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Bei Schusswaffengebrauch durch Polizei wird stets ermittelt

Im Zusammenhang mit der tödlichen Attacke auf einen Polizisten in Mannheim wird im Netz eine irreführende Behauptung über Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) verbreitet. Es wird der Anschein erweckt, sie habe den Befehl für Ermittlungen gegen den Polizisten gegeben, der mit einem Schuss aus seiner Waffe den Angreifer aufgehalten hatte. Das behauptet unter anderen auch der Thüringer Landesvorsitzende der Werteunion, Albert Weiler, auf X.

Bewertung

Falsch. Bei jedem Schusswaffengebrauch durch Polizisten werden automatisch Ermittlungen aufgenommen.

Fakten

«Unfassbar, wie weit die Absurditäten unter Nancy Faeser gehen!», echauffiert sich Weiler in seinem X-Post vom 21. Juni 2024 über die Bundesinnenministerin. Der Landesvorsitzende der Werteunion in Thüringen ist zugleich stellvertretender Vorsitzender der vom früheren Verfassungssschutzpräsidenten Hans-Georg Maaßen geprägten Bundespartei. Eine Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa), welche Belege er für seine Behauptung vorbringen könne, ließ Weiler bis zum Nachmittag des 2. Juli unbeantwortet.

Doch der Werteunion-Politiker und einige andere Internetnutzer lassen einen wichtigen Fakt unerwähnt: Wenn die Polizei im Dienst eine Waffe abfeuert, wird immer von Amts wegen ermittelt.

Was war in Mannheim passiert?

Am 31. Mai hatte ein 25-jähriger Afghane auf dem Mannheimer Marktplatz fünf Männer mit einem Messer verletzt, ein 29-jähriger Polizist starb zwei Tage später an seinen Verletzungen. Ein anderer Beamter schoss den Angreifer nieder.

Das Landeskriminalamt (LKA) und das Polizeipräsidium Mannheim übernahmen zunächst unter der Federführung der Staatsschutzabteilung der Staatsanwaltschaft Karlsruhe die Ermittlungen. Diese Behörden liegen im Hoheitsbereich Baden-Württembergs, nicht des Bundes. Innenminister in dem grün-schwarz regierten Bundesland ist CDU-Politiker Thomas Strobl.

Was wird jetzt ermittelt?

Dem 25-jährigen Angreifer werden Mord, versuchter Mord und gefährliche Körperverletzung vorgeworfen. Sein Fall liegt seit 3. Juni bei der Bundesanwaltschaft in Karlsruhe. Die oberste deutsche Anklagebehörde geht von einer religiösen Motivation der Tat aus. Der Beschuldigte habe zu massiver Gewalt gegriffen, vermutlich, um Kritik am Islam zu unterbinden, heißt es von der Bundesanwalt.

Aber auch der Einsatz der Schusswaffe durch einen Beamten wird untersucht. Der Südwestrundfunk (SWR) zitiert in einem Artikel vom 20. Juni die Staatsanwaltschaft Karlsruhe: Die Behörde ermittle gegen den Polizeibeamten, der geschossen hat. Dies sei in Fällen von Schusswaffengebrauch üblich, so eine Sprecherin.

Zwischen 2019 und 2023 haben in Baden-Württemberg Beamte 44 Mal auf Menschen geschossen, teite das Innenministerium des Landes im Januar dem SWR mit. Demnach sind acht Menschen ums Leben gekommen und 21 verletzt worden.

Der dpa teilte im April 2023 ein Sprecher des LKA Baden-Württemberg mit, seine Behörde führe insbesondere Verfahren nach einem polizeilichen Schusswaffengebrauch, bei dem ein Mensch verletzt oder getötet wurde.

Was ist der juristische Hintergrund?

Der Einsatz von Schusswaffen ist im baden-württembergischen Polizeigesetz geregelt. Demnach dürfen sie gegen einzelne Personen nur gebraucht werden, wenn damit zum Beispiel die Fortsetzung einer rechtswidrigen Gewalttat verhindert werden kann.

Ob diese Voraussetzungen von einem Polizisten oder einer Polizistin eingehalten worden sind, müssen Ermittler in jedem einzelnen Fall untersuchen. Daher werden stets nach einem Schuss aus einer Dienstwaffe Ermittlungen aufgenommen.

Es muss etwa herausgefunden werden, ob im jeweiligen Fall Notwehr oder Nothilfe nach dem Strafgesetzbuch vorliegen. Dort heißt es in Paragraf 32: «Wer eine Tat begeht, die durch Notwehr geboten ist, handelt nicht rechtswidrig.» Notwehr sei die erforderliche Verteidigung, um einen gegenwärtigen rechtswidrigen Angriff von sich oder einem anderen abzuwenden.

(Stand: 2.7.2024)

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Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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