Video zeigt keine AfD-Demo, sondern einen Bauernprotest und eine Kundgebung am Tag der Deutschen Einheit

Zu hören ist eine Menge, die „Wir haben die Schnauze voll“ schreit, zu sehen ist erst ein großer Protestzug in Berlin, dann ein AfD-Abgeordneter auf einer Leinwand. Zu diesem Tiktok-Video wird behauptet, es zeige eine „AfD-Demo“.

Es wurde am 17. Januar veröffentlicht und erreichte mehr als  140.000 Menschen. Veröffentlicht hat es ein Account namens afd.demo.community, der für Mitgliedschaften in der AfD wirbt.

Screenshot eines Tiktok-Beitrags des Accounts "afd.demo.community".
Der Account, der das Video im falschen Kontext teilte, wirbt für Mitgliedschaften bei der AfD (Quelle: Tiktok; Screenshot: CORRECTIV.Faktencheck)

Erste Szene zeigt keine AfD-Demonstration, sondern einen Bauernprotest

Im ersten Teil des Videos sind das Brandenburger Tor und die Straße des 17. Juni zu sehen. Es ist gespiegelt, wie ein Vergleich mit Google Maps zeigt. Eine Bilder-Rückwärtssuche findet einen Artikel der Bauernzeitung, in dem über die Bauerndemo in Berlin am 15. Januar 2024 berichtet wird. Darin ist ein Foto eingebettet, das genau dieselbe Situation zeigt. Das wird etwa anhand einzelner Demonstrations-Teilnehmenden und der Kräne vor und hinter dem Brandenburger Tor klar. Zur besseren Vergleichbarkeit haben wir das gespiegelte Video wieder entspiegelt.

Zwei Bilder zeigen eine Menschenmenge am Brandenburger Tor. Markiert sind Übereinstimmungen auf den Bildern.
Der Vergleich von einem Ausschnitt aus dem Tiktok-Video (unten, entspiegelt) und einem Foto der Bauernzeitung (oben) belegt, dass ein Bauernprotest am 15. Januar zu sehen ist (Quellen: Tiktok, Bauernzeitung; Screenshot,Collage und Markierungen: CORRECTIV.Faktencheck)

Zu der Demo riefen Vertreter aus Landwirtschaft und Transportgewerbe auf, vereinzelt waren laut Medienberichten AfD-Vertreter anwesend. Rechte Parteien und Akteure versuchten, die Bauernproteste für ihre Ziele zu instrumentalisieren, wie wir hier berichteten.

Der Ton, der im ersten Videoteil zu hören ist, ist keine Originalaufnahme von dem Bauernprotest, sondern ein Lied von Fußballfans. Es ist eine Tiktok-Audiospur, die seit Monaten für verschiedene Videos verwendet wird. Lesen Sie hier mehr darüber, wie Sounds auf Tiktok und Instagram Wegbereiter für Desinformation werden können.

Zweiter Teil des Videos zeigt eine Demonstration am Tag der Deutschen Einheit

Im zweiten Video-Teil ist Ulrich Siegmund, Landtagsabgeordneter der AfD in Sachsen-Anhalt, auf einer Videoleinwand zu sehen. Er spricht im Lustgarten vor dem Berliner Dom auf einer Bühne und schreit: „Wir holen uns unser Land zurück, liebe Freunde!“ Auch dieses Video wurde gespiegelt.

Eine Google-Suche führt zu einem Tiktok-Video vom 3. Oktober 2023, also dem Tag der Deutschen Einheit, in dem dieselbe Situation zu sehen ist.

Zwei Bilder zeigen die selbe Situation: Ulrich Siegmund von der AfD bei einer Rede. Links steht, es sei am 3. Oktober entstanden, rechts heißt es: "AfD-Demo in Berlin".
Links das Tiktok-Video, das schon im Oktober veröffentlicht wurde, rechts jene Aufnahme, die nun mit der Behauptung geteilt wird, sie zeige eine AfD-Demonstration (Quellen: Tiktok; Screenshot und Collage: CORRECTIV.Faktencheck)

Am 3. Oktober fand laut B.Z. eine Demonstration unter dem Titel „Transparenter politischer Dialog“ statt, die am Lustgarten startete und endete. Sie sei nicht von der AfD, sondern von einer Privatperson angemeldet worden. RBB berichtete, dass der Veranstalter darum gebeten hatte, keine politischen Flaggen zu zeigen. Dennoch seien Reichs- und AfD-Flaggen zu sehen gewesen. Neben Siegmund stand laut Taz auch Lars Hünich, AfD-Abgeordneter im Landtag Brandenburg, auf der Bühne.

Das Video, das nun aktuell als angebliche Aufnahme einer AfD-Demonstration verbreitet wird, zeigt also zwei verschiedene Proteste. Keine davon ist eine Veranstaltung der AfD, auch wenn diese dort präsent war. Der Tiktok-Account, der das Video verbreitete, reagierte nicht auf eine Anfrage von CORRECTIV.Faktencheck.

Redigatur: Steffen Kutzner, Paulina Thom

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Autor(en): CORRECTIV

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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