In Frankreich kommt es seit Wochen zu teils gewalttätigen Protesten Hunderttausender gegen eine Rentenreform von Präsident Emmanuel Macron. In sozialen Medien kursieren zahlreiche Videos, die angeblich aktuelle Ausschreitungen zeigen. So auch ein Video, in dem brennende und umgeworfene Autos zu sehen sind. Das Video stammt jedoch aus einem anderen Kontext. Es wurde im Dezember 2022 aufgenommen, als in Paris zahlreiche kurdische Demonstrierende nach rassistischen Morden randalierten.
Das aus dem Kontext gerissene Video teilten Hunderte User auf Facebook und einige auf Twitter. Auf Englisch erreichte die gleiche Behauptung auf Twitter Hunderte und auf Reddit Zehntausende. AFP überprüfte die Behauptung bereits auf Spanisch.
Die Behauptung: User teilen ein Video von Ausschreitungen in Paris und bringen es mit aktuellen Protesten in Verbindung. Konkret heißt es außerdem: „Aktuelles Video von heute aus Frankreich…“
In Frankreich gehen seit Wochen gegen eine Rentenreform in Frankreich auf die Straße. Unter anderem wurde das Renteneintrittsalter von 62 auf 64 Jahre ohne Parlamentsabstimmung im Schnellverfahren angehoben. Auch zwei Misstrauensvoten gegen die Regierung konnten den Beschluss nicht stoppen. Das führte am 23. März 2023 in vielen Städten zu schweren Ausschreitungen Hunderttausender Menschen. Derzeit befasst sich noch der Verfassungsrat mit der Reform, die das Rentenalter bis 2030 schrittweise von 62 auf 64 Jahre anheben will.
Zu den Ausschreitungen kursieren verschiedene aus dem Kontext gerissene Bilder. Etwa ein Video von Feuerwehrkräften, die sich vermeintlich mit Demonstrierenden solidarisieren und deshalb mit der Polizei kämpfen würden. Auch das aktuell geteilte Video ist aus dem Kontext gerissen.
Video von kurdischen Protesten im Jahr 2022
AFP hat mit einer umgekehrten Videosuche den echten Kontext des Videos gefunden. Der Account „Visegrád24“ teilte das Video bereits am 24. Dezember 2022 auf Twitter und schrieb dazu: „Bei den heutigen kurdischen Unruhen in Paris sind 31 französische Polizisten verletzt worden. Nach dem gestrigen Terroranschlag, bei dem 3 Kurden getötet wurden, protestieren kurdische Gruppen gegen die französische Polizei und behaupten, sie würden nicht ausreichend geschützt.“
AFP berichtete damals ebenfalls von den rassistischen Morden in Paris und den darauf folgenden Protesten:
In dem auf Facebook geteilten Video sind zu Beginn ein auf dem Dach liegendes weißes Auto und ein weißer Anhänger zu sehen. Dieses hat ein Fotograf der AFP am 24. Dezember 2022 am Place Pasdeloup in Paris fotografiert. Andere Details wie die Häuserfassade und eine weiße auf dem Boden liegende Stange stimmen ebenfalls überein.
Das auf Facebook verbreitete Video hat also nichts mit den aktuellen Pariser Ausschreitungen gegen die Rentenreform zu tun.
Pariser Flughafen tatsächlich gestürmt
Der Facebook-User behauptete im Text zum Video außerdem, der Pariser Flughafen Charles de Gaulle sei von Demonstrierenden gestürmt worden. AFP berichtete, dass am 24. März 2023 tatsächlich Proteste gegen die Rentenreform kurzzeitig die Gleise am Bahnhof Gare de Lyon und den Zugang zum Flughafen Charles de Gaulle in Paris blockiert hatten.
Auch die Nachrichtenagentur Reuters zeigte Bilder von Demonstrierenden, die den Zugang zum Flughafen blockierten und sich auch im Flughafen selbst aufhielten.
French workers angry with President Emmanuel Macron and his plan to raise the pension age blocked access to a terminal at Paris‘ main airport as part of a nationwide day of protests, forcing some travelers to get there on foot https://t.co/L93Pr62urNpic.twitter.com/PSVBznqjPG
— Reuters (@Reuters)
March 23, 2023
AFP hat beim Sprecher des Flughafens nach der Behauptung gefragt. Am 31. März 2023 sagte Tiphaine Paucot-Landelle: „Am 23. März blockierten fast hundert Demonstranten zwischen 8.20 und 11.30 Uhr die Zufahrt zum Terminal 1.“ Es sei sofort eine Umleitung eingerichtet worden.
Er bestätigte außerdem: „Die Demonstranten betraten kurzzeitig das Terminal 1 auf der Abflugebene.“ Es sei aber zu keinen Schäden und keinen Verzögerungen im Flugverkehr gekommen.
Fazit: Das in sozialen Netzwerken geteilte Video von brennenden Autos bei einem Protest in Paris ist aus dem Kontext gerissen. Es stammt von einem kurdischen Protest im Dezember 2022 und hat keinen Bezug zu den aktuellen Ausschreitungen gegen die Rentenreform in Frankreich.