Noch ist nicht vollständig geklärt, ob im Südwesten der Demokratischen Republik Kongo eine neue «Krankheit X» kursiert oder dort viele Menschen wegen bekannter Erreger wie Malaria krank werden und sterben, wovon Behörden aktuell ausgehen. Doch in sozialen Medien wird bereits eine Verbindung gezogen zwischen den ungeklärten Krankheitsfällen und dem Microsoft-Gründer Bill Gates. Gates ist für sein starkes, auch finanzielles Engagement für globale Gesundheit bekannt. Im Zusammenhang mit der «Krankheit X» soll er auch historisch mit den Nazis verbundene Begriffe genutzt haben. «Bill Gates gibt zu, dass „Krankheit X“ die „Endlösung“ der Elite für eine neue Weltordnung ist», heißt es in einem Facebook-Beitrag mit einem Video, das die Behauptung wiederholt.
In dem Video werden alte Aussagen von Bill Gates aus dem Zusammenhang gerissen und falsch zugeordnet. Er äußert sich dort nicht zur «Krankheit X».
Der Facebook-Beitrag zeigt im Video einen Ausschnitt, in dem Bill Gates sagt: «Und dann die Endlösung, die etwa ein bis zwei Jahre entfernt ist, ist die Impfung». Im Englischen verwendet er den Begriff «final solution».
Schon in dem Video wird gesagt, diese Aussage liege drei Jahre zurück und tatsächlich sagte Bill Gates diesen Satz in einem Interview, das er dem US-Fernsehmoderator Stephen Colbert im April 2020 in dessen Fernsehsendung «The Late Show» gab. Das Datum zeigt: Hier kann es nicht um die seit kurzem befürchtete, jedoch bisher nicht bestätigte «Krankheit X» gehen.
In dem Interview sprachen Colbert und Gates über Maßnahmen, die ergriffen werden können, um die damals gerade ausgebrochene Corona-Pandemie zu beenden und zukünftige Pandemien zu bewältigen. Sie sprachen darüber, Menschen auf das Virus zu testen und Kranke zu behandeln. Gates erwähnte dann (ab Minute 2:11) den damals noch in der Entwicklung befindlichen Corona-Impfstoff als «Endlösung», um aus der Corona-Pandemie herauszukommen.
Moderator thematisiert historisch belasteten Begriff
Gates sprach also weder über eine «Krankheit X» noch über einen Plan der Elite, eine neue Weltordnung einzuführen. Seine Erwähnung einer «Endlösung» bezog sich auf einen Impfstoff, der ausreichend Immunität herstellen könne, um final aus der Corona-Krise herauszukommen.
Der Begriff «Endlösung» ist jedoch historisch mit der von den Nationalsozialisten geplanten «Endlösung der Judenfrage» verbunden, die auf der Wannsee-Konferenz 1942 besprochen wurde. Dies gilt als Ausgangspunkt der systematischen Verfolgung und Ermordung der europäischen Juden im Holocaust.
Colbert war sich der schwierigen Geschichte von Gates‘ gewählten Worten offenbar bewusst und antwortete: «Um den Verschwörungstheoretikern einen Schritt voraus zu sein, sollten wir den Impfstoff vielleicht nicht als „Endlösung“ bezeichnen.» Worauf Gates antwortete: «Guter Punkt.»
Mehrdeutiger Begriff «Krankheit X»
Die Bezeichnung «Krankheit X» wird aktuell im Zusammenhang mit einem Krankheitsausbruch im Südwesten der Demokratischen Republik Kongo verwendet. Dort wurden zuletzt in einer abgelegenen Provinz Hunderte Krankheits- und Todesfälle gemeldet. Aktuell geht das kongolesische Gesundheitsministerium davon aus, dass diese durch eine besondere Form des bekannten Malaria-Erregers ausgelöst werden. Die Situation ist noch in der Klärung. Es gab zuvor auch die Hypothese, die Todesfälle gingen auf eine neue gefährliche Krankheit zurück.
Zudem wird «Krankheit X» von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) seit 2018 als Platzhalter für eine noch nicht bekannte Krankheit verwendet, welche das Potenzial haben könnte, einen Notfall von internationaler Tragweite auszulösen. Das soll eine bessere Vorbereitung und gezielte Forschung zu potenziell gefährlichen Krankheitserregern vorantreiben, damit die Menschheit im Ernstfall besser reagieren kann.
Das Video und die Falschbehauptung stammen von der Webseite «The People’s Voice», die bekannt dafür ist, Falschinformationen zu verbreiten. Dazu gehörte zuletzt auch, dass ein Zusammenhang zwischen den Erkrankungen im Kongo und der Bill & Melinda Gates Foundation bestehe. Dabei wurde ein falscher Bezug hergestellt zu Impfungen, die von der Gates-Stiftung im Kongo unterstützt wurden – dabei liegen rund 1000 Kilometer zwischen der Provinz, wo es die Impfungen gab und der Provinz, wo aktuell ungeklärte Krankheitsfälle auftreten.
(Stand: 23.12.2024)