Warnung vor weißem Transporter in mehreren Bundesländern: Polizei sieht keine Gefahr für Kinder

In Gernsbach und Ottenau (Baden-Württemberg), in Schnellmannshausen (Thüringen) und in Darmstadt (Hessen) soll laut verschiedener Facebook-Beiträge ein weißer Transporter unterwegs sein, aus dem heraus Kinder zum Mitfahren eingeladen werden. Der Transporter und dessen Kennzeichen, wie auch der Fahrer, sind auf dem Foto im Beitrag zu sehen. Suggeriert wird, er könnte beabsichtigen, Kinder zu entführen oder ihnen Gewalt zuzufügen. Das löste in Messenger-Apps aufgeregte Reaktionen aus, darunter auch Gewaltaufrufe gegen den Fahrer. Das hat jetzt Konsequenzen.

Aus diesem weißen Transporter heraus fragte der Fahrer nach dem Weg, worauf sich auf Whatsapp ein wütender Mob formierte und zu Gewalttaten aufrief. Das hat nun Konsequenzen. (Quelle: Facebook; Screenshot und Schwärzungen: CORRECTIV.Faktencheck)

Wir haben die zuständigen Polizeipräsidien aller genannten Orte kontaktiert. Weder in Darmstadt noch in Gernsbach und Ottenau hat man zu dem fraglichen Kennzeichen etwas vorliegen.

David Ausbüttel, Pressesprecher des Polizeipräsidiums Westhessen, erklärte uns jedoch: „Der von Ihnen geschilderte Fall ist uns bekannt.“ Am 24. April 2024 soll es in Neu-Anspach – eine Autostunde von Darmstadt entfernt – zu einem Vorfall gekommen sein, bei dem der Fahrer eines weißen Mercedes Sprinter Passanten nach dem Weg gefragt habe. Ein Foto des Transporters, auf dem auch der Fahrer und das Kennzeichen zu sehen sind, wurde im Netz verbreitet, verbunden mit der Warnung vor Kindesentführungen. Ausbüttel betonte uns gegenüber in einer E-Mail, dass es keine Hinweise auf eine Gefährdung von Kindern gegeben habe. Weder lägen Anzeigen vor, noch wurden nach Kenntnis der Polizei Kinder angesprochen, so Ausbüttel.

Die Polizei von Gotha, in dessen Zuständigkeitsbereich Schnellmannshausen fällt, bestätigte einen Fall in Schnellmannshausen. Hier habe der Fahrer ein Kind nach dem Weg gefragt. Dass er Fahrer für eine Spedition sei, habe er mit Lieferdokumenten belegen können. „Ein Verdacht auf strafbare Handlungen ergab sich nicht“, schreibt Pressesprecherin Josefine du Maire.

Mann laut Polizei unschuldig – Anzeige gegen Verbreiter des Fotos

In einer Pressemitteilung zu dem Vorfall in Neu-Anspach heißt es (unter Punkt 6): „Orientierungslosigkeit im Straßenverkehr führte am Mittwoch dazu, dass ein Mann in einem Mercedes Sprinter über Whatsapp verfolgt und ihm der Tod gewünscht wurde.“ In den Whatsapp-Gruppen in und um Anspach ging es dann hoch her, wie es in der Pressemitteilung weiter heißt: „So waren die Beiträge mit der Überschrift und dem Aufruf ‚Direkt tot hauen‘ versehen.“ Das sei eine Straftat. Telefonisch erklärte uns Ausbüttel, dass Anzeige wegen des Aufrufens zu Straftaten gestellt wurde.

In der Pressemitteilung heißt es weiter: „Bevor Sie Inhalte verbreiten, prüfen Sie die Quellen und deren Inhalte genau. Im vorliegenden Fall wurde einem Unschuldigen der Tod gewünscht und auch persönliche Informationen veröffentlicht, obwohl die Umstände nicht bekannt waren.“

Dass Fahrer von weißen Transportern es auf Kinder abgesehen hätten, ist eine urbane Legende, die seit über zehn Jahren immer wieder aufgewärmt wird.

Redigatur: Max Bernhard, Gabriele Scherndl

Korrektur, 3. Mai 2024: In einer früheren Version des Textes hieß es, dass in Schnellmannshausen kein solcher Vorfall bekannt sei. Das stimmt so nicht. Wir haben die Antwort der zuständigen Polizei ergänzt. Demnach habe der Fahrer dort ein Kind nach dem Weg gefragt, eine Gefahr gab es laut Polizei nicht. Wir haben die Bewertung deshalb von „falsch“ auf „größtenteils falsch“ geändert.

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Autor(en): CORRECTIV

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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