Die Huthi-Rebellen, die Teile des Jemen kontrollieren, haben nach eigenen Angaben am 31. Oktober 2023 einen Raketen- und Drohnenangriff auf Israel gestartet. Dies sei eine Reaktion auf den Krieg zwischen Israel und der palästinensischen radikalislamischen Bewegung Hamas, sagten sie. Die Huthi-Truppen bilden jedoch nicht die international anerkannte Regierung des Jemen. Im Internet kursierende Behauptungen, der Jemen habe Israel „den Krieg erklärt“, sind daher irreführend. Weder die Huthi noch die offizielle Regierung haben eine Kriegserklärung an Israel abgegeben.
Die im Gazastreifen herrschende radikalislamische Hamas hatte am 7. Oktober 2023 bei einem Großangriff auf Israel nach israelischen Angaben mindestens 1200 Menschen getötet. Rund 240 Menschen wurden als Geiseln entführt.
Als Reaktion auf den Hamas-Angriff hat Israel den Gazastreifen unter Dauerbeschuss genommen und das Palästinensergebiet komplett abgeriegelt. Durch die israelischen Bombardierungen wurden nach nicht unabhängig überprüfbaren Angaben der Hamas mehr als 11.500 Palästinenser getötet.
Am 31. Oktober 2023 behaupteten die Huthi-Rebellen im Bürgerkriegsland Jemen, einen Drohnen- und Raketenangriff auf Israel gestartet zu haben.
Die Huthi-Rebellen sind eine vom Iran unterstützte bewaffnete Gruppe, die 2014 die jemenitische Hauptstadt Sanaa einnahm und einen Großteil des Nordwestens des Landes kontrolliert. Die Gruppe ist Teil der von Teheran sogenannten „Achse des Widerstands„, womit Iran und ihre verbündeten Kräfte im Nahen Osten gemeint sind. Dazu zählen auch die libanesische Hisbollah und andere schiitische Kräfte im Irak und in Syrien.
Yahya Saree, Sprecher der Huthi-Truppen, erklärte am 31. Oktober 2023 in einem Video, der Angriff sei „eine Antwort auf den Krieg dieses Landes gegen die palästinensische Hamas“. AFP und andere internationale Medien berichteten über diese Erklärung.
Nach dieser Rede behaupteten Nutzer in sozialen Medien in mehreren Ländern, der Jemen habe „Israel den Krieg erklärt“. Einige der Postings wurden verlinkt mit einem Video eines Mannes in Militäruniform, der auf Arabisch spricht. Ähnliche Behauptungen wurden auf Griechisch, Englisch, Französisch und Niederländisch geteilt.
Die Huthi-Truppen werden jedoch nicht als offizielle Regierung des Jemen betrachtet. Die international anerkannte Regierung des Jemen, die von Saudi-Arabien unterstützt wird, hat keine Kriegserklärung an Israel abgegeben.
Und obwohl die Huthi-Kräfte eine Reihe von Angriffen beansprucht haben, haben sie nicht erklärt, dass sich der Jemen im Krieg mit Israel befindet.
Politische Situation im Jemen
In einer E-Mail an AFP vom 7. November 2023 erklärte Jean-Loup Samaan, Senior Research Fellow am Middle East Institute der National University of Singapore, dass die Huthi zwar die größte bewaffnete Gruppe im Jemen seien, „aber nicht die international anerkannte jemenitische Regierung repräsentieren“.
„Die UNO ist in einen Gesprächsprozess involviert, der letztendlich bestimmen soll, wer diese Regierung bilden wird, aber aus einer Erklärung der Huthi lässt sich keinesfalls ableiten, dass sie die jemenitische Regierung rechtlich oder politisch binden würde“, schrieb er.
Während der größte Teil des Nordwestens des Landes von den Huthi-Rebellen kontrolliert wird, werden Aden und die umliegenden Gebiete vom Südlichen Übergangsrat (STC) kontrolliert, einer international nicht anerkannten, aber von den Vereinigten Arabischen Emiraten unterstützten abtrünnigen Organisation aus dem Südjemen.
Die international anerkannte und von Saudi-Arabien unterstützte Regierung, der Präsidiale Führungsrat unter der Führung von Rashad Muhammad al-Alimi, hat seit 2018 ihren Sitz in Riad und kontrolliert den Osten des Landes, hat aber Mühe, sich in der Region zu etablieren.
