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Originalbilder von Panzer enthielten keine Nazizeichen

Rechtsextreme verwenden immer wieder Zahlenkombinationen, um verschlüsselte Botschaften zu verbreiten. Ein solcher Code soll angeblich auch auf einem Panzer zu sehen sein, der aktuell auf dem Weg in Richtung Ukraine sei. Das Video ist allerdings bearbeitet. Aufnahmen aus dem Frühjahr 2022 zeigen den Panzer noch ohne die Aufschrift. Das bestätigte auch der Fernsehsender SWR, der das Material damals bereits verwendete.

Auf Facebook kursieren Videos und Fotos des vermeintlich beschmierten Panzers. Auch auf Telegram sahen Zehntausende die Aufnahme, die außerdem in zahlreichen anderen Sprachen wie etwa Polnisch, Englisch, Französisch, Spanisch, Tschechisch, Türkisch und Griechisch mit verschiedenen Behauptungen kursierte.

Die Behauptung: Neben einer Straße stehen mehrere Panzer auf einem Gleis aufgereiht. Auf einem der Fahrzeuge prangt angeblich eine rechtsextreme Aufschrift. Manche Postings geben an, dass die Panzer auf dem Weg in die Ukraine seien, andere sprechen von Polen als Ziel. Manche behaupten, es handle sich um deutsche Panzer. „Soldaten (oder ihre ukrainischen Lehrlinge) haben Leopard-2-Panzer mit der Symbolik von 14/88 versehen“, heißt es in einem der Beiträge.

Facebook-Screenshot der Behauptung: 21. März 2023

Rechtsextreme Codes

In Deutschland und Österreich sind einige nationalsozialistische Symbole verboten. Derartige Zeichen werden deshalb oftmals lediglich angedeutet. Eine Möglichkeit dafür sind Zahlencodes, die laut Bundeszentrale für politische Bildung „eine der bedeutendsten Kreationen rechtsextremer Symbolik darstellen“. Solche Chiffren sind auch in den aktuell geteilten Beiträgen zu sehen.

Die Zahl 88 wird von Neonazis als Code verwendet, um auf die Anfangsbuchstaben des Hitlergrußes anzuspielen, zu dem oft die Worte „Heil Hitler“ gesprochen wurden. Der Buchstabe H ist der achte im Alphabet. Die Zahl 14 soll den rechtsextremen Glaubenssatz „14 Words“ verschleiern. Die 14 Wörter, die vom US-Neonazi David Lane geprägt wurden, stehen auf Deutsch für den Spruch „Wir müssen die Existenz unseres Volkes und eine Zukunft für weiße Kinder sichern“.

Die Ukraine wird insbesondere seit Kriegsausbruch immer wieder in Zusammenhang mit Nationalisozialismus gebracht. AFP hat dieses wiederkehrende Desinformationsnarrativ bereits mehrfach überprüft. Zu den verbreiteten Falschinformationen gehörten Berichte, wonach ein mit Nazi-Tattoos übersäter Mann Polizeichef in Kiew sei oder die falsche Behauptung, der ukrainische Präsident habe eine Flagge mit SS-Zeichen in den US-Kongress mitgebracht.

Altes Filmmaterial zeigt keine Nazisymbole

Eine Rückwärtssuche führte AFP zu einem rund einem Jahr alten Bericht des Senders SWR. Darin kommt das Video in einem Beitrag vom 8. März 2022 vor. Beschrieben werden die Fahrzeuge darin als US-Panzer in der Nähe der Coleman Barracks, einer US-Kaserne bei Mannheim.

Die im März 2022 veröffentlichte Szene des SWR weist allerdings einen bedeutenden Unterschied zu den aktuell geteilten Beiträgen auf: Die Nazi-Aufschrift auf dem Panzer fehlt. Ein Vergleich zeigt, dass das aktuell geteilte Video und das Material aus dem SWR-Beitrag bis auf die Aufschrift übereinstimmen. Die Perspektive der aus einem Fahrzeug gefilmten Aufnahme ist dieselbe. Details wie die Blätter und Astgabeln eines Baumes neben dem Panzer gleichen sich genauso wie ein Straßenschild (rote Hervorhebungen), nur die Nazi-Codes sind in den früher veröffentlichtem Video noch nicht zu sehen (gelbe Hervorhebung).

