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Eine geringere Apfelernte widerlegt nicht den Klimawandel

Mit einer Meldung über die anstehende Apfelernte versuchen Social-Media-User, den Klimawandel als angebliche «Lüge» zu entlarven. In einem Medienbericht ist von der «Apfelflaute im Alten Land» die Rede, denn den Bienen sei es «nicht warm genug gewesen». Sarkastisch wird die Frage gestellt, wie das zum «heißesten Frühling» und «heißesten Sommer seit Wetteraufzeichnungen» (Wortlaut wie im Original) passe.

Bewertung

Das ist Unsinn. Zwar gab es eine kurze Kältephase im April, die Auswirkungen auf die Apfelernte hat. Verglichen mit den langjährigen Mittelwerten fiel der April 2024 aber erneut deutlich wärmer aus. Auch andere langfristige Vergleiche zeigen, dass sich das Klima erwärmt.

Fakten

Die Beiträge stützen sich auf einen Artikel der Zeitung «Welt» vom 29. Juli 2024. Dieser wiederum fußt auf einer Meldung der Deutschen Presse-Agentur (dpa) vom 26. Juli, in der es um die Erwartungen an die Apfelernte im Alten Land bei Hamburg geht. Die Überschrift «Apfelflaute im Alten Land – „Den Bienen war es nicht warm genug“» ist eine Formulierung der «Welt», stützt sich aber auf den Inhalt der Meldung und ein entsprechendes Zitat eines Experten.

Aus dem Text geht hervor, dass in diesem Jahr eine zwar hochwertige, aber geringere Apfelernte erwartet wird. Dafür werden mehrere Gründe genannt.

Zum einen sei der Winter warm gewesen, sodass Obstbäume wie Apfel, Pflaume, Kirsche und Birne früher als sonst geblüht hätten. Die Angaben gehen zurück auf einen Experten, der für eine Obstbauversuchsanstalt in Niedersachsen tätig ist.

Zudem habe später im Jahr, und zwar im April, eine Kältephase den Bäumen zugesetzt. «Den Bienen war es nicht warm genug, es wurde nicht genug bestäubt», sagte Experte Matthias Görgens von der Obstbauversuchsanstalt der dpa.

Um später Früchte zu tragen, müssen die Apfelbäume bestäubt werden, wenn sie Blüten tragen. Dafür sorgen in der Regel Insekten, etwa Bienen. Sie suchen in den Blüten nach Nektar und tauschen dabei Pollen aus, sodass ein Samen und später ein Apfel entstehen kann. Die Temperaturen zu unterschiedlichen Zeitpunkten im Frühjahr beeinflussen deshalb, wie die Obsternte ausfällt – neben anderen Faktoren.

Wetter ist nicht gleich Klima

Doch so anschaulich ein Bild von fröstelnden Bienen im April auch ist – als Beleg für eine angebliche «Klimawandel-Lüge» taugt es nicht. Zwar werden einzelne Wetterereignisse immer wieder als vermeintlicher Gegenbeweis angeführt. Doch der menschengemachte Klimawandel und die Erwärmung der Atmosphäre durch Treibhausgase sind vor allem in langfristigen Trends erkennbar, etwa in Temperatur-Mittelwerten.

Die erwähnte Kältephase Mitte April 2024 schlägt sich nicht einmal im Temperaturmittel des Deutschen Wetterdienstes (DWD) für diesen Monat nieder. Dieses lag in Deutschland bei 10,0 Grad Celsius und damit 2,6 Grad über der Vergleichsperiode der Jahre 1961 bis 1990. Verglichen mit dem Wert der schon wärmeren Vergleichsperiode von 1991 bis 2020 war der April 2024 laut DWD immer noch 1,0 Grad wärmer. Laut DWD gab es auch in Niedersachsen, wozu das Alte Land zählt, eine deutliche Abweichung nach oben.

«Der Monat fiel erneut viel zu mild aus», schreibt der DWD für ganz Deutschland. Ungewöhnlich war auch, dass es bereits im April den ersten Hitzetag des Jahres mit Temperaturen über 30 Grad Celsius gab: Am 6. April an der Station Ohlsbach in Baden-Württemberg mit einer Temperatur von 30,1 Grad Celsius.

Rekorde bei globalen Mitteltemperaturen

Die auf Facebook gemachten Angaben «heißester Frühling» und «heißester Sommer» beziehen sich vermutlich auf unterschiedliche Meldungen. Der DWD stellte Ende Mai 2024 tatsächlich fest, dass dieses Frühjahr in Deutschland, also die Monate März bis Mai, das wärmste seit Beginn der Wetteraufzeichnungen im Jahr 1881 gewesen sei.

Global betrachtet waren fast alle Monate im Frühjahr und Sommer 2024 bisher jeweils die wärmsten seit Aufzeichnungsbeginn. Der EU-Klimawandeldienst Copernicus meldete für März, April, Mai und Juni Rekord-Monatswerte bei den globalen Mitteltemperaturen. Wärmer als der Juli 2024 war demnach nur der Juli 2023. Copernicus-Vizedirektorin Samantha Burgess sagte Anfang August mit Blick auf die Daten: «Der Gesamtzusammenhang hat sich nicht geändert, unser Klima erwärmt sich weiter.»

Auch Indizes wie der Land-Ozean-Temperaturindex der US-Weltraumbehörde Nasa belegen die Erderwärmung. In der Fachwelt ist unumstritten, dass durch menschliche Aktivität ausgestoßene Treibhausgase wie CO2 der Treiber dieser Entwicklung sind.

(Stand: 8.8.2024)

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Klimawandel

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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