Seit dem Angriff Russlands auf die Ukraine werden immer wieder neue prorussische Narrative verbreitet. In sozialen Medien wurde ein Foto von Containern mit der falschen Behauptung geteilt, es zeige „mobile Leichenhallen“ für ukrainische Soldatinnen und Soldaten, die in Kursk getötet wurden. Das Foto wurde jedoch manipuliert. Das Originalfoto zeigt auch Container, jedoch mit der Aufschrift „mobiler Heizraum“. Diese mobilen Heizkessel werden vom ukrainischen Roten Kreuz für den kommenden Winter an Schulen und Krankenhäuser geliefert.
„Mobile Leichenhallen der Streitkräfte der Ukraine, gespendet von Coca-Cola, gesichtet in der Region Sumy.“ So lauten Beiträge in polnischer Sprache auf Facebook, Telegram und X, die nach dem 15. November 2024 geteilt wurden. Das den Beiträgen beigefügte Foto zeigt mehrere Container mit roter Beschriftung und traditionellen ukrainischen Mustern an den Türen. Ein Teil des Fotos wurde vergrößert, damit der Schriftzug „mobile morgue“ („mobile Leichenhalle“) gelesen werden kann. Einige Nutzerinnen und Nutzer schrieben: „Es gibt bereits einen solchen Anstieg von Toten aus der Region Kursk, dass alle Leichenhallen in der Region überfüllt sind.“
Anderen Nutzerinnen und Nutzern zufolge zeige das Foto „mobile Leichenhallen, die in der Nähe von Charkiw angeliefert wurden“, das nicht in der Region Sumy im Nordosten der Ukraine liegt. Das gleiche Bild mit der gleichen Behauptung kursierte auch auf Deutsch.
Die Falschbehauptung verbreitete sich zudem in englischer, französischer, spanischer und bulgarischer Sprache sowie auf Russisch (etwa hier, hier, hier und hier). „Coca-Cola sponsert Kühlschränke für verstorbene ukrainische Soldaten“, heißt es auf englischen und bulgarischen Websites, die wie Nachrichtenportale wirken und deren Artikel AFP auf Polnisch in der Vergangenheit bereits mehrfach überprüft hat (etwa hier, hier und hier).
Das Foto zeigt jedoch keine mobilen Leichenhallen für getötete ukrainische Soldatinnen und Soldaten, wie in den Social-Media-Beiträgen fälschlicherweise behauptet wurde. AFP konnte das Originalfoto ausfindig machen. Dieses zeigt mobile Heizgeräte, die das ukrainische Rote Kreuz zusammen mit dem Getränkekonzern Coca-Cola für diesen Winter an Schulen und Krankenhäuser liefert. Der vergrößerte Ausschnitt auf dem Foto wurde digital hinzugefügt.
Mobile Container dienen zum Heizen
Mithilfe einer Stichwortsuche auf Ukrainisch („мобільних котелень кока-кола“) konnte AFP herausfinden, dass das Foto am 30. Oktober 2024 sowohl vom ukrainischen Roten Kreuz auf Facebook geteilt wurde, als auch von Coca-Cola. Am 4. November 2024 wurde das Foto auch auf dem Instagram-Account von Coca-Cola veröffentlicht.
AFP konnte zudem einen Artikel vom 22. November 2024 in der ukrainischen Version des „