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Kein Hinweis auf «Allahu Akbar»-Ruf in Video aus Magdeburg

Kurz vor Weihnachten sind bei einem Anschlag auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg mehrere Menschen getötet und viele verletzt worden. Seitdem werden immer mehr Details über den mutmaßlichen Attentäter bekannt. Bereits kurz nach der Tat verbreitete sich im Netz ein Video von der Festnahme des Mannes. In den sozialen Netzwerken stellen einige Nutzerinnen und Nutzer dazu die Behauptung auf, dass der Mann dabei «Allahu Akbar» gerufen habe – und legen eine islamistische Motivation nahe. Stimmt das?

Bewertung

Das ist in dem Video nicht zu hören. Auch auf einer anderen Aufnahme der Festnahme lässt sich dieser Ausruf nicht feststellen. Laut den Ermittlungsbehörden gibt es keine Hinweise auf einen islamistischen Hintergrund des Tatverdächtigen.

Fakten

Das Video von der Festnahme an einer Straßenbahnhaltestelle in Magdeburg stammt von einem Augenzeugen und wurde von vielen Medien verwendet. Auch in den sozialen Netzwerken fand es rasch Verbreitung. Links im Bild ist der Tatverdächtige zu sehen, der 50-jährige Taleb A. Ein Polizist mit vorgehaltener Waffe fordert den Mann mehrfach auf, sich hinzulegen, die Hände auf den Rücken zu nehmen und sich nicht zu bewegen. Dann treffen weitere Polizisten ein und nähern sich dem am Boden liegenden Mann.

Im Video sind Geräusche wie Polizeisirenen und weitere Stimmen zu hören. Zum Teil überschneiden sie sich. Es fallen auch Beleidigungen gegen Taleb A., mutmaßlich von Passanten im Hintergrund oder außerhalb des Bildes.

Ausruf auf mehreren Videos nicht zu hören

Eine Version des Videos, in der die Beteiligten nicht unkenntlich gemacht wurden, zeigt die Reaktionen des Tatverdächtigen genauer. Er sagt offenbar mehrfach «okay». Die Äußerungen passen zu seinen Kopfbewegungen. Nach rund 15 Sekunden ist eine etwas andere, um Sekundenbruchteile längere Antwort des Mannes zu hören, nachdem der Polizist «keine Bewegung» ruft.

Was genau der Tatverdächtige sagt, lässt sich aber nur schwer feststellen. Er schüttelt dazu den Kopf. Seine Stimme wird von anderen Rufen und Sirenen übertönt. Der arabische Ausruf «Allahu Akbar», auf Deutsch etwa «Gott ist groß», ist in dem gesamten Video nicht zu hören. Auch eine Bearbeitung des Rauschens und von Störgeräuschen auf der Tonspur liefert keinen solchen Beleg.

In einem Beitrag auf der Plattform X wird ein drei Sekunden langer Ausschnitt aus dem Video gezeigt, der angeblich das «Allahu Akbar» enthält. Aber auch in diesem Video ist kein solcher Ausruf zu hören.

Auch auf einer anderen Aufnahme von der gegenüberliegenden Straßenseite kommt der Ausruf nicht vor. In diesem Video sind die Antworten des Mannes aber ohnehin nicht zu hören, da er sich aus Sicht der Kamera hinter einem gläsernen Zaun und hinter dem fließenden Verkehr befindet.

Behörden: Kein «Allahu Akbar» von Taleb A. bekannt

Die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg, die die Ermittlungen zum Anschlag übernommen hat, teilte auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur mit, dass ihr ein solcher Ausruf des Tatverdächtigen ebenfalls unbekannt sei. Ähnlich hatte sich zuvor die Magdeburger Polizei gegenüber der Deutschen Welle geäußert.

Zum möglichen Motiv des Tatverdächtigen hatten sich die Behörden schon am Tag nach dem Anschlag geäußert. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft Magdeburg geht es möglicherweise um Unzufriedenheit mit dem Umgang von Flüchtlingen aus Saudi-Arabien in Deutschland. Am 2. Januar teilte die Generalstaatsanwaltschaft Naumburg mit, dass ein Gutachten die Schuldfähigkeit von Taleb A. klären solle.

«Allahu Akbar» ist eine im Islam häufig verwendete Formel, die von Islamkritikern und in Medien aber oft mit Extremismus in Verbindung gebracht wird.

Taleb A. wurde in Saudi-Arabien geboren und kam 2006 nach Deutschland. Als Islamist war er nicht bekannt, sondern trat im Netz und in Medien vielmehr als radikaler Islamkritiker auf. Bereits vor der Todesfahrt in Magdeburg stand der 50-Jährige im Visier der Sicherheitsbehörden. Er war aber nicht als Gefährder eingestuft. Am 20. Dezember fuhr er mit einem Auto über den Weihnachtsmarkt in Magdeburg. Dabei tötete er sechs Menschen und verletzte mehr als 230.

(Stand: 3.1.2025)

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Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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