Wegen einer neuen Vorgabe der Europäischen Union müssen von Januar 2025 an Textilien gesondert eingesammelt und möglichst wiederverwertet werden. In Zuge dieser Änderung verbreitet sich die Behauptung, die EU wolle Baumwolle an sich verbieten. «Die EU plant ein Verbot von Baumwolle ab 2030 aufgrund von Bedenken hinsichtlich der Recyclingfähigkeit und der Umweltbelastung beim Anbau», heißt es in einem Facebookpost.
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Die EU plant kein Verbot von Baumwolle. Jeans, T-Shirts und Unterwäsche aus der Faser dürfen in Europa auch über 2030 hinaus angeboten und gekauft werden.
Fakten
«Es gibt derzeit keine EU-Gesetzgebung, die Baumwolle verbietet. Und es gibt auch keine Pläne, Baumwolle in der Zukunft zu verbieten», sagte eine Sprecherin der EU-Kommission auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur (dpa). Nach einer Änderung der Abfallrichtlinie ist seit kurzem lediglich vorgeschrieben, dass Textilien gesondert eingesammelt und möglichst wiederverwertet werden sollten.
Mithilfe der Änderung der Richtlinie hat die EU Herstellern mehr Verantwortung für das Management von Textilabfällen übertragen. Die Kommissionssprecherin betonte, dass dabei keine spezifischen Ziele für Textilien vorgesehen seien.
Die Vertretung der EU-Kommission in Österreich hat in einem eigenen Statement die Falschbehauptung ebenfalls zurückgewiesen und betont zweifach: «Die EU führt kein Baumwollverbot ein.»
Der im März 2020 veröffentlichte «Aktionsplan für die Kreislaufwirtschaft» sieht solche Ziele ebensowenig vor. In der sogenannten «Ökodesign»-Verordnung der EU vom Juni 2024 heißt es, Textilien, vor allem Bekleidung und Schuhwerk, gehörten zu jenen Produktgruppen, um deren Nachhaltigkeit man sich vorrangig kümmern müsse. Die Vernichtung von Textilien und Schuhen durch Verbraucher werde zunehmend zu einem Umweltproblem in der gesamten EU.
Herstellung braucht Land, Wasser, Rohstoffe
«Unnötig hohe» Produktionsmengen und kurze Nutzungsdauer von Textilien wirkten sich erheblich auf die Umwelt aus, heißt es weiter. Pro EU-Bürger seien im Jahr 2020 für den Textilverbrauch 400 Quadratmeter Land, 9 Kubikmeter Wasser und 391 Kilo Rohstoffe gebraucht worden. Die weltweite Textilfaserproduktion habe sich in 20 Jahren bis zum Jahr 2020 auf 109 Millionen Tonnen fast verdoppelt. Sie werde bis 2030 weiter ansteigen.
Auch ein Sprecher der in Kopenhagen ansässigen europäischen Umweltagentur (EEA) sagte: «Die EU wird Baumwolle nicht verbieten.» Allerdings werde man weiterhin versuchen, das Recycling und die Mehrfachverwendung von Textilien und damit die Nachhaltigkeit des Textilsektors insgesamt zu verbessern.
In einer Mitteilung der EU-Kommission vom März 2022 über eine nachhaltige und kreislauffähige Textilwirtschaft heißt es, man strebe 2030 einen wettbewerbsfähigen Textilbereich an, in dem die Hersteller die Verantwortung für ihre Produkte während der gesamten Wertschöpfungskette bis hin zum Abfall übernehmen. Es gehe darum, Textilfasern mit innovativen Methoden zu recyceln und auf das Verbrennen und Vergraben von Textilien so weit wie möglich zu verzichten.
Die EU fördert unter anderem ein Forschungsprojekt «New Cotton», bei dem es darum geht, stark baumwollhaltigen Textilabfall in neue Fasern umzuwandeln, die wieder zu Textilien verarbeitet werden können.
EU-Kommission weißt behauptete Zielwerte zurück
Oft verbreitet wird die Behauptung mit einem Artikel der Webseite «Fashion United», welche wiederum mitteilt, dass der von ihr veröffentlichte Text von «Fashion Power» verfasst worden sei. Dabei handelt es sich um einen niederländischen Kleidungshersteller, der nach eigenen Angaben besonders großen Wert auf Nachhaltigkeit seiner Produkte legt und sich auch eine Webseite mit «Fashion United» teilt.
In dem fraglichen Artikel ist die Überschrift «Baumwollverbot in Europa bis 2030?» allerdings mit einem Fragezeichen versehen. Die Zukunft von Baumwolle erscheine ungewiss, weil Baumwolle die EU-Vorgaben für 2030 nicht erfülle. Die sähen vor, dass 50 Prozent der Textilien recycelbar und 25 Prozent vollständig «kreislauffähig» sein sollen. Das sei mit Baumwolle nicht möglich. Auch diese Zahlen hat die Sprecherin der EU-Kommission auf Anfrage der dpa zurückgewiesen: Die behaupteten Zielwerte für 2030 und 2050 gebe es in der EU-Gesetzgebung zur Kreislaufwirtschaft nicht.
Nirgendwo in dem Artikel wird definitiv behauptet, dass ein Verbot von Baumwolle tatsächlich geplant sei. Das wird lediglich spekulativ als eine Möglichkeit geschildert: «Auch wenn ein Baumwollverbot drastisch erscheint, könnte es langfristig notwendig sein.»
(Stand: 13.1.25)