenstreich ist die wichtigste Form eines Festaktes der deutschen Streitkräfte. AFP hat auch über die Zeremonie berichtet.

Screenshot-Vergleich eines Ausschnitts aus dem verbreiteten Video (links) und dem Video, das von der Bundeswehr geteilt wurde (rechts)

Eine weitere Szene, die bei Minute 1:01 einen Kampfjet beim Verlassen eines Hangars zeigt, wurde ursprünglich auf einer Nato-Website hochgeladen und zeigt einen italienischen F-35A-Kampfjet (Link hier archiviert).

Screenshot-Vergleich des Kampfjets aus dem verbreiteten Beitrag (links) und dem von der Nato veröffentlichten Video (rechts)

In dem Video wurden auch Aufnahmen einer Militärparade anlässlich der Amtseinführung des philippinischen Präsidenten Ferdinand Marcos im Juni 2022 verwendet (Link hier archiviert).

Unwahrscheinliches Szenario 

AFP hat keine glaubwürdigen Berichte oder Offenlegungen der Regierung gefunden, die die Behauptung in den verbreiteten Beiträgen stützen (Link hier archiviert).

Experten gehen davon aus, dass über ein wie in den Beiträgen beschriebenes Szenario auf jeden Fall berichtet worden wäre.

Chester Cabalza ist Chef und Gründer von IDSC, einer in Manila ansässigen gemeinnützigen internationalen Organisation für Entwicklungs- und Sicherheitskooperation. Er sagte am 28. August 2023 gegenüber AFP, dass internationale Waffengeschäfte strengen Transparenzregeln in der Planungs-, Verhandlungs-, Beschaffungs- und Lieferphase folgten.

Ein Szenario, in dem Deutschland die Philippinen heimlich bewaffnet, sei ebenfalls unwahrscheinlich, schrieb Edcel John Ibarra, Assistenzprofessor für Politikwissenschaft an der Universität der Philippinen in einer Mail am 29. August 2023 an AFP.

„Selbst wenn die Offenlegung nicht gesetzlich vorgeschrieben ist, wird sie von den Lieferländern dennoch häufig vorgenommen, weil ein Waffengeschäft an sich oft schon ein nützliches Signal der Abschreckung ist“, so Ibarra.

„Verdeckte Waffenlieferungen an die Philippinen würden den Effekt der Abschreckung zunichte machen und die Gelegenheit verstreichen lassen, Verteidigungsdiplomatie zu betreiben.“

Fazit: Deutschland liefert keine Waffen an die Philippinen zur Unterstützung gegen China. Das wurde sowohl von philippinischer als auch von deutscher Seite offiziell gegenüber AFP bestätigt. Sicherheitsexperten sagten außerdem, dass das Szenario eines verdeckten Waffendeals sehr unwahrscheinlich sei. Die verbreiteten Videoausschnitte zeigen unter anderem eine gemeinsame Militärübung deutscher und estnischer Soldatinnen und Soldaten aus dem Jahr 2022.

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Politik

Autor(en): Jan Cuyco / AFP Deutschland / AFP Philippinen

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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