Bewertung
Falsch. Neun der zehn Angeklagten sind zu Haftstrafen verurteilt worden. Ein Täter muss ins Gefängnis, in den anderen Fällen sind die Strafen zur Bewährung ausgesetzt oder es wird noch entschieden, ob es zu einem Gefängnisaufenthalt kommt.
Fakten
Im Prozess um eine Gruppenvergewaltigung im Hamburger Stadtpark hat die Jugendkammer des Landgerichts am 28. November 2023 neun junge Männer zu Haftstrafen verurteilt. Ein zehnter Angeklagter wurde freigesprochen.
Ein 19-Jähriger bekam eine Jugendstrafe von zwei Jahren und neun Monaten Haft ohne Bewährung. Die Jugendstrafen von ein bis zwei Jahren für acht Angeklagte wurden zur Bewährung oder der sogenannten Vorbewährung ausgesetzt. Die Vorbewährung betrifft vier Verurteilte. In ihren Fällen wird erst nach sechs Monaten – je nach Verhalten der Verurteilten in dieser Zeit – entschieden, ob die Haftstrafe im Gefängnis verbüßt oder weiter zur Bewährung ausgesetzt wird. Ein elfter Angeklagter war bereits am 5. April 2023 freigesprochen worden.
Das Gericht entsprach im Wesentlichen der Strafforderung der Staatsanwaltschaft. Die insgesamt 20 Verteidiger hatten für alle Angeklagten Freispruch gefordert. Die Vorsitzende Richterin kritisierte bei der Urteilsverkündung das Verhalten der jungen Männer im Prozess: «Keiner der Angeklagten hat ein Wort des Bedauerns über die Lippen gebracht.» Den Verteidigern sagte die Richterin laut «Zeit Online», dass ihre Forderung, alle Angeklagten freizusprechen oder das Verfahren gar einzustellen, abwegig gewesen sei.
Die Verurteilten, die zum Tatzeitpunkt 16 bis 20 Jahre alt waren, vergewaltigten nach Überzeugung des Gerichts im September 2020 eine damals 15-Jährige. Die Jugendliche hatte am Abend eine Party auf der Festwiese des Hamburger Stadtparks besucht. In der Corona-Zeit hatte sich die Grünanlage zu einem beliebten Treffpunkt entwickelt. Die Nebenklägerin sei mit mindestens 1,6 Promille alkoholisiert gewesen, erklärte die Vorsitzende Richterin. Zunächst hätten vier der Angeklagten die Jugendliche in ein Gebüsch geführt und gegen den erkennbaren Willen der 15-Jährigen sexuelle Handlungen an ihr vorgenommen. Einer von ihnen stahl ihr dabei das Handy und das Portemonnaie.
Danach hätten zwei andere Angeklagte den verwirrten Zustand des Mädchens ausgenutzt und es ebenfalls vergewaltigt. Als die 15-Jährige erneut über die Festwiese irrte, lief sie einem weiteren jungen Mann in die Arme, der sie missbrauchte. Schließlich gingen die drei übrigen Angeklagten mit der Jugendlichen in ein Gebüsch. Allerdings sei nicht sicher, dass alle drei sie vergewaltigt hätten. Darum sprach das Gericht einen 23-Jährigen frei. Die Urteile sind noch nicht rechtskräftig.
Der Prozess hatte am 10. Mai 2022 begonnen. Er dauerte 68 Verhandlungstage, das Gericht hörte 96 Zeugen und mehrere Sachverständige. «Das war ein Mammut-Indizienprozess, bei dem lange nicht klar war, was in der Nacht vom 19. zum 20. September 2020 geschehen war», sagte die Vorsitzende Richterin.
(Stand: 29.11.2023)