Europawahl 2024: Tiktok-Nutzer spricht ohne Grundlage von Wahlbetrug in drei Bundesländern

Gleich vier Fälle von Wahlbetrug will ein Tiktok-Nutzer belegen können. Und zwar anhand von Videos. Die sollen zeigen, wie Wahlhelfende Stimmzettel für die AfD schreddern. Angeblich gebe es zwei Fälle in Nordrhein-Westfalen und je einen in Brandenburg und Baden-Württemberg.

Das Tiktok-Video wurde über 200.000 Mal angesehen und mehrfach auch auf X geteilt. Es steht in einer Reihe mit zahlreichen anderen irreführenden oder schlicht haltlosen Vorwürfen von angeblichem Betrug bei der Europawahl.

Nur: Der Mann auf Tiktok zeigt die angeblichen Beleg-Videos nicht. In den Kommentaren behauptet er, sein Versuch, sie auf Tiktok hochzuladen, sei „blockiert“ worden. Auch auf seinen anderen Kanälen, etwa Instagram oder Youtube, finden sich keine Hinweise auf die angeblichen Belege. Auf Anfrage von CORRECTIV.Faktencheck, ob er die Videos zur Verfügung stellen könne, antwortete er nicht.

Screenshot aus einem Tiktok-Video, dort steht: "Wahlbetrug mit Videos".
Auf Tiktok wurde dieses Video hunderttausendfach gesehen. Doch die Belege für den angeblichen Wahlbetrug, von dem er spricht, kann der Tiktok-Nutzer nicht liefern. (Quelle: Tiktok; Screenshot, Schwärzung und Unkenntlichmachung: CORRECTIV-Faktencheck)

Wahlleiter von Potsdam hat Tiktok-Nutzer wegen seines Videos angezeigt

In den jeweiligen Bundesländern sind die angeblichen Fälle von Wahlbetrug, von denen der Mann auf Tiktok spricht, nicht bekannt. Die Videos liegen weder in Brandenburg, Baden-Württemberg oder Nordrhein-Westfalen vor, schreiben die dortigen Landeswahlleitungen auf Anfrage.

In Brandenburg war das Video des Mannes selbst bereits bekannt – und Anlass für eine Anzeige. „Zuständigkeitshalber wurde der Wahlleiter der Landeshauptstadt Potsdam informiert und um Prüfung des Sachverhaltes gebeten. Der Wahlleiter der Stadt Potsdam hat Strafanzeige erstattet“, schreibt Christoph Lehmann aus dem Büro des Landeswahlleiters. Es ist nicht das erste Video, das in Potsdam im Rahmen von Vorwürfen zu angeblichen Wahlbetrug zu einer Anzeige führte, wie wir berichteten.

Bundeswahlleiterin ruft dazu auf, konkrete Beweise für Wahlbetrug den Behörden zu melden 

Auch aus dem Büro von Bundeswahlleiterin Ruth Brand heißt es auf Anfrage von CORRECTIV.Faktencheck: Die Videos, von denen der Tiktok-Nutzer spricht, würden ihr nicht vorliegen. Sie betont auch: Wahlhelfende würden sich gegenseitig kontrollieren und seien der Überparteilichkeit verpflichtet – das ist gesetzlich festgelegt.

Sollte jemand Belege für eine Wahlmanipulation haben, kann die Person beim Bundestag Einspruch gegen die Gültigkeit der Wahl einlegen. Konkrete Belege sollte man den Strafverfolgungsbehörden melden, schrieb die Bundeswahlleiterin nach der Europawahl auf X.

In einem Beitrag vom 11. Juni 2024 zeigt der Tiktok-Nutzer zwar zwei Videos mit Wahl-Bezug – um das Schreddern von Stimmen geht es darin aber nicht. Eines zeigt offenbar ein Gespräch zwischen einem Wähler und einem Wahlhelfer und kursierte auch schon vor der Europawahl. Ein anderes zeigt, wie eine Urne mit einem Messer geöffnet werden kann. Auch das ist kein Beleg für Wahlbetrug, wie wir schon 2021 beschrieben haben.

Die AfD erzielte bei der Europawahl nach vorläufigen Ergebnissen 15,9 Prozent und damit mehr als in einigen jüngsten Prognosen. Laut Wahltrend der Wahlumfragen-Analyseseite dawum.de lagen die Umfragewerte der AfD in verschiedenen Umfragen, die zwischen dem 30. Mai und dem 8. Juni erstellt wurden, im gewichteten Durchschnitt bei 14,7 Prozent.

Alle Faktenchecks zur Europawahl 2024 finden Sie hier.

Redigatur: Viktor Marinov, Sophie Timmermann 

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Wahlen, EU

Autor(en): CORRECTIV

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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