SWR-Beitrag vom März 2022 über Panzer (links), aktuell geteiltes Posting mit Nazi-Aufschrift (rechts), Hervorhebungen durch AFP

Auf der Website des SWR sind die Beiträge aufgrund der gesetzlich vorgeschriebenen Verweildauer entfernt, auf der Facebookseite des Senders ist aber nach wie vor eine Version des Beitrags online.

Der Beitrag beschäftigt sich damit, wie Menschen in der Umgebung verstärkt Transporte von Militärequipment und Panzern auf dem US-Militärareal beobachteten. Ein solcher Anwohner sei auch die Quelle für das vom SWR verwendete Videomaterial: „Das Filmmaterial stammt von einer uns bekannten, vertrauenswürdigen Quelle, einem Anwohner aus dem direkten Umfeld der Coleman Barracks“, schrieb SWR-Sprecherin Stefanie Zenke am 20. März 2023 an AFP.

Sie bestätigte außerdem: „Das Material stammt aus erster Hand von einer vertrauenswürdigen Quelle. Im Original gibt es die Aufschrift ’14/88′ nicht.“

Tatsächlich ist das Video in unmittelbarer Nähe der Coleman Barracks aufgenommen worden, wie die Rechercheplattform „Correctiv“ in einem Faktencheck zum Thema herausfand.

Bereits vor der Veröffentlichung durch den SWR kursierte das Video der Panzer im Internet. Am 5. März 2022 hatte ein User das Video auf TikTok geteilt, am selben Tag wie der SWR verbreitete es ein weiterer User auf Youtube als Teil einer Collage über Panzertransporte. In beiden Videos aus dem März 2022 sind jedoch keine Naziaufschriften zu sehen.

US-Militärtransporte in Deutschland

Als Hintergrund vermutete der SWR-Beitrag damals die Verlegung einer US-Infanterie-Division nach Deutschland, die mit Material aus dem Gelände ausgestattet werden sollte. Das US-Verteidigungsministerium hatte am 24. Februar 2022, dem Tag des russischen Einmarsches in die Ukraine, angekündigt, 7000 Mann nach Deutschland zu schicken, um „Nato-Verbündete zu beruhigen“ und „russische Aggression abzuschrecken“.

Das passt zu Beiträgen über Beobachtungen aus Mannheim. Bereits unmittelbar bei Ausbruch des Kriegs hatten Anwohnerinnen und Anwohner über verstärkte Aktivitäten berichtet. Im Rahmen der Maßnahme wurden Ende Februar 2022 auch Abrams-Panzer vom Coleman-Areal nach Bayern verlegt.

Deutsche Panzerlieferungen in die Ukraine hatte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) erst nach langem Zögern Ende Januar 2023 angekündigt. Er sicherte die Lieferung von Leopard-Panzern zu. Einige der aktuell geteilten Beiträge vermuten einen solchen Frachtzug deutscher Leopard-Panzer.

Bei den Fahrzeugen im Bild handelt es sich aber um einen anderen Panzertyp, wie Panzerexperte Rolf Hilmes am 28. März gegenüber AFP bestätigte. Es gebe „keine Frage“, dass es sich bei den Panzern im geteilten Video um US-Kampfpanzer M1 Abrams handle. Äußerlich ließen sich die beiden Panzer vor allem durch die andere Form des Turms und der Wanne, die den unteren Teil des Fahrzeugs ausmacht, unterscheiden.

Eigenschaften des von Deutschland der Ukraine versprochenen Kampfpanzers Leopard
Eigenschaften des US-Kampfpanzers Abrams

Auch andere Länder hatten militärische Unterstützung zugesichert. Polen hat etwa bereits erste Leopard-Panzer an die Ukraine geliefert.

Das US-Militär reagierte bis zum Zeitpunkt der Veröffentlichung nicht auf eine Anfrage von AFP.

Fazit: Eine nationalsozialistische Aufschrift auf einem Panzer ist nicht echt. Im Originalmaterial vom März 2022 ist der Nazi-Code „14/88“ nicht zu sehen. Der SWR verwendete damals das Material eines Anwohners, um über Aktivitäten auf dem US-Stützpunkt zu berichten.

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Politik, Ukraine

Autor(en): Eva WACKENREUTHER / AFP Österreich

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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