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Aufnahme des südkoreanischen Präsidenten nutzt gefälschten Ton

In mehreren sozialen Medien in Südkorea wurde ein Video geteilt, in dem fälschlicherweise behauptet wird, es zeige Präsident Yoon Suk Yeol, wie er eine Untersuchung der angeblich „manipulierten“ Parlamentswahlen vom Jahr 2020 ankündigt. Das Video ist in Wirklichkeit ein Werbespot für einen Film über die unbewiesenen Betrugsvorwürfe und verfälscht echtes Filmmaterial, in dem der Präsident über ein Treffen mit ausländischen Staatsoberhäuptern sprach. KI-Experten erklärten gegenüber AFP, Yoons Stimme sei offenbar durch ein Audio-Deepfake ersetzt worden.

„Yoon Suk Yeol – wir werden den Wahlbetrug untersuchen“, lautet die erste Zeile eines langen Facebook-Beitrags, der hier am 26. November 2023 geteilt wurde.

Der Post ist mit einem Youtube-Video verlinkt mit einer Miniaturvorschau, die eine Nahaufnahme von Yoon mit Gesichtsmaske zeigt. Außerdem zu sehen ist ein eingeblendeter Text in koreanischer Sprache, in dem es heißt: „[Yoon] sagt, er wird den Wahlbetrug untersuchen“ und „Wir werden den Wahlbetrug untersuchen.“ Ähnliche Beiträge, die auf dasselbe Video verlinken, gibt es auf Facebook hier, hier und hier.

Die damals regierende Demokratische Partei des Landes hatte bei der Wahl 2020 einen überwältigenden Sieg errungen und die absolute Mehrheit in der 300 Mitglieder zählenden Nationalversammlung errungen.

Zwei Jahre später schlug Yoon bei den Präsidentschaftswahlen des Landes den Kandidaten der Demokratischen Partei, Lee Jae Myung, mit einem hauchdünnen Vorsprung.

 

Facebook-Screenshot der Behauptung: 12. Januar 2024

 

Bis zum 15. Januar 2024 konnte die AFP jedoch keine offiziellen Berichte darüber finden, dass Yoon eine Untersuchung der Wahlen angeordnet hat.

Das Video ist in Wirklichkeit eine Werbung für einen Film über unbewiesene Betrugsvorwürfe im Zusammenhang mit den Parlamentswahlen 2020 und wurde aus echten Aufnahmen des Präsidenten, der im November 2022 zu Reportern sprach, erstellt.

Werbespot

Das Youtube-Video, das mehr als 10.000 Mal aufgerufen wurde, wurde am 23. November 2023 veröffentlicht und scheint zu zeigen, wie Yoon seinen Beschluss erklärt, eine Untersuchung über angebliche Unregelmäßigkeiten bei den Wahlen 2020 einzuleiten.

In dem Video scheint Yoon davon überzeugt zu sein, dass die Wahlen gefälscht wurden, nachdem er den Film „Wae, das Kartell“ gesehen hatte, der vom ehemaligen Abgeordneten der People Power Party, Min Kyung Wook, mitproduziert wurde.

Yoon ist zu sehen, wie er einige der angeblichen Unregelmäßigkeiten wiedergibt, die in Mins Film zu sehen sind. Dann kommt er zu dem Schluss: „Man kann nicht sagen, dass die Parlamentswahlen vom 15. April kein Betrug waren.“ Danach folgt ein Bild mit der Aufschrift „Es war alles ein Traum…“, gefolgt von einem Plakat für den Film.

Die offizielle Website des Films verlinkt auf den Youtube-Kanal, der das Video veröffentlicht hat, und beschreibt, dass der Kanal dazu beiträgt, das Bewusstsein „sowohl online als auch offline“ zu schärfen.

Die nationale Wahlkommission Südkoreas veröffentlichte im Dezember 2021 eine Infografik, die speziell auf die im Video angesprochenen Punkte eingeht (hier archiviert).

Die Kommission fügte hinzu, dass keine der „Unregelmäßigkeiten“ ein Beweis für Wahlbetrug sei und es sich lediglich um Druckfehler handele, die durch mechanisches Versagen oder durch Wahlhelfer verursacht wurden.

