Schon kurz nach dem Beginn von Russlands Krieg gegen die Ukraine tauchte im Netz ein Vergleich zweier Bilder auf. Auf dem oberen Foto steht „Belgrad 1999“, auf dem unteren „Kiev 2022“. Beide Bilder zeigen dieselbe Szene: Eine Großstadt, die an mehreren Stellen brennt, aus einem Hochhaus steigt eine Rauchwolke auf. Der einzige Unterschied: Die Bilder sind spiegelverkehrt.
Der Bildervergleich kursiert seit 2022 international immer wieder in Sozialen Netzwerken. Häufig behaupten oder suggerieren Nutzerinnen und Nutzer, dass Medien das Bild der ukrainischen Hauptstadt Kiew zuordnen und die Berichterstattung manipulieren. „Vertrau den Medien“, heißt es etwa in einem viralen englischsprachigen Twitter-Beitrag, „Mainstream-Medien sind Fake-News-Maschinen“ steht in einem französischen Beitrag. Ein Facebook-Nutzer schreibt: „Die Nazi-Propaganda existiert seit 33 und war nie weg! Heute ARD und ZDF, Verbrecher!“
Das Bild zeigt tatsächlich die Folgen von Nato-Angriffen auf das damalige Jugoslawien im Jahr 1999. Es gibt aber keine Hinweise dafür, dass Medien das alte Bild systematisch als aktuell ausgeben und behaupten, es zeige Kiew. Wir fanden einen einzigen solchen Fall: Eine bosnische Zeitung verwendete das Bild tatsächlich im falschen Kontext.
Foto zeigt Bombardierung der Nato auf Belgrad
Um den Ursprung des Bildes zu finden, haben wir zuerst eine Bilderrückwärtssuche gemacht. Sie führt zu Medienberichten, die das Bild richtig zuordnen: Es zeigt die Folgen der Bombardierung der Nato auf Belgrad 1999, damals die Hauptstadt Jugoslawiens.
Das bestätigt auch ein Eintrag zu dem Foto in der Bilderdatenbank Picture Alliance. Dort lautet die Beschreibung: „Brennende Gebäude in Belgrad am 21. April 1999 während des NATO-Bombardements auf Jugoslawien“. Die Nato griff am 24. März 1999 militärisch in den Kosovo-Krieg ein; bis zum 10. Juni desselben Jahres flogen Piloten tausende Lufteinsätze und bombardierten viele Ziele.
Für Medienberichte, die das Foto fälschlicherweise Kiew zuordnen, finden wir hingegen nur einen Beleg. In einem Twitter-Beitrag mit der Behauptung ist ein Artikel der Dnevni Avaz verlinkt, eine Tageszeitung in Bosnien und Herzegowina. Das Foto ist dort Teil einer Bilderstrecke. Darunter steht auf Bosnisch: „Um und in Kiew finden schwere Kämpfe statt.“ Das Bild ist weiterhin auf der Webseite der Zeitung zu finden.
Eine Google-Suche mit den Stichworten aus dem Bild, „Kiew 2022“, lieferte zudem keine weiteren Ergebnisse für Medienberichte, die das Foto im Kontext des Ukraine-Kriegs nutzten. Auch die Faktencheck-Redaktion von Reuters überprüfte die Behauptung und fand ebenfalls keine anderen Beispiele.
Redigatur: Gabriele Scherndl, Matthias Bau