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Dieses Video zeigt eine Auseinandersetzung zwischen französischer Polizei und Feuerwehr im Jahr 2020

Bei Demonstrationen gegen die französische Rentenreform kommt es aktuell immer wieder zu Ausschreitungen und Festnahmen. Online verbreitete sich Ende März 2023 ein Video, das angeblich zeigen soll, wie Feuerwehrleute auf eine Gruppe Polizisten losgehen. Der Clip hat allerdings nichts mit den aktuellen Protesten zu tun. Er stammt aus dem Jahr 2020 und zeigt Ausschreitungen am Rande eine Demonstration der französischen Feuerwehr in Paris. 

Dutzende Nutzerinnen und Nutzer teilten den Clip auf Facebook und Twitter. Zehntausende sahen ihn auf Telegram.

Die Behauptung: Zu sehen ist, wie eine Gruppe von Polizeibeamten mit Schlagstöcken auf Feuerwehrleute zurennt und dann gewaltsam zurückgedrängt wird. User posteten das Video online in Verbindung zu aktuellen Protesten gegen die französische Rentenreform. Dazu heißt es, Macrons „Knüppelpolizisten“ würden immer größeren Problemen gegenüberstehen. „Nun solidarisierten sich Feuerwehrmänner mit den Demonstranten“, schreiben User. Diese würden den Polizisten klar machen, „dass sie nicht ohne Folgen auf das Volk einprügeln können“.

Facebook-Screenshot der Behauptung: 31. März 2023

In Frankreich wurde im März 2023 eine umfangreich diskutierte Rentenreform verabschiedet, die insbesondere vorsieht, das Renteneintrittsalter von 62 auf 64 Jahre anzuheben. Die französische Regierung stützte sich bei der Umsetzung der Reform auf einen viel kritisierten Verfassungsartikel, um diese ohne Abstimmung durch das Parlament bringen zu können. Seitdem entlädt sich die Wut von vielen Demonstrierenden auf der Straße. Beim bereits zehnten Aktionstag gegen die Reform am 28. März 2023 wurden laut französischem Innenministerium 175 Polizeibeamte verletzt und 200 Menschen festgenommen, berichtete AFP.

Video von Feuerwehrleuten ist nicht aktuell 

Das nun geteilte Video einer Auseinandersetzung zwischen Polizei und Feuerwehrleuten ist allerdings nicht aktuell und hat nichts mit den Protesten gegen die französische Rentenreform zu tun.

Eine umgekehrte Videosuche nach Ausschnitten des Clips zeigte, dass die Aufnahme bereits am 28. Januar 2020 auf Twitter veröffentlicht wurde. In der Beschreibung heißt es: „Angriff der CRS (Anm.: Polizeieinheit zur Absicherung von Demonstrationen) gegen Angriff der Feuerwehrleute“.  Das Original ist mehr als zwei Minuten lang, länger als die aktuell geteilte Version.

Das Video wurde zudem am 29. Januar 2020 mehrfach auf YouTube hochgeladen (hier, hier). In der Videobeschreibung heißt es, es handele sich um eine Auseinandersetzung am Rande einer Demonstration der Feuerwehr für bessere Arbeitsbedingungen. Die Feuerwehrleute protestierten damals gegen schlechte Bezahlung. Diese habe während eines Streiks am 28. Januar 2020 in Paris stattgefunden. Als Ortsangabe wird vom Youtube-Kanal „Hors-Zone Press“ ein Platz nahe der Straße Cours de Vincennes im Osten von Paris angegeben.

In der Beschreibung wird zudem Nicolas Mercier als Urheber des Videos angegeben. Am oberen Bildrand ist ein Logo mit der Aufschrift „HZ Press“ zu erkennen. Mercier bestätigte bereits am 30. November 2020 gegenüber AFP, dass der Clip während eines Feuerwehrprotests in Paris am 28. Januar 2020 entstand. Damals kursierte das Video als angeblicher Coronaprotest.