Die gleichen Anschuldigungen wurden auch vom Obersten Gerichtshof Südkoreas im Juli 2022 zurückgewiesen, nachdem Min versucht hatte, die Ergebnisse der Wahl zu kippen (hier archiviert). Das Gericht schrieb, dass solche Ungereimtheiten auf den Stimmzetteln „nicht beweisen, dass die Stimmzettel für die vorzeitige Stimmabgabe massenhaft gefälscht wurden“ (hier archiviert).

Verändertes Video

Eine Stichwortsuche auf Yoons offiziellem Youtube-Kanal ergab, dass das in dem veränderten Video verwendete Filmmaterial aus einer Pressekonferenz stammt, die am 18. November 2022 am Eingang des Präsidialamtes abgehalten wurde (hier archiviert).

Das Video mit dem Titel „61st doorstepping“ zeigt Yoon mit einer Maske und einer gelben Krawatte, die seinem Aussehen in dem veränderten Video entsprechen.

Das ursprüngliche Video zeigt Yoon, wie er über seine Teilnahme am ASEAN-Gipfel in Singapur erzählt, im Zuge dessen es zu einem Zusammentreffen zwischen Südkorea, den Vereinigten Staaten und Japan kam. Er spricht außerdem über Besuche ausländischer Staatsoberhäupter aus Saudi-Arabien, den Niederlanden und Spanien in Südkorea.

Screenshot-Vergleich des veränderten Videos (links) und des Originals (rechts)

Diese Pressekonferenz war auch deshalb bemerkenswert, weil es das 61. und letzte Mal war, dass Yoon einer der von den lokalen Medien und seinem Büro sogenannten „Doorstepping“-Pressekonferenzen abhielt, mit denen er kurz nach seinem Amtsantritt im Mai 2022 die Transparenz der Regierung erhöhen wollte (hier archiviert).

Die Veranstaltung wurde auch von den Sendern KBS und MBC aufgezeichnet, und auch auf deren Aufnahmen ist zu sehen, dass Yoon die Wahlen nicht erwähnte.

Deepfake-Audio

Jung Souhwan, Experte für KI-generiertes Audio am College of Information Technology der Universität Soongsil, sagte AFP, er habe in dem Video von Facebook Audiomanipulation entdeckt.

„Es scheint, dass ein Teil des Tons computergeneriert und möglicherweise mit einer echten Stimme von jemandem vermischt wurde, der eine Nachahmung [von Yoon] machte“, sagte Jung am 10. Januar 2024.

„Die Urheber des Videos scheinen auch Aufnahmen von [Yoon] ausgewählt zu haben, in denen er eine Maske trägt, um die Tatsache zu verbergen, dass der Ton nicht mit den Lippenbewegungen des Videos übereinstimmt.“

Kwon Taekyoung von der Yonsei-Universität in Seoul stellte bei Tests mit Deepfake-Erkennungsmodellen ebenfalls fest, dass es sich bei den Aufnahmen um Fälschungen handelt. „Unsere Modelle haben sowohl gefälschte als auch echte Merkmale in den Aufnahmen gefunden, was uns zu dem Schluss führt, dass das Video echt ist, aber der dazugehörige Ton eine Fälschung ist“, sagte er am 9. Januar 2024.

AFP hat bereits mehrere falsche Behauptungen über Betrugsvorwürfe zu den südkoreanischen Parlamentswahlen 2020 entlarvt, unter anderem hier, hier und hier.

Fazit: Der südkoreanische Präsident hat keine Untersuchung der Parlamentswahlen vom Jahr 2020 eingeleitet, wie es ein online kursierendes Video fälschlicherweise behauptet. Das Video ist zwar echt, doch der Ton wurde mithilfe von künstlicher Intelligenz ausgetauscht – Yoon sprach in dem Original über internationale Angelegenheiten, nicht die Wahl.

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Politik

Autor(en): SHIM Kyu-Seok / AFP Österreich / AFP Südkorea

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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