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Mpox ist keine Nebenwirkung der Covid-Impfung

Zur Viruserkrankung Mpox kursieren zahlreiche Falschinformationen in sozialen Medien. Oft werden dabei irreführende Parallelen zur Covid-19-Pandemie gezogen. Online kursiert nun ein altes Video eines Arztes mit der Behauptung, die Symptome von Mpox seien identisch mit der Herpes-Erkrankung Gürtelrose und eine Nebenwirkung der Covid-Impfungen. Doch wie medizinische Expertinnen und Experten erklärten, ist Mpox eine seit über fünfzig Jahren bekannte Infektionskrankheit, die lange vor der Covid-Pandemie auftrat. Zudem fiel der Arzt aus dem kursierenden Video in der Vergangenheit bereits mehrfach durch Fehlinformationen über Coronaviren auf. 

„Dr. Wolfgang Wodarg: ‚Affenpocken sind Nebenwirkung der Corona-Impfung'“, heißt es in einem Facebook-Beitrag vom 17. August 2024, der einen Link zu einem Video mit demselbem Titel teilt. „Ärzte müssten das typische Krankheitsbild der angeblichen Affenpocken als Herpes Zoster erkennen“, heißt es in dem Post weiter.

In dem rund einminütigen Video, das das Logo „AUF1“ in der rechten oberen Ecke trägt, wird Wodarg als „Lungenfacharzt und Sozialpolitiker“ vorgestellt.

Beiträge ähnlichen Inhalts wurden auf Facebook vielfach verbreitet und kursierten zudem auf Threads, X, Youtube und Telegram. Auch in anderen Sprachen, wie Französisch, Griechisch, Japanisch, Spanisch und Portugiesisch teilten Nutzerinnen und Nutzer den übersetzten Post, teilweise mit dem deutschsprachigen Video von Wodarg.

Facebook-Screenshots der Falschbehauptungen: 30. August 2024

Die Falschbehauptung tauchte ab Mitte August 2024 in sozialen Medien auf – kurz nachdem die Weltgesundheitsorganisation (WHO) am 14. August 2024 eine gesundheitliche Notlage von internationaler Tragweite für Mpox erklärt hatte. Grund dafür war der Anstieg von Erkrankungen mit einem gefährlichen Virustyp in mehreren afrikanischen Staaten im Jahr 2024.  

Mpox existierte bereits Jahrzehnte vor den Corona-Impfungen

Die Viruserkrankung Mpox (vormals „Affenpocken“) wurde laut WHO bereits im Jahr 1958 bei Affenpopulationen entdeckt. 1970 wurde die Krankheit erstmals beim Menschen in Regenwaldregionen Zentral- und Westafrikas nachgewiesen. Sie kann durch engen Kontakt von Mensch zu Mensch und gelegentlich auch von Tieren auf Menschen übertragen werden. In den Jahren 2022 bis 2023 verbreitete sich die Krankheit weltweit. Nach Angaben der WHO klingen die Symptome wie Fieber oder Hautausschlag in der Regel nach ein paar Wochen von selbst ab, Todesfälle sind selten.

Im November 2022 empfahl die WHO, die Viruserkrankung fortan „Mpox“ (Kurzform des englischen „monkeypox“) zu nennen. So sollen rassistische und stigmatisierende Zuschreibungen vermieden werden. Es handelt sich jedoch um dieselbe Erkrankung, über die unter dem Namen „Affenpocken“ berichtet wurde und wird.

Übertragung, Symptome und Krankheitsverlauf von Mpox – Olivia BUGAULT / Maud ZABA / Nadine EHRENBERG / AFP

AFP hat in der Vergangenheit bereits mehrere Falschinformationen über die Krankheit geprüft, etwa über vermeintlich verdächtige Parallelen zwischen den ersten Covid- und Mpox-Patienten, eine angebliche Verbindung zwischen dem Mpox-Ausbruch von 2022 und dem Astrazeneca-Impfstoff gegen Covid-19 sowie zu mRNA-Impfstoffen allgemein.

Altes Video, unseriöse Quelle

Eine umgekehrte Bildersuche mit Standbildern aus der Videosequenz ergab, dass der online kursierende Clip ein Ausschnitt eines 45-minütigen Interviews (hier archiviert) mit Wolfgang Wodarg ist. Das vollständige Interview wurde am 28. Juni 2022 von AUF1, einem österreichischen rechtsextremen Sender, veröffentlicht. AUF1 berichtet laut Selbstbeschreibung über Themen wie den angeblichen „Impfzwang“, „Transhumanismus“, „Genderterror“ und „Klimahysterie“. Der Sender ist bekannt dafür, wiederholt Verschwörungserzählungen und Falschinformationen zu verbreiten.

Wodarg, ein Arzt und früherer Politiker, machte in den letzten Jahren hauptsächlich durch Warnungen vor Covid-Impfungen Schlagzeilen. Zudem verbreitete er wiederholt Covid-bezogene Falschinformationen, wie AFP nachweisen konnte (zum Beispiel hier, hier und hier).

Im Programmtext des 45-minütigen Originalinterviews heißt es, es handele von „brandaktuellen Themen wie den Affenpocken und Impfnebenwirkungen der Covid-Impfungen. Inwiefern das zusammenhängen könnte erklärt Dr. Wodarg im Interview“.

AFP hat das Originalvideo sowie den kürzeren, in sozialen Medien kursierenden Ausschnitt gesichtet. Wodarg sagte darin nicht direkt – wie in einigen Beiträgen in sozialen Medien behauptet – dass Mpox eine Nebenwirkung der Corona-Impfung sei.

Er führt in dem Interview aus, dass die Symptome von Mpox „regional auftretende Bläschen“ seien, die „mit starken Schmerzen verbunden sind (…) Das ist doch das typische Krankheitsbild für Herpes Zoster“. Diese Herpeserkrankung, auch bekannt als Gürtelrose, sei bei einigen Menschen nach einer Covid-Impfung durch deren geschwächtes Immunsystem aufgetreten. „Das heißt, die Nebenwirkungen von Corona werden benutzt, um neue Geschäfte zu erfinden (…) und uns wieder Angst zu machen“, schlussfolgert Wodarg in der kurzen Sequenz.

Zudem argumentiert Wodarg in dem Video, dass Mpox-Tests unspezifisch auf gewisse Virus-Bestandteile ansprechen würden und somit bei Personen mit Gürtelrose falsch-positive Ergebnisse liefern könnten. Er nennt in dem Interview jedoch keine Quellen für seine Behauptungen.

Führende medizinische Expertinnen und Experten widersprachen diesen Aussagen gegenüber AFP.

Mpox und Gürtelrose: Unterschiedliche Virengattungen

Yuen Kwok-Yung, Experte für Infektionskrankheiten und Mikrobiologe an der Li Ka Shing-Fakultät für Medizin der Universität Hongkong, erklärte am 21. August 2024 gegenüber AFP, dass die online kursierenden Behauptungen falsch seien: „Die Covid-19-Impfung verursacht keine Mpox-Erkrankung und prädisponiert auch nicht dafür.“ Yuen führte zudem aus, dass Mpox mit sehr spezifischen PCR-Tests nachgewiesen wird, die „bei ordnungsgemäßer Durchführung keine falsch-positiven Ergebnisse liefern sollten“.

Gänzlich unwahrscheinlich sei eine Verwechslung der Symptome von Gürtelrose und Mpox allerdings nicht: Auf der Website der WHO (hier archiviert) heißt es: „Die Identifizierung von Mpox kann schwierig sein, da andere Infektionen und Krankheiten ähnlich aussehen können, wie z. B. Herpes“.

Doch auch wenn einige Symptome ähnlich aussehen, so werden Mpox und Gürtelrose nicht durch dasselbe Virus verursacht, erklärte Isaac Bogoch, Professor an der Temerty-Fakultät für Medizin der Universität Toronto, im Mai 2022 gegenüber AFP, als er zu ähnlichen Falschbehauptungen befragt wurde.

Während Gürtelrose durch das Varizella-Zoster-Virus verursacht werde – eines von neun bekannten Herpesviren und dasselbe Virus, das Windpocken überträgt – wird Mpox durch ein Orthopoxvirus aus der Familie der Pockenviren (Poxviridae) verursacht.

Varizella-Zoster-Viren und Orthopoxviren gehören zu unterschiedlichen Gattungen, die nicht zu verwechseln sind, erklärte Giliane Trindade, Forscherin am Institut für Mikrobiologie der Universität von Minas Gerais in Brasilien, im Juni 2022 gegenüber AFP. „Wenn man sie unter einem hochauflösenden Mikroskop betrachtet, haben die Viren eine völlig unterschiedliche Form. Es ist unmöglich, sie zu verwechseln. Auch genetisch sind sie sehr unterschiedlich“, sagte Trindade.

Adriana Morales, Fachärztin für Infektiologie und Mitglied der peruanischen Gesellschaft für Infektions- und Tropenkrankheiten, erklärte gegenüber AFP, dass typische Symptome von Mpox „Fieber, papulöse Läsionen im Gesicht, an den Handflächen, Fußsohlen und Genitalien“ sind. „Es können auch Pusteln und Schorf sowie vergrößerte Lymphknoten auftreten“, führte sie aus.

Diese Symptome unterscheiden sich bei genauerer Untersuchung von Gürtelrose-Symptomen des Varizella-Zoster-Virus: Es zeichne sich aus durch „kleinere papelartige Läsionen und Bläschen, die einem Dermatom folgen – das heißt, die Bläschen verteilen sich entlang einer Linie, etwa auf der Brust oder im Gesicht. Charakteristisch sind zudem starke Schmerzen im Bereich der Bläschen“, erklärte Morales.

Somit ließen sich die Symptome von Mpox und Herpesinfektionen von Fachärztinnen und -ärzten bei näherer Untersuchung unterscheiden. Im Zweifelsfall werde ein PCR-Test zu Rate gezogen.

Mpox keine „Impfstoff-Nebenwirkung“ 

Auch die online verbreitete Behauptung, als Mpox fehldiagnostizierte Gürtelrosesymptome seien verbreitete Nebenwirkungen der Corona-Impfungen, lehnten Expertinnen und Experten gegenüber AFP ab.

David Heymann, Professor für Infektionsepidemiologie an der London School of Hygiene and Tropical Medicine in Großbritannien, erklärte bereits im Juni 2022 gegenüber AFP: „Es gibt keinen Grund zur Annahme, dass der gegenwärtige Mpox-Ausbruch mit Covid-Impfungen zusammenhängt.“

Der Infektiologe Román Zucchi ist Facharzt an der Klinik Sagrado Corazón in Buenos Aires. Im Juni 2022 erklärte er gegenüber AFP, dass es „keinerlei wissenschaftlichen Belege“ für die Behauptung gebe, dass Mpox eine Folge von Covid-Impfungen sei. „Das ist weder wahrscheinlich noch möglich“, betonte er. Zucchi führte aus, dass die aktuellen Covid-Impfstoffe nicht in der Lage seien, Viren zu „erzeugen“ – geschweige denn einen Virustyp, der nicht derselben Gattung angehöre.

Die Falschbehauptung, Mpox sei als Nebenwirkung eines Covid-19-Impfstoffes entstanden, hat AFP bereits im Jahr 2022 widerlegt.

Fazit: Eine online kursierende Videosequenz des in der Vergangenheit bereits durch Falschinformationen aufgefallenen Arztes Wolfgang Wodarg ist kein Beleg dafür, dass Mpox eine Nebenwirkung von Covid-Impfungen sei – darüber sind sich internationale Fachleute einig. Auch erzeugen Mpox-PCR-Tests keine falsch-positiven Ergebnisse bei Herpeserkrankungen wie Gürtelrose.

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Corona, Gesundheit

Autor(en): Gundula HAAGE / Carla DIAZ / AFP Peru / AFP Hongkong

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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