Mercier erklärte: „Die Feuerwehrleute betraten ein Gebäude, um zu dem Platz zu kommen, wo sie dann mit der Polizei zusammenstießen.“

Diese Angaben konnte AFP mit Hilfe einer Geolokalisierung bestätigen. Eine Suche nach Parkanlagen und Grünflächen am Cours de Vincennes führte AFP zum Jardin Debergue. Dieser kleine Parkabschnitt weist mehrere Elemente auf, die mit dem online kursierenden Video übereinstimmen. In dem Clip ist ein von mehreren Bäumen umgebener Weg zu sehen, an dessen Seite die Ecke eines Gitterzauns zu sehen ist. Auf der anderen Seite ist eine Steinfassade zu sehen, die am oberen Ende zwei kleine Fenster aufweist. Am Rand des Weges sind blaue Außenleuchten zu sehen. Diese Elemente finden sich auch in Aufnahmen auf Google Maps wieder.

Bildvergleich des Fotos auf Google-Maps (links) und des Twitter-Videos (rechts): 31. März 2023

Weitere Google Maps-Aufnahmen zeigen auch das untere Ende der Steinfassade. Auch dort finden sich zwei kleine Fenster, die mit dem Twitter-Video übereinstimmen. Auch die blauen Pfähle und der untere Teil der Mauer ohne Steinelemente stimmen überein.

Bildvergleich des Fotos auf Google-Maps (links) und des Twitter-Videos (rechts): 30. März 2023

Auf Google Street View kann man außerdem den Teil des Parks besser erkennen. Aufnahmen aus dem März 2020 passen zur Umgebung des kursierenden Clips, genauso wie ein im Hintergrund erkennbares Haus.

Eine Websuche bestätigt zudem die Vorkommnisse, die online auf den 28. Januar 2020 datiert werden. Mehrere französische Medien berichteten von Zusammenstößen zwischen Feuerwehrleuten und Polizei an diesem Datum in Paris (hier, hier, hier). Der Demonstration in Paris war ein mehrmonatiger Streik der Feuerwehr für bessere Löhne und Renten vorausgegangen, wie auch AFP berichtete.

Berichte über gewaltsame Auseinandersetzungen zwischen Feuerwehr und Polizei während der aktuellen Proteste in Frankreich konnte AFP nicht ausmachen. Vereinzelt zeigen Berichte allerdings Feuerwehrleute, die an Demonstrationen gegen die französische Rentenreform teilnehmen, wie in dieser Liveschalte des Senders BFMTV oder diesem Bericht der Zeitung „20 Minutes“.

Die Abteilung der regionalen Feuerwehr- und Rettungsdienste der französischen Gewerkschaft CGT stellte mehrere Veröffentlichungen gegen die französische Rentenreform online (hier, hier). Die Gewerkschaft hatte zudem auch mehrmals zur Teilnahme an Demonstrationen aufgerufen.

Auf AFP-Anfrage erklärte Eric Brocardi, Sprecher des französischen Feuerwehrverbandes FNSPF, am 31. März 2023, das online kursierende Video sei alt und habe nichts mit den aktuellen Protesten gegen eine Rentenreform zu tun. „Aktuell gibt es keine Fälle von Gewalt zwischen Feuerwehrleuten und Polizeibeamten.“

Menschenrechtsgruppen, Richter und linksgerichtete Politiker hatten der französischen Polizei vorgeworfen, Gewalt und willkürliche Festnahmen bei den Protesten anzuwenden. Auch der Europarat hat einen „exzessiven Einsatz von Gewalt“ durch die französische Polizei während der Proteste gegen die Rentenreform kritisiert, wie AFP berichtete.

Die Menschenrechtskommissarin des Europarats, Dunja Mijatovic, erklärte am 24. März, es habe auch gewaltsame Vorfälle gegeben, die auf Sicherheitskräfte abzielten. „Aber die sporadischen Gewalttaten einiger Demonstrierender oder andere verwerfliche Taten von anderen Personen während eines Protests können den exzessiven Einsatz von Gewalt durch Vertreter des Staats nicht rechtfertigen.“

Fazit: Dieses Video einer Auseinandersetzung zwischen Polizei und Feuerwehr ist nicht aktuell und entstand im Januar 2020 am Rande einer Demonstration von Feuerwehrleuten in Paris. Aktuelle Berichte zeigen auch Feuerwehrleute während der Proteste gegen die französische Rentenreform allerdings keine gewaltsame Auseinandersetzung zwischen ihnen und der Polizei.

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Politik, Gesellschaft

Autor(en): Saladin SALEM / AFP Deutschland

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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