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Klimaaktivisten können Hände von Klebstoff befreien

In der Sommerferienzeit Flughäfen blockieren: Mit diesem Protest haben Klimaaktivisten der Gruppe Letzte Generation viel Aufmerksamkeit erreicht und Kritik auf sich gezogen. Nach Aktionen an den Flughäfen Hamburg und Düsseldorf kursiert in sozialen Medien die Behauptung, den Demonstranten drohe eine Amputation. Ist das denkbar?

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Nein, den Aktivisten droht nach den Blockaden in Hamburg und Düsseldorf keine Amputation, wie sie auf Nachfrage erklären. Mediziner halten überhaupt ein solches Risiko für äußerst unwahrscheinlich.

Fakten

Mitten in der Ferienzeit hat die Gruppe Letzte Generation die Flughäfen in Hamburg und Düsseldorf über mehrere Stunden lahmgelegt. Die Klimaaktivisten verschafften sich am 13. Juli 2023 Zugang zum Gelände des Hamburger Airports und klebten sich nahe der Start- und Landebahnen fest. Eine ähnliche Aktion gab es am Düsseldorfer Flughafen. Dutzende Flüge fielen aus.

Die Behauptung, dass wegen der verwendeten Klebemischung aus Beton und Epoxidharz eine Amputation der Hände gedroht habe, ist falsch. «Keine der Aktivist:innen musste sich irgendwelche Gliedmaßen amputieren», bestätigt ein Sprecher der Letzten Generation aus Hamburg der Deutschen Presse-Agentur (dpa) am 25. Juli 2023. Auch der Aktivist in Düsseldorf ist nach eigenen Angaben nicht verletzt worden. Seiner Hand gehe es gut.

Dass tatsächlich wegen einer Klebeaktion eine Hand entfernt werden müsse, hält der Handchirurg Martin Lautenbach für «wahnsinnig unwahrscheinlich». Der Chefarzt der Abteilung Handchirurgie, obere Extremität und Fußchirurgie im Krankenhaus Waldfriede im Berliner Ortsteil Zehlendorf teilt der dpa am 1. August mit, dass in seiner Klinik noch keine Klimakleber mit Handverletzungen angekommen seien.

Dennoch sind solche Aktionen nicht ungefährlich. Lautenbach rät davon ab, sich irgendwo festzuleimen, und warnt unter anderem davor, dass selbst Sekundenkleber in der Lage sei, Hautirritationen und schwere Allergien auszulösen. «Lösungsmittel in Klebstoffen sind ungesund bis giftig», sagt der Mediziner. «Giftstoffe können durch die Haut in die Hand eintreten und so ins Blut kommen.» Bei eingerissener Haut oder verletztem Gewebe sei zudem denkbar, dass Bakterien in den Körper gelangen und Infektionen auslösen.

Bei bestimmten Mitteln aus dem beruflich-professionellen Bereich wie etwa Zweikomponentenkleber entstehen zudem hohe Temperaturen. Lautenbach zufolge können dadurch Verbrennungen an den Händen auftreten.

«Wenn man sich mit Kleber auf der Straße fixiert, dann ist das immer mit dem Risiko verbunden, dass die Hand Schaden nimmt», erklärt auch der erste Vorsitzende des Deutschen Berufsverbandes Rettungsdienst, Marco König, am 31. Juli der dpa. «Wenn die Durchblutung über eine längere Zeit verhindert wird, dann kann es zu einer unwiderruflichen Gewebezerstörung kommen.»

«Meistens aber wird nur die Oberhaut beschädigt», sagt König. Selbst der Fingerabdruck sei dann wieder wie vorher. «Im Extremfall hängt ein Brocken Asphalt an der Hand.»

Über die These einer möglichen Amputation berichtet unter anderem das österreichische Medium «Heute» auf der Social-Media-Plattform «Tiktok». In einem «Heute»-Artikel vom 19. Juli 2023 heißt es unter Verweis auf die britische Zeitung «The Telegraph», die verwendete Klebemischung könne «zu einer Amputation der Hand-Extremitäten führen».

Doch in einem am 13. Juli veröffentlichten «Telegraph»-Text über die Aktionen in Hamburg und Düsseldorf sind keine Angaben über eine mögliche Gefahr von Amputationen zu finden. Am 31. Juli 2023 fragt dpa bei «Heute» per Mail wegen der Quelle der Behauptung an. Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Faktenchecks am 2. August lag noch keine inhaltliche Antwort vor.

Die Behauptung einer angeblichen Amputation gab es auch schon nach einer Klebeaktion im Jahr 2022. Auch diese stellte sich als falsch heraus, wie die Faktenchecker von «Correctiv» nachwiesen.

(Stand: 02.08.2023)

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Klimawandel, Gesellschaft, Gesundheit, Umwelt

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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