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Diese Festnahme hat nichts mit den Anschlägen in München oder Villach zu tun

Am 13. Februar 2025 fand in München ein Anschlag auf eine Demonstration statt. Online wurde ein Video mit der Falschbehauptung geteilt, es zeige die Festnahme des Attentäters. Tatsächlich stammt die Aufnahme aus Berlin und hat nichts mit dem Anschlag in München zu tun. Indizien dafür liefert das Video selbst. Das bestätigte auch die Polizei Berlin.

Nach dem Anschlag in München am 13. Februar 2025, bei dem ein zweijähriges Mädchen und seine Mutter getötet wurden, kursierten verschiedene Mutmaßungen zum Attentäter. Besonders oft wurde ein Video geteilt, das ihn angeblich lächelnd bei seiner Festnahme zeigen soll. In dem Clip sind mehrere Polizisten zu sehen, die einen jungen Mann in grauem Pullover in ein Einsatzfahrzeug führen. Mit München als Ortsangabe angefügt, verbreitete sich das Video seit dem Tag des Anschlags auf mehreren Plattformen, darunter Tiktok, X und Instagram.

Die Kommentarspalten waren von Rufen zur Abschiebung und Hasskommentaren geprägt. Für Reichweite sorgte ebenfalls ein X-Beitrag des ehemaligen AfD-Bundestagsabgeordneten Frank Pasemann mit der Falschbehauptung.

Ein anderer Nutzer behauptete zudem fälschlich auf X, das Video zeige den Attentäter, der am 15. Februar 2025 im österreichischen Villach einen 14-jährigen Jugendlichen tötete und weitere Menschen verletzte.

Tiktok-Screenshot der Behauptung: 21. Februar 2025

Dabei zeigt das Video gar nicht den Attentäter aus München oder Villach, sondern stammt aus Berlin. Indizien dazu liefert die Aufnahme selbst.

Es ist bekannt, dass der Attentäter aus München am Vormittag, nachdem er mit einem Mini-Cooper in eine Demonstration steuerte, festgenommen wurde. Videos von der Festnahme untersuchte AFP bereits in einem anderen Faktencheck. In den aktuell verbreiteten Aufnahmen ist der Himmel aber bereits dunkel, anders als bei der tatsächlichen Festnahme in München. Das spricht dafür, dass sie zu einem anderen Zeitpunkt aufgenommen wurden.

Ein zweiter Anhaltspunkt im aktuell geteilten Video liefert Hinweise zum Ort der Festnahme. Das Emblem auf der Uniform der Einsatzkräfte zeigt einen Bären, der an das Logo der Berliner Polizei erinnert, das etwa auf ihrem X-Account zu sehen ist.

Tiktok-Screenshot: 21. Februar 2025, Hervorhebung durch AFP

Eine umgekehrte Bildsuche ergab, dass das Video bereits in den Tagen vor dem Anschlag in München auf Tiktok kursierte. Die Suche führte zudem zu weiteren Beiträgen, die den Standort in der Sonnenallee in Berlin Neukölln erwähnen und aus einem X-Thread stammen, der bis zum 11. Februar 2025 zurückgeht. Der angeführte X-User erwähnte das „Hamsho Cafe“.

Eine Geolocation zeigt dieselben Gebäude im Hintergrund des Einsatzwagens, erkennbar an der Überdachung der Fenster im Dachgeschoss und dem Haus mit der grün gestrichenen Ecke:

X-Screenshots (links) im Vergleich mit einer Aufnahme von Google Maps, beide aufgenommen am 21. Februar 2025: Hervorhebungen durch AFP

Ein weiteres Video der Festnahme, das am 11. Februar 2025 auf Tiktok hochgeladen wurde, zeigt eine andere Perspektive auf die Bushaltestelle, die auch im aktuell geteilten Video sichtbar ist. Die Beschreibung dazu lautete: „Aktuell Polizeieinsatz, Berlin Sonnenallee“.

Damit kann ausgeschlossen werden, dass das Video in München aufgenommen wurde.

Mann laut Polizei wieder freigelassen

Ob die Aufnahme tatsächlich aus München stammt, fragten sich auch manche Userinnen und User in den Kommentaren. In einer Community Note auf X stand folgendes: „Es handelt sich um ein festgenommenes Clan-Mitglied des Barbakh-Clans.“ Ein darin verlinkter „Welt“-Artikel, der am 13. Februar 2025 veröffentlicht wurde, führt aus, dass Mitglieder dieses Clans zu den Hauptakteuren der propalästinensischen Szene in Berlin gehören und als Unterstützer der Hamas gelten würden. Doch wie ein Sprecher der Polizei Berlin am 20. Februar 2025 auf AFP-Anfrage schrieb, bestehe bei dem Video weder „ein Zusammenhang zum in München verübten Anschlag noch im Kontext des Nahostkonfliktes“.

Die Polizei teilte weiter mit, was geschehen war und in dem aktuell geteilten Video tatsächlich zu sehen ist: „Am 11. Februar 2025 überprüften Einsatzkräfte den im Video zu sehenden Mann im Rahmen von Lokalkontrollen, als Verbundeinsatz der Polizei Berlin zusammen mit dem Bezirksamt Neukölln, dem Zoll und dem Steuerfahndungsamt. Der im Video sichtbare Mann stand im Verdacht eines Verstoßes gegen das Aufenthaltsgesetz, der sich nicht bestätigte.“ Der Mann sei im Anschluss wieder aus den polizeilichen Maßnahmen entlassen worden.

Der mutmaßliche Attentäter aus München befand sich am 21. Februar 2025 dagegen weiter in Untersuchungshaft. Die Ermittlerinnen und Ermittler gingen davon aus, dass die Tat islamistisch motiviert war. Eine Woche nach dem Anschlag tagte der Innenausschuss im Bundestag zu möglichen Konsequenzen aus der Tat. Gefordert wurden etwa eine Stärkung der Sicherheitsbehörden und Präventionsmaßnahmen. Innenministerin Nancy Faeser (SDP) warnte davor, das „Leid der Opfer“ für „Stimmungsmache“ zu nutzen.

Fazit: Ein Video einer Festnahme wurde fälschlicherweise im Zusammenhang mit dem Anschlag in München am 13. Februar 2025 verbreitet. Wie AFP-Recherchen ergaben und die Polizei bestätigte, wurde es jedoch zwei Tage zuvor in Berlin aufgenommen und hat nichts mit dem Anschlag in München zu tun. Der festgenommene Mann wurde inzwischen wieder entlassen.

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Politik, Gesellschaft

Autor(en): Elena CRISAN / AFP Österreich

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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