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Youtube-Video erfindet Bericht über Vertrauensfrage «gegen» Friedrich Merz

Kurz vor Ende der parlamentarischen Sommerpause beraten sich die Fraktionsspitzen von Union und SPD in Würzburg über die Schwerpunkte der schwarz-roten Koalition für den Herbst. Nun verbreiten sich in sozialen Medien Links zu einem Youtube-Video, laut dessen Titel sich die «Koalition im freien Fall» befinde. In dem Vorschautitel zu dem Video auf Facebook heißt es außerdem: «Vertrauensfrage gegen Merz gestellt!»

Bewertung

Falsch – sowohl inhaltlich wie formal: Nur der Bundeskanzler selbst kann die Vertrauensfrage im Bundestag stellen. Sie kann nicht «gegen» ihn gestellt werden. Friedrich Merz hat das aktuell nicht getan.

Fakten

Die Vertrauensfrage ist eine im Grundgesetz (Artikel 68) verankerte Möglichkeit des Bundeskanzler zu prüfen, ob die Mehrheit der Abgeordneten im Bundestag ihn noch unterstützt. Sie kann, muss aber nicht mit einer Sachfrage verbunden werden, etwa der Abstimmung über einen Gesetzesentwurf.

Versagt der Bundestag dem Bundeskanzler das Vertrauen, gibt es mehrere Möglichkeiten: Er kann zurücktreten oder mit einer Regierung ohne Mehrheit, als Minderheitsregierung, weitermachen. Der Bundestag könnte auch einen neuen Bundeskanzler wählen. Tut er dies nicht, kann der Kanzler nach einer gescheiterten Vertrauensfrage dem Bundespräsident vorschlagen, den Bundestag aufzulösen, was dann zu Neuwahlen führen würde.

Deutlich wird also: «Gegen Merz» könnte niemand die Vertrauensfrage stellen – er kann sie nur selbst stellen.

Dies hat der CDU-Politiker aktuell nicht getan – andernfalls wäre eine breite Medienberichterstattung zu finden. Schließlich handelt es sich um einen seltenen politischen Vorgang, der die Stabilität der Regierung in Deutschland betrifft. Erst sechs Mal in der Geschichte der Bundesrepublik hat ein Bundeskanzler eine Vertrauensfrage gestellt – zum letzten Mal Olaf Scholz (SPD) am 16. Dezember 2024.

Video zeigt beim Teilen auf Facebook anderen Titel als auf Youtube

Das Vorschaubild des auf Facebook geteilten Youtube-Videos zeigt aktuell einen Screenshot eines Auftritts von Friedrich Merz in der Sendung «3nach9» von Radio Bremen. Zuvor war an dieser Stelle jedoch ein anderes Bild zu sehen, wie eine Archivansicht zeigt: eine Bildmontage eines «Tagesschau»-Berichts, der ebenfalls erfunden ist.

Öffnet man das verlinkte Youtube-Video, so lautet der Titel nicht mehr «Vertrauensfrage gegen Merz gestellt! Koalition im freien Fall», sondern deutlich weniger drastisch: «Wird bald etwa gegen Merz die Vertrauensfrage gestellt?» Auch im Video selbst wird nur noch spekuliert, dass Merz kurz davor sei, die Vertrauensfrage zu stellen. Ein Beleg dafür wird nicht genannt, es findet sich ebenfalls keine seriöse Berichterstattung darüber.

Die Stimme in dem Youtube-Video wirkt KI-generiert, erkennbar an unnatürlichen Betonungen oder Pausen. Das Muster, mit KI-generierten Videos dramatisch klingelnde politische Inhalte zu verbreiten, die allerdings erfundene oder falsche Ereignisse schildern, gibt es bereits seit einiger Zeit. Immer wieder im Fokus stehen dabei erfundene Nachrichten über Bundeskanzler Friedrich Merz, wie ein dpa-Faktencheck zeigt.

(Stand: 29.08.2025)

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Politik

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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