Nun verbreiten Nutzer der Plattform X Daten aus einem der Bücher des PMI aus dem Jahr 1910. Eine Tabelle mit Monatsmittelwerten in Berlin von 1719 bis 1907 wird mit dem Kommentar geteilt: «Der wärmste Juli Berlins war 1757.» Ein anderer User greift eine Tabelle auf, die die höchsten und niedrigsten Tagestemperaturen im 18. Jahrhundert in Berlin angibt. Daraus geht hervor, dass am 4. Juli 1781 eine Temperatur von 37,8 Grad Celsius gemessen wurde. Der Nutzer merkt an: «Tageshöchsttemperaturen von rund 35 Grad im Juli waren in Berlin nichts Besonderes.»
Bewertung
Die Messungen sind korrekt wiedergegeben, doch sie sind nur eingeschränkt aussagekräftig. Klimaforscher bezeichnen Daten vor 1847 als wissenschaftlich mangelhaft.
Fakten
In Berlin wurden tatsächlich bereits vor über 300 Jahren offizielle Temperaturmessungen durchgeführt (Download, ab Seite 30). Klimaforscher der Freien Universität Berlin bezeichnen die älteren Messungen jedoch als wissenschaftlich mangelhaft: Erstens seien die Messorte mehrfach geändert worden, zweitens gebe es Lücken in der Messreihe, weil die Geräte teils ausfielen, und drittens sei die Eichung der Instrumente nicht konsistent und nur unvollständig dokumentiert.
Daten erst nach 1847 zuverlässig
Die Situation habe sich im Jahre 1847 geändert, als das Königlich Preussische Meteorologische Institut gegründet wurde. Spätere Daten würden daher aus Sicht der Autoren für eine wissenschaftliche Trendbeobachtung taugen. Dem folgt auch der DWD, wie ein Sprecher auf Nachfrage der dpa mitteilte: «Somit gestehen wir den Daten ab diesem Zeitpunkt eine gewisse Aussagefähigkeit zu.» Selbst berechnet der DWD Temperaturzeitreihen ab 1881.
Auf Seite 104 des eingescannten Buches des PMI findet sich eine Tabelle, die für nahezu jeden Kalendertag des Jahres – also vom 1. Januar bis zum 31. Dezember – die jeweils höchste und niedrigste Temperatur aufführt, die im Zeitraum von 1701 bis 1800 an diesem Kalendertag in Berlin gemessen wurde.
In diesem Zeitraum hat das Institut tatsächlich neunmal Temperaturen von 35 Grad Celsius oder höher eingetragen. Der höchste Wert sind jene 37,8 Grad Celsius im Jahr 1781. Wie ein DWD-Sprecher auf Nachfrage mitteilt, könne es sich bei den Werten um Ausschläge gehandelt haben. Aber: «Diese Ereignisse traten nicht in gleicher Frequenz auf, wie in den letzten Jahren.»
Daten sind mit Vorsicht zu genießen
Die geprüften Datenbanken für die Temperatur-Tageshöchstwerte für Berliner Stationen beginnen beim DWD im Jahr 1876. Demnach war es zum Beispiel am 1. August 1994 und am 16. Juli 2007 wärmer als 37,8 Grad Celsius. Der Allzeitrekord wurde nach Angaben des DWD-Sprechers am 7. August 2015 mit 38,9 Grad Celsius gemessen.
Doch all diese Werte sind nur bedingt aussagekräftig. «Um Klimaveränderungen verlässlich statistisch beurteilen zu können, sind nach Vorgabe der Weltmeteorologischen Organisation (WMO) immer mindestens 30 Werte zu betrachten», teilt ein Sprecher des DWD mit.
(Stand: 13.8.2025)