Die Huthi kontrollieren etwa ein Drittel des Landesgebiets, in dem 70 bis 80 Prozent der Bevölkerung leben. Die rivalisierenden Kräfte, die den Jemen kontrollieren, sind in der folgenden Grafik dargestellt:
AFP-Karte der politischen Situation im Jemen
In einem Telefoninterview mit AFP am 7. November 2023 sagte Fatiha Dazi-Heni, Forscherin zu sicherheitspolitischen Fragen am Golf am Institut für Strategische Forschung (Institut d’Etudes Stratégiques de l’Ecole militaire, IRSEM), dass die Huthi-Rebellen zwar einen Großteil des Jemen kontrollieren, „aber nicht die offizielle Regierung sind“ und dass man nicht von einer „offiziellen Kriegserklärung des Jemen“ sprechen könne.
„Die Huthi stellen sich in ihren Kommuniqués als die legitime Autorität im Jemen dar, genau wie sie es taten, als sie die Verantwortung für den Angriff auf Israel übernahmen“, erklärte Dazi-Heni.
Behauptungen, die Sarees Erklärung als Kriegserklärung des Jemen darstellen, sind daher irreführend, da die Huthi-Truppen nicht das gesamte Land kontrollieren und nicht die international anerkannte Regierung sind.
Huthi-Angriffe auf Israel
In seiner Videoerklärung vom 31. Oktober 2023 sagte Saree, der Jemen habe in drei separaten Operationen Drohnen und ballistische Raketen abgefeuert und weitere Angriffe angekündigt. Darüber berichtete auch AFP.
„Die jemenitischen Streitkräfte… bestätigen, dass sie weiterhin qualitative Angriffe mit Raketen und Drohnen durchführen werden, bis die israelische Aggression aufhört“, sagte Saree in einer auf „Al-Masirah TV“, dem Fernsehsender der Rebellen, ausgestrahlten Erklärung. Die Rede wurde auch hier auf X, ehemals Twitter, veröffentlicht. Saree machte in seiner Rede keine spezifische Kriegserklärung.
Der Nachrichtensender „France 24“ veröffentlichte am 1. November 2023 eine synchronisierte Fassung eines Teils der Videoansprache auf Englisch (hier archiviert).
Screenshot des Videos von „France 24“: 13. November 2023
AFP konnte die Echtheit der Behauptungen über die Angriffe vom 31. Oktober 2023 nicht unabhängig überprüfen. Die israelische Armee meldete ein „Eindringen feindlicher Fluggeräte“ in der Nähe von Eilat, einem Badeort am Roten Meer, das Warnsirenen auslöste.
Abdelaziz bin Habtour, Ministerpräsident der Huthi-Regierung, sagte, als „Teil der Achse des Widerstands“ kämpften die Rebellen sowohl mit “Worten als auch mit Drohnen“.
Mohammed Al Basha, Nahost-Analyst bei der in Virginia ansässigen Forschungsgruppe Navanti, erklärte, dass die Huthi-Rebellen trotz dieser Erklärungen und der Verantwortung „nicht formell den Krieg erklärt haben“.
Basha wies darauf hin, dass auch die international anerkannte Regierung keine solche Erklärung abgegeben habe.
„Die international anerkannte Regierung in Aden hat die israelischen Militäraktionen im Gazastreifen kritisiert, aber auch nicht den Krieg erklärt“, erklärte Basha am 2. November 2023 gegenüber AFP.
Die international anerkannte jemenitische Regierung verurteilte die israelischen Bombardierungen in einer Erklärung auf Arabisch und forderte einen sofortigen Waffenstillstand, damit humanitäre Hilfe in den Gazastreifen gelangen kann. Die jemenitische Regierung versprach jedoch kein Eingreifen und drohte auch nicht mit Angriffen.
Der Konflikt hat auch die Spannungen in der Region verschärft, mit grenzüberschreitenden Gefechten zwischen der israelischen Armee und der Hisbollah, während die Huthi einen weiteren Drohnenangriff am 6. November 2023 für sich reklamierten.
Fazit: Jemen hat Israel nicht den Krieg erklärt. Die Raketen- und Drohnenangriffe gingen auch nicht von der Regierung aus, sondern von den Huthi-Rebellen, die einen großen Teil des Landes kontrollieren aber nicht die international anerkannte Regierung stellen. Weder die Huthi noch die anerkannte Regierung haben derweil Israel formell den Krieg erklärt. Faktenchecks zum Krieg im Nahen Osten sammelt AFP hier.