Mehrere Menschen liegen, eingewickelt in weißen Tüchern, in zwei Reihen nebeneinander. Sie sehen wie Leichen aus. Ein kurzer Kameraschwenk nach rechts und plötzlich öffnet ein vermeintlicher Toter die Augen und schaut in die Kamera.
Dieses Video soll zeigen, wie Todesopfer im Gazastreifen inszeniert würden, heißt es in Sozialen Netzwerken. „Täglich grüßt das Murmeltier aus Gaza“, schreibt ein Nutzer auf X zu dem Video. Auf Instagram beschreibt ein Account das Video mit dem Wort „Pallywood“, zusammengesetzt aus „Palästina“ und „Hollywood“ – ein beliebter Begriff für das Narrativ, Bilder palästinensischer Opfer würden systematisch gestellt. Ein englischsprachiger X-Beitrag mit dem Video hat aktuell 4,5 Millionen Aufrufe.
Doch das Video ist weder aktuell noch steht es im Zusammenhang mit dem Krieg im Nahen Osten. Es entstand an einer Volkshochschule in Malaysia.
Aufnahme kursierte schon vor dem Terrorangriff der Hamas auf Tiktok
In dem Video ist Text auf Persisch eingeblendet. Laut einer automatischen Übersetzung steht dort: „Ich weiß nicht, ob das Problem bei israelischen Kugeln oder etwas anderem liegt, aber es scheint, dass sie [die Leichen, Anm. d. Red.] eine nach der anderen lebendig werden“.
Oben rechts ist der Name eines Instagram-Accounts zu sehen. Dort finden wir das Video in einer höheren Auflösung. Eine Bilder-Rückwärtssuche mit Aufnahmen daraus führt zu einem X-Beitrag, der eine erste Spur zum Ursprung des Videos liefert. „Es ist Malaysia“, schreibt die Nutzerin. Sowohl das Outfit, als auch die Szene selbst spreche dafür, dass es einen Janazah-Kurs zeige. Janazah bedeutet auf Arabisch „Beerdigung“. Ein Mann mit einem pinken Shirt trage ein Mikro, er müsse der Lehrer sein, schreibt die X-Nutzerin.
Video in einer Volkshochschule in der malaysischen Stadt Pekan aufgenommen
Die malaysische Webseite Malaysiakini verlinkt in einem Faktencheck außerdem ein Tiktok-Video vom 19. August 2023, vor dem Terrorangriff der Hamas auf Israel. Es zeigt dieselbe Szene, allerdings ohne die persischen Untertitel und unterlegt mit anderer Musik.
Malaysiakini hat mithilfe von Kommentaren unter dem Video den Ort der Aufnahme identifiziert: Das Majid-Institut Kemahiran Mara Tan Sri Yahya Ahmad in der malaysischen Stadt Pekan, laut der Eigenbeschreibung auf seiner Facebook-Seite ist das eine Volkshochschule.
Auf dieser Facebook-Seite gibt es mehrere Aufnahmen von den Räumen der Schule. Eine davon zeigt eindeutig, dass das ursprünglich kursierende Video mit den am Boden liegenden Menschen dort aufgenommen wurde. Die Fliesen an der Wand, die Position eines Fernsehers und eines Ventilators sowie die Fenster sind identisch.
Fazit: Das Video ist kein Beleg für eine angebliche Inszenierung von Todesopfern in Gaza, sondern zeigt einen muslimischen Beerdigungskurs in Malaysia.
Satellitenaufnahmen aus dem Gazastreifen dokumentieren die Zerstörung in der Region; es gibt zahlreiche authentische Aufnahmen und Berichte zu zivilen Opfern in Gaza und Israel. Unter dem Hashtag „Pallywood“ kursieren jedoch immer wieder Bilder und Videos, die aus ihrem ursprünglichen Kontext gerissen wurden.
Alle Faktenchecks zu Falschmeldungen und Gerüchten zum Krieg im Nahen Osten finden Sie hier.
Redigatur: Matthias Bau, Gabriele Scherndl
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck: