Bewertung
Für die aufgeführten Zahlen gibt es keine belastbaren Belege. Offizielle deutsche Statistiken erfassen Straftaten im Zusammenhang mit Hasspostings, nicht aber Verhaftungen. Auch die angeblichen internationalen Vergleichszahlen lassen sich nicht verifizieren. Organisationen wie Freedom House und Amnesty International veröffentlichen keine entsprechenden Zahlen.
Fakten
Amnesty International erklärte auf dpa-Anfrage schriftlich, dass Zahlen zu angeblichen Festnahmen wegen Online-Kommentaren aus mehreren Gründen nicht seriös vergleichbar seien. Es sei unklar, was genau mit «arrest» gemeint ist. Zudem berichteten nicht alle Staaten transparent über Festnahmen oder deren Gründe. Auch müssten derartige Angaben immer auch in Relation zur Gesamtbevölkerung betrachtet werden.
Eine Festnahme allein sage nichts über den Stand der Meinungsfreiheit in einem Land aus, so die Organisation. Es könne sich sowohl um ein rechtsstaatliches Vorgehen bei Gewaltaufrufen handeln als auch um eine willkürliche Maßnahme gegen Regierungskritik. Amnesty International erstelle grundsätzlich keine Ranglisten über Menschenrechtsverletzungen.
Freedom House verwies auf dpa-Anfrage auf die eigenen «Freedom-of-the-net»-Berichte, in denen die jeweils genannten Länder unter anderem anhand des sogenannten C3-Indikators bewertet werden. Dieser soll einen objektiven Überblick über die Bedingungen für freie Meinungsäußerung und mögliche Verhaftungen im Zusammenhang mit Online-Aktivitäten geben.
Keine Statistik über Festnahmen in Deutschland
Für Deutschland weist das Bundeskriminalamt in ihrem Fact Sheet von 2023 insgesamt 15.488 politisch motivierte Straftaten im/mittels Internet aus. Diese Zahlen beziehen sich allerdings auf Ermittlungsverfahren, nicht auf Verhaftungen. Eine Zahl von 3.500 Festnahmen lässt sich nicht belegen. Auf dpa-Anfrage teilte ein Sprecher des Bundeskriminalamts mit, dass es keine bundesweite Statistik zu Festnahmen wegen Online-Kommentaren führt.
Erfasst werden entsprechende Straftaten in der Polizeilichen Kriminalstatistik und im Meldedienst für Politisch motivierte Kriminalität. Demnach wurden 2023 bundesweit 8.011 Hasspostings registriert. Die meisten Fälle betrafen Volksverhetzung und Propagandadelikte. Ermittelt wurden 5.161 Tatverdächtige im Jahr 2023.
Großbritannien und Belarus
Die Aussage, es habe im Jahr 2023 in Großbritannien 12.183 Verhaftungen wegen Online-Kommentaren gegeben, beruht wahrscheinlich auf einem Artikel der «Times». Die Zeitung verweist darin auf nicht öffentlich zugängliche Daten. Die rechtliche Grundlage, unter der die Verhaftungen in Großbritannien stattgefunden haben sollen, sind zwei Gesetze: der Communications Act 2003 (Section 127), unter dem es unter anderem strafbar ist, grob anstößige, obszöne oder bedrohende Nachrichten zu verschicken, und der Malicious Communications Act 1988, welcher das Versenden von beispielsweise beleidigenden Mitteilungen unter Strafe stellt.
Auch für Belarus lassen sich keine amtlichen Statistiken zu Verhaftungen wegen Online-Kommentaren finden. Freedom House und Amnesty International dokumentieren zwar Fälle, nennen jedoch keine Gesamtzahlen.
(Stand: 10.10.2025)
