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Einflussreiche Podcasts verbreiten gefährliche Falschinformationen zu Gesundheitsthemen

Angebliche Heilmittel gegen Krebs, fragwürdige Anti-Impf-Narrative und falsche Behauptungen, dass neurologische Störungen durch bestimmte Ernährungsweisen „rückgängig gemacht“ werden könnten: Einflussreiche US-amerikanische und europäische Podcaster verbreiten laut Fachleuten immer wieder gefährliche Falschinformationen zu Gesundheitsthemen, die keiner genaueren Prüfung unterzogen wurden.

Das Problem rückte vor allem in den Fokus, als Robert F. Kennedy Jr. im US-Senat wegen seiner Nominierung zum Gesundheitsminister von US-Präsident Donald Trump in die Mangel genommen wurde. Kennedy ist ein Impfskeptiker mit einem langjährigen Ruf als Verbreiter von gesundheitsbezogenen Fehlinformationen.

Falschmeldungen in Podcasts – die laut Fachleuten das Misstrauen in die Schulmedizin schüren – bleiben oft unentdeckt, da Faktencheckerinnen und -checker dafür sehr lange Transkripte durchgehen müssen. Zudem können sich derartige Falschmeldungen schnell verbreiten, indem kurze Ausschnitte aus den Podcasts in sozialen Medien geteilt werden.

Anfang Januar 2025 sagte der Schauspieler und Regisseur Mel Gibson im Podcast „The Joe Rogan Experience“, dass einige seiner Freunde Krebs im Endstadium besiegt hätten, nachdem sie die Antiparasitika Ivermectin und Fenbendazol eingenommen hätten. „The Joe Rogan Experience“ ist der zweitbeliebteste Podcast auf Spotify in den USA.

Die Canadian Cancer Society erklärte, dass es für derartige Behandlungen „keine wissenschaftliche Grundlage“ gebe. Außerdem seien diese Fehlinformationen „gefährlich“, da sie krebskranken Menschen falsche Hoffnungen machten. AFP-Recherchen zeigen, dass der Podcast millionenfach aufgerufen und Beiträge, die sich auf Gibsons Behauptung bezogen, auf Plattformen wie Facebook, X und Instagram verbreitet wurden.

Studie zu Falschbehauptungen in Podcasts

Da es recht einfach ist, einen eigenen Podcast zu machen, gibt es bereits riesige Mengen an Audioinhalt. „Die Beschaffenheit dieses Mediums macht es schwierig, Fehlinformationen zu erkennen und erhöht auch die Wahrscheinlichkeit, dass falsche Behauptungen in Umlauf gebracht werden“, sagte Valerie Wirtschafter, Forschungsstipendiatin an der Brookings Institution in Washington, gegenüber AFP. „Oft sind diese Gespräche wirklich total spontan – was ja auch Teil ihrer authentischen Anziehungskraft ist… und sie dauern länger als ein durchschnittlicher Medienclip und finden häufiger statt.“

Eine Studie, die Valerie Wirtschafter 2023 veröffentlichte, untersuchte über 36.000 Episoden, die von 79 prominenten Podcastern produziert wurden. Sie ergab, dass eine von 20 Episoden – und mehr als 70 Prozent dieser Podcaster – mindestens eine „unbegründete oder falsche Behauptung“ nannte.

Da die Popularität von Podcasts weltweit sprunghaft ansteigt, ist das Phänomen nicht bloß auf die USA beschränkt. Im Dezember 2024 ergab eine Untersuchung der britischen Rundfunkanstalt BBC, dass der prominente britische Moderator Steven Bartlett in seinem bekannten Podcast „Diary of a CEO“ auf Spotify gesundheitsbezogene Fehlinformationen verbreitet. Die Analyse von 15 Episoden zu Gesundheitsthemen ergab, dass jede durchschnittlich 14 „gesundheitsschädliche Behauptungen“ enthielt.

Flight Studio, die Podcast-Produktionsfirma von Bartlett, teilte dem Sender mit, dass ihren Gästen „Meinungsfreiheit“ gewährt werde und sie „sorgfältig vorbereitet“ seien.

Sorgfaltspflicht gegenüber Userinnen und Usern

Richard Holley, ein in London ansässiger Fitnesstrainer, sagte gegenüber AFP, dass ihn eine Folge von „Diary of a CEO“ besonders ansprach: In dieser plädierte ein Gast für eine ketogene Diät zur Behandlung von Krebs.

Holley sagte, er habe nicht das Bedürfnis verspürt, die zweifelhafte Behauptung, die eher beiläufig als Lifestyle-Empfehlung, denn als wissenschaftliche Tatsache geäußert wurde, auf ihren Wahrheitsgehalt zu überprüfen. Er fügte aber im Nachhinein hinzu, dass man „vorsichtig“ sein müsse.

Podcasts, die Millionen von Menschen erreichen, sind ein lukratives Geschäft. Bartlett sagte gegenüber britischen Medien, dass durch seine Show im vergangenen Jahr etwa 20 Millionen Pfund (24 Millionen Euro) eingenommen wurden – hauptsächlich durch Werbung.

Einige führende Podcaster laden regelmäßig Gäste ein, denen vorgeworfen wird, die evidenzbasierte Medizin zu untergraben, ohne sie kritisch zu hinterfragen. Laut Fachleuten haben diese Podcaster finanzielle Anreize geschaffen, um Fehlinformationen weiter zu verbreiten. „Prominente Podcaster haben in Wellness- und Gesundheitsunternehmen investiert und gleichzeitig Fehlinformationen über Gesundheit verbreitet“, sagte Cecile Simmons, Forscherin am Institute for Strategic Dialogue, gegenüber AFP.

Im vergangenen Jahr wurde ein von Rogan unterstütztes Unternehmen für Nahrungsergänzungsmittel wegen irreführender Werbung für eines seiner Produkte verklagt, das regelmäßig in seinem Podcast beworben wurde. Fachleute sagen, dass das Medium, das auch den politischen Diskurs stark beeinflusst hat, seit Langem nur unzureichend auf Richtigkeit überprüft wird.

Im Jahr 2023 wurde in einem seltenen Fall ein Youtube-Video des Podcasters Jordan Peterson entfernt, da es gegen die Richtlinien der Plattform verstieß. Darin interviewte Peterson den jetzigen US-Gesundheitsminister Kennedy, der Fehlinformationen über Impfstoffe verbreitete.

„Angesichts der Reichweite und Beliebtheit von Podcasts müssen wir darüber nachdenken, wie wir die Sorgfaltspflicht gegenüber den Nutzerinnen und Nutzern gewährleisten und gleichzeitig einige der kreativen Freiheiten bewahren können, die das Medium bietet“, so Simmons.

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Gesellschaft, Gesundheit

Autor(en): Rachel BLUNDY / Anuj CHOPRA / Lisa-Marie ROZSA / AFP USA

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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