Collage mit neun angeblichen AfD-Politiker-Zitaten kursiert – die meisten sind echt

Auf Facebook und Twitter verbreitet sich seit Jahren immer wieder eine Collage mit neun Zitaten, auch aktuell kursiert sie erneut. Die teilweise frauenverachtenden und teils rassistischen Äußerungen werden Kommunal- und Bundespolitikern der Alternative für Deutschland (AfD) zugeschrieben. Mehrere Nutzerinnen und Nutzer bezeichnen die Collage in den Kommentarspalten als „Fake“. Auch über Whatsapp erreichte uns die Collage mit der Bitte um Klärung.

Wir haben uns die einzelnen Äußerungen genauer angesehen, einige sind uns schon einmal 2022 in einer Collage begegnet. Sieben der neun Zitate aus der aktuellen Collage stammen tatsächlich von den jeweiligen Politikern, das von Gerhard-Michael Welter war laut seiner Aussage ironisch gemeint. Das angebliche Zitat von Achim Nieder lässt sich nicht mehr überprüfen, der Politiker ist laut einem Nachruf der AfD verstorben. Für das angebliche Zitat von Petr Bystron gibt es keine hinreichenden Belege, er selbst dementiert, sich so geäußert zu haben. Drei der acht noch lebenden AfD-Politiker auf der Collage sind mittlerweile nicht mehr in der AfD.

Screenshot der Collage mit den neun angeblichen Zitaten auf Facebook
In dieser Collage in Sozialen Netzwerken werden neun Zitate jeweils Politikern der AfD zugeschrieben. Größtenteils ist das richtig. Manche der Politiker sind jedoch nicht mehr Mitglied der AfD. (Quelle: Facebook; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)


Andy Schöngarths Zitat wurde auch vor Gericht verhandelt – Anwalt gestand, dass es von Schöngarth sei

„Hoffentlich wird dich mal ein Schwarzer so richtig drannehmen, ohne dass du es möchtest. Dann wirst du vielleicht normal im Hirn“ – dieses Zitat soll laut der Collage von dem AfD-Politiker Andy Schöngarth, einem Stadtverordneten aus Cottbus, stammen. Eine Googlesuche führt zu mehreren Medienberichten von Februar 2021: Eine Frau warf dem Politiker vor, ihr in einem privaten Chat auf Instagram eine Vergewaltigung gewünscht zu haben. Sie habe dem Politiker zuvor geschrieben: „Werd erwachsen, kleiner rassistischer Junge.“

Laut den Medienberichten veröffentlichte die Frau Teile des angeblichen Chats als Screenshot anschließend bei Tiktok. Schöngarth bestritt die Äußerung, sein Instagram-Profil existiert inzwischen nicht mehr. Sowohl die Frau als auch Schöngarth erstatteten Anzeige.

Im Februar 2023 fand der Lausitzer Rundschau zufolge ein Prozess gegen Schöngarth wegen Beleidigung am Amtsgericht Cottbus statt: Schöngarths Anwalt habe im Prozess zugegeben, dass der Politiker die Aussage getätigt habe. Er plädierte aber auf Freispruch. Die Äußerung Schöngarths sei eine „rechtlich zulässige Notwehrhandlung“ gewesen, weil sein Mandant provoziert worden sei, so der Verteidiger. Das Gericht erkannte im Urteil die Provokation an, sah aber keine Notwehr gegeben. Schöngarth wurde wegen Beleidigung zu einer Geldstrafe verurteilt. Er hat anschließend Rechtsmittel gegen das Urteil eingelegt.

Ja, das Zitat von Andreas Wild ist echt und stammt aus 2017 

Andreas Wild war 2016 bis 2021 Mitglied des Berliner Abgeordnetenhauses, davon bis Juli 2017 in der AfD-Fraktion. Die Fraktion schloss ihn Medienberichten aus, weil man Wilds rechte Provokationen nicht länger dulden wolle. Am 21. Februar 2017 schrieb er auf Twitter: „Jede Frau kann machen, was sie will. Im Schnitt muss sie allerdings zwei Kinder bekommen. Das geht ohne Full-Time-Job leichter.“ Damit antwortete er auf die Frage eines Twitter-Nutzers: „Wie sieht denn ihr Frauenbild aus, liebe @AfD_Bund?“ Dass der Tweet von ihm stammt, bestätigte er uns auf Anfrage für einen früheren Faktencheck.

Screenshot des Zitats von Wild auf Twitter
Andreas Wild bestätigte uns gegenüber, dass er diese Äußerung veröffentlicht hat (Quelle: Twitter; Screenshot und Schwärzung: CORRECTIV.Faktencheck)

Wild ist inzwischen nicht mehr in der AfD: Laut Medienberichten meldete die Berliner AfD Anfang 2021 seinen Ausschluss von der Partei, Wild legte Widerspruch ein. Seit April 2023 ist der Ausschluss rechtskräftig.

Äußerung von Dubravko Mandic fiel bei einem Plädoyer vor Gericht

Dubravko Mandic ist Rechtsanwalt und Kommunalpolitiker. Seit 2013 war er laut seinem Profil auf Linkedin für die AfD in Baden-Württemberg tätig. Zwischen 2019 und April 2022 saß der 43-Jährige laut SWR Aktuell für die AfD im Freiburger Gemeinderat. Laut dem Sharepic in Sozialen Netzwerken habe Mandic gesagt: „Eine Vergewaltigung findet nicht unabhängig von sexuellen Reizen statt, und die seien hier gesetzt worden. Der Mensch ist nicht immer Herr seiner Triebe.“

Tatsächlich hat Mandic diese Äußerung in einem Plädoyer getroffen, wie wir im Faktencheck 2022 bereits berichteten. Er verteidigte einen Angeklagten, der der Vergewaltigung einer 15-Jährigen beschuldigt wurde. In einem Artikel der Badischen Zeitung über den damaligen Gerichtsprozess im September 2013 heißt es, die obige Aussage stamme aus dem Plädoyer von Mandic und habe „für Unverständnis beim Gericht“ gesorgt. „Wir teilen die Ausführungen des Verteidigers nicht und können sie grundsätzlich nicht nachvollziehen“, sagte demnach der Richter am Ende des Prozesses.

Auch Mandic ist nicht mehr in der AfD: Laut Medienberichten gab es mehrere Parteiausschlussverfahren gegen ihn, unter anderem, weil er seine eigene Partei öffentlich angegriffen hatte. Im April 2021 trat er aus der AfD aus.

Für die Aussage des AfD-Bundestagsabgeordneten Petr Bystron gibt es keine ausreichenden Belege

Für das Zitat aus der Collage, das dem AfD-Politiker Petr Bystron zugeschrieben wird, konnten wir keine hinreichenden Belege finden. 2015 bis 2017 war Bystron Vorsitzender des bayerischen AfD- Landesverbands, seit 2017 ist er Bundestagsabgeordneter.

Wie eine Google-Suche zeigt, machte die AfD-Politikerin Corinna Miazga das Zitat mehreren Medienberichten zufolge im Dezember 2017 öffentlich, als sie Bystron beim Parteitag der AfD Sexismus vorwarf. Beide kandidierten damals für einen Stellvertreterposten der Parteispitze. Während des Wahlkampfes habe Bystron ihr gegenüber gesagt, es gebe Frauen, die lieber an der Stange tanzen sollten als Politik zu machen.

Auf Anfrage schreibt uns Bystron, dass er die Äußerung nie getätigt habe. Miazga habe damals von ihm eine Unterlassung erhalten und die Behauptung anschließend nicht mehr wiederholt. Er verweist auf eine Plenarsitzung im Bundestag von Februar 2019, in der Miazga sinngemäß gesagt hätte, die „Sache sei längst erledigt“. Wie dem Protokoll der Sitzung zu entnehmen ist, nahmen die SPD-Politikerinnen Daniela De Ridder und Saskia Esken damals Bezug auf das angebliche Zitat, daraufhin folgte der Zwischenruf von Miazga: „Ich brauche Ihre Hilfe nicht dafür! Das kann ich selber regeln! Dankeschön!“

Ob das Zitat stimmt, lässt sich nicht überprüfen. Corinna Miazga ist im Februar 2023 verstorben. Auf unsere Bitte um Einsicht in die Unterlagen zur angeblichen Unterlassung antwortete eine Sprecherin, dass weder Bystron noch sein Büro momentan Zugriff auf die Belege hätten, da der Vorgang fünf Jahre zurückliege.

Heiner Merz stand wegen Äußerung über Frauenquoten 2018 in der Kritik

„Frauenquoten nützen übrigens nur unqualifizierten, dummen, faulen, hässlichen und widerwärtigen Frauen“ – wegen dieser Äußerung in einer E-Mail stand der Politiker Heiner Merz laut Medienberichten 2018 in der Kritik. Merz saß damals für die AfD im baden-württembergischen Landtag. Die AfD-Fraktion wurde per E-Mail von einer Behörde des Umweltministeriums darauf hingewiesen, bei der Besetzung zweier Positionen in Umwelträten die „Quote der weiblichen Führungskräfte im öffentlichen Dienst“ im Blick zu behalten, wie die Welt berichtete.

Darauf antwortete Merz mit dem besagten Zitat, das sich aktuell wieder verbreitet. Die „guten, bemühten und passend qualifizierten“ Frauen fänden ihren Weg alleine, hieß es demnach in seiner damaligen E-Mail weiter. Merz bestätigte der Deutschen Presse-Agentur, dass er die E-Mail geschrieben habe und zum Wortlaut stehe.

Wie die Süddeutsche Zeitung berichtete, distanzierte sich die AfD-Fraktion im Landtag von den Äußerungen, lehnte aber Ordnungsmaßnahmen gegen Merz ab. Die Formulierung sei intern auf Kritik gestoßen, inhaltlich sei die Aussage „mit dem Parteiprogramm auf Linie.“ Das Zitat ist demnach korrekt. Merz erklärte im Juli 2020 seinen Austritt aus der AfD.

Zitat von Gerhard-Michael Welter ist korrekt, doch laut eigener Aussage aus dem Kontext gerissen 

Gerhard-Michael Welter ist aktiver AfD-Kommunalpolitiker und im Kreisrat in Freising und im Stadtrat in Moosburg tätig. Ihm wird in der aktuell geteilten Collage folgendes Zitat zugeschrieben: „Mir soll es ja Recht sein. Ich werde in meinen Rechten nicht eingeschränkt. Frauen brauchen einen Vormund. Bei Ihnen und ein paar anderen ‘Menschen mit Menstruationshintergrund’ kann ich es sogar nachvollziehen.“

Wir haben bei Welter für einen früheren Faktencheck per E-Mail nachgefragt: „Das besagte Zitat stammt tatsächlich von mir, ist aber völlig aus dem Zusammenhang gerissen“, antwortete er. Er habe damals – genau wisse er es nicht mehr, aber er vermute 2015 oder 2016 – mit einer Frau über den Islam und Frauenrechte diskutiert. Da die Diskussion zwecklos gewesen sei, habe er sie mit seiner „ironischen Antwort“ abgeschlossen, die später auf Facebook verbreitet wurde, so Welter. Sein Profil sei inzwischen von Facebook gelöscht worden.

2015 und 2016 war Welter noch CSU-Mitglied und für die Partei im Moosburger Stadtrat tätig. 2019 trat er dann für die AfD als Bürgermeisterkandidat in Moosburg an.

Angebliches Zitat von Achim Nieder stammt von nicht-verifiziertem Facebook-Profil

Achim Nieder soll geäußert haben: „Weltfrauentag! Gute Idee! Man könnte zur Feier des Tages ja mal wieder in den Puff gehen.“ Es stimmt, dass ein Profil mit Achim Nieders Namen und Foto auf Facebook am 8. März 2019 diese Aussage veröffentlichte. Der Beitrag wurde inzwischen gelöscht, er ist aber noch in einer archivierten Version auffindbar. Auch andere Medien, zum Beispiel der Trierische Volksfreund, berichteten über den Facebook-Beitrag.

Das Facebook-Profil von Nieder ist allerdings nicht verifiziert. Ob der Account wirklich seiner war, die Aussage von ihm stammt und ob der Kommentar satirisch gemeint war oder nicht, kann nicht abschließend beurteilt werden. In der Account-Beschreibung steht der Hinweis: „Vorsicht, diese Seite kann Spuren von Satire und schwarzem Humor enthalten!“ Nieder saß bis 2021 für die AfD im Kreistag Wolfenbüttel. Am 24. Dezember 2021 ist er laut einem Nachruf der AfD, der mittlerweile gelöscht wurde, verstorben.

Johannes Normann bestätigte 2021 seine frauenfeindliche Äußerung

Johannes Normann ist der Süddeutschen Zeitung zufolge AfD-Mitglied und kandidierte laut eigener Webseite mehrfach für die Partei, er hat aber soweit bekannt kein politisches Mandat inne. Aktiv sei er für die Partei vor allem in Sozialen Medien, schreibt er auf seiner Webseite. Er soll gesagt haben: „Ein Land, das jeden reinlässt, wird genauso ‚geachtet‘ wie eine Frau, die jeden ranlässt.“

Das verbreitete Zitat ist korrekt, wie Normann im Februar 2021 auf X, ehemals Twitter, bestätigte. Er schrieb damals, dass der Spruch, der „aktuell überall durchs Netz geistert“, von ihm sei und aus dem Jahr 2017 stamme.

Screenshot des Zitats von Normann bei Twitter
Normann schrieb 2021 auf X, ehemals Twitter, dass das Zitate von ihm stamme (Quelle: X; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)


Ja, das Zitat von Björn Höcke fiel 2015 bei einer Kundgebung in Erfurt

Das Zitat „Wir müssen unsere Männlichkeit wieder entdecken. Denn nur wenn wir unsere Männlichkeit wiederentdecken, werden wir mannhaft. Und nur wenn wir mannhaft werden, werden wir wehrhaft, und wir müssen wehrhaft werden, liebe Freunde!“ stammt von Björn Höcke, derzeit Vorsitzender der Fraktion der AfD im Thüringer Landtag. Mehrere Medienberichte geben an, dass Björn Höcke sich am 18. November 2015 bei einer Kundgebung in Erfurt so geäußert hat.

Höcke sagte damals laut dem Sender NTV, das große Problem sei, dass Deutschland und Europa ihre Männlichkeit verloren hätten. Anschließend folgen die Sätze, die in der Collage aufgeführt sind. Dass Höcke sich so geäußert hat, belegt auch ein Video der satirischen ZDF-Sendung Heute-Show mit einem Ausschnitt des Zitats.

Redigatur: Gabriele Scherndl, Uschi Jonas

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Autor(en): CORRECTIV

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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