Kurz nach der Flutkatastrophe im Ahrtal machte die Falschbehauptung die Runde, im Zuge der Flut seien hunderte minderjährige Todesopfer im Kreis Ahrweiler gefunden worden. Nun wird dieses Fass wieder aufgemacht: In einem Video heißt es, der ehemalige Regierungsbunker im Ahrtal sei in der Vergangenheit verkauft worden – und auf «Rechnern» der neuen Eigentümer sei Pornografie gefunden worden. Man gehe «auch von Pädophilie aus». Allein: Der Bunker wurde nie verkauft. Das Verschwörungsnarrativ rund um angeblichen Kindesmissbrauch, bei dem unterirdische Einrichtungen eine Rolle spielt, gibt es schon lange.
Bewertung
Der Bunker ist nie an private Eigentümer verkauft worden. Seit 2005 gehört das Bunkersystem der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben und auch zuvor war es Eigentum des Bundes. Seit 2008 befindet sich dort außerdem eine Dokumentationsstätte.
Fakten
Das ehemalige Bunkersystem gehört der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben(BImA): Sowohl die «Dokumentationsstätte Regierungsbunker» als auch die BImA haben das auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa) bestätigt. Es ist also falsch zu behaupten, der Bunker sei verkauft worden – und darauf zu schließen, dass dort Gegenstände privater Eigentümer gefunden worden seien.
Der Regierungsbunker bei Ahrweiler wurde in den 1960er Jahren gebaut und 1971 fertiggestellt. Er baute auf einen nie vollendeten Eisenbahntunnel auf. Nötig war der Bau nach dem Nato-Beitritt der Bundesrepublik geworden: Damit verpflichtete sie sich, einen «Ausweichsitz» für die deutschen Verfassungsorgane zu errichten.
In den 1990ern beschloss die Bundesregierung, das gut 17 Kilometer lange Bunkersystem aufzugeben. Zwischen 2001 und 2006 wurde der Bunker zurückgebaut und entkernt. Laut der BImA war das System immer im Eigentum des Bundes und ging mit Gründung der BImA im Jahr 2005 in deren Eigentum über. Seit 2008 befindet sich dort eine Dokumentationsstätte mit Museum. Nur etwa 203 Meter des ursprünglichen Systems sind noch im originalen Zustand erhalten.
«Alle Gänge sind noch vorhanden, jedoch ohne Mobiliar, ohne die Böden, ohne Technik, quasi auf den Urzustand des Eisenbahntunnels zurückversetzt», erklärte die Leiterin der Dokumentationsstätte, Heike Hollunder, der dpa auf Anfrage. Sämtliche verbliebene Verbindungen des Bunkersystems zur Außenwelt mündeten auf Grundstücken im Eigentum der BImA, so ein Sprecher der Bundesanstalt. Sie seien solide gegen unbefugten Zutritt gesichert. «Die Kontrolle über den Zugang zum Stollensystem liegt ausschließlich in den Händen der BImA bzw. für deren Bereich in den Händen der Dokumentationsstätte.»
Die Dokumentationsstätte bietet seit Beginn ihrer Arbeit auf dem noch erhaltenen Gelände regelmäßig Führungen für einzelne, Gruppen und Schulklassen an. In den kommenden Jahren will die Stelle die Führungen auf weitere Tunnelabschnitte ausweiten.
Falschbehauptungen und Verschwörungsmythen über Kindesmissbrauch, bei denen auch angebliche unterirdische Einrichtungen oder eine im Geheimen arbeitende Macht-Elite eine Rolle spielen, kursieren regelmäßig im Netz.
(Stand: 25.1.2023)