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Alte Äußerungen zweier Politiker zusammengewürfelt

Die Gefahr terroristischer Anschläge ist nach Angaben von Sicherheitsbehörden seit dem Krieg in Gaza gestiegen. In Australien soll ein Premierminister daher Muslimen, die unter dem islamischen Scharia-Gesetz leben wollen, «kürzlich» gesagt haben, sie sollten Australien verlassen, um mögliche Terroranschläge zu verhindern. Ein Zitat diesen Inhalts verbreitet sich in sozialen Netzwerken.

«Premierminister John Howard schockierte einige australische Muslime mit der Erklärung», heißt es in einem Facebook-Beitrag. Die angebliche Erklärung führt aus: «Unsere offizielle Sprache ist Englisch, nicht Spanisch, Libanesisch, Arabisch, Chinesisch, Japanisch oder eine andere Sprache. Wenn Sie also Teil unserer Gesellschaft sein wollen, lernen Sie die Sprache!» Weiter heißt es dort: «Aber wenn Sie sich nur beschweren, unsere Flagge, unser Engagement, unseren christlichen Glauben oder unsere Lebensweise beschuldigen, dann ermutige ich Sie nachdrücklich, eine weitere große australische Freiheit zu nutzen: DAS RECHT AUF AUSFLUG. Wenn Sie hier nicht zufrieden sind, dann GEHEN SIE.» Aber hier stimmt etwas nicht.

Bewertung

Das angebliche Zitat des erwähnten australischen Regierungschef ist doppelt falsch. John Howard ist seit 2007 nicht mehr australischer Premierminister. Es gibt keinen Beleg, dass er in seiner Amtszeit die zitierte Erklärung so abgab. Teile der Äußerungen stammen aus den Jahren 2001 sowie 2005 oder 2006 aus Beiträgen eines US-Republikaners sowie des australischen Finanzministers.

Fakten

Für den im Facebook-Beitrag erwähnten – ehemaligen – Premierminister John Howard finden sich keine Belege, dass er die zitierte Erklärung jemals so gesagt hat. John Howard war von 1996 bis 2007 australischer Premierminister.

Belegt ist hingegen, dass er im Jahr 2006 sagte, manche Muslime in Australien stünden der australischen Kultur aus seiner Sicht ablehnend gegenüber. Der «Sydney Morning Herald» berichtete damals, was der Premierminister auf Kritik an seinen Äußerungen antwortete: «Ich bleibe dabei, dass es einen kleinen Teil der islamischen Bevölkerung in Australien gibt, der aufgrund seiner Äußerungen über den Dschihad, die auf eine extremistische Einstellung hindeuten, ein Problem darstellt», sagte Howard vor Reportern in Sydney. «Wir wollen, dass die Menschen, wenn sie nach Australien kommen, die australische Lebensweise annehmen.»

Die angebliche Wortlaut, der sich aktuell wieder verbreitet, kursiert seit Jahren und wurde auch der früheren australischen Premierministerin Julia Gillard fälschlich zugeschrieben, wie ein dpa-Faktencheck bereits zeigte. Tatsächlich ist die angebliche Erklärung eine Mischung aus Äußerungen verschiedener Personen: Barry Loudermilk, ein Veteran der US-Luftwaffe und konservativer Politiker, und Peter Costello, ein ehemaliger australischer Finanzminister, machten diese Bemerkungen 2001 und 2006.

Peter Costello sprach 2006 über die Scharia

Der Teil der angeblichen Erklärung, in der es heißt, Muslime, die das Scharia-Gesetz fordern, seien aufgefordert worden, Australien zu verlassen, ist von einer Rede des ehemaligen australischen Finanzministers Peter Costello inspiriert. Laut einem Artikel im «Sydney Morning Herald» hielt Peter Costello diese Rede über die «Bedeutung der australischen Staatsbürgerschaft» am Sydney Institute am 24. Februar 2006: «Jeder, der glaubt, dass das islamische Scharia-Recht mit dem australischen Recht koexistieren kann» sollte in ein Land ziehen, in dem er sich wohler fühlt.

Ähnlich äußerte sich Costello in einem Interview in der TV-Sendung «Lateline» am 23. August 2005, als er sagte: «Unsere Gesetze werden vom australischen Parlament gemacht. Wenn das nicht Ihre Werte sind, wenn Sie ein Land wollen, in dem die Scharia gilt oder ein theokratischer Staat, dann ist Australien nichts für Sie.»

Barry Loudermilk schrieb 2001 über Sprachen

Andere Teile der aktuell kursierenden Erklärung stammen aus dem Jahr 2001. Damals veröffentlichte Barry Loudermilk, ein Veteranen der US-Luftwaffe und konservativer Politiker, einen Leitartikel, der auf der (inzwischen nicht mehr existierenden) Website «Vietnow.com» mit dem Slogan «Veteranen helfen Veteranen» veröffentlicht wurde.

Dort findet sich die Passage zu den Sprachen, allerdings ohne den Hinweis auf «Libanesisch». Der genaue Auszug könnte wie folgt übersetzt werden: «Wir sprechen Englisch und nicht Spanisch, Arabisch, Chinesisch, Japanisch, Russisch oder irgendeine andere Sprache. Wenn Sie also Teil unserer Gesellschaft werden möchten, lernen Sie unsere Sprache!»

Auch Sätze über Religion finden sich hier wieder: «Wenn Gott Sie beleidigt, dann schlage ich vor, dass Sie einen anderen Teil der Welt als Ihr neues Zuhause in Betracht ziehen, denn Gott ist Teil unserer Kultur und wir sind stolz darauf, ihn zu haben», schrieb Loudermilk damals. Er schrieb auch darüber, dass «christliche Männer und Frauen diese Nation auf christlichen Prinzipien gegründet haben; und dies ist in unserer gesamten Geschichte klar dokumentiert».

In Bezug auf den Wahlspruch der USA, «In God We Trust», schrieb er: «Wenn es angemessen ist, dass unser Motto in den Hallen unserer höchsten Regierungsebene angebracht wird, dann ist es sicherlich angemessen, es an den Wänden unserer Schulen anzubringen.»

«Amerikanische Freiheit» wird zu «australischer Freiheit»

Folgender Satz, der im aktuell kursierenden Beitrag leicht verändert und mit der Beschreibung «australische Freiheit» aufgeführt wird, findet sich ebenfalls bei Loudermilk: «Aber sobald Sie damit aufgehört haben, sich über unsere Flagge, unser Versprechen, unser nationales Motto oder unsere Lebensweise zu beschweren, zu jammern und zu meckern, ermutige ich Sie wärmstens, eine weitere große amerikanische Freiheit zu nutzen: das Recht, das Land zu verlassen!»

Der amtierende australische Premierminister heißt seit 2022 Anthony Albanese. Von ihm ist ebenfalls keine aktuelle öffentliche Äußerung zu finden, nach der Muslime, die unter dem islamischen Scharia-Gesetz leben wollen, Australien verlassen sollen, um mögliche Terroranschläge zu verhindern.

(Stand: 13.12.2023)

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Migration, Politik

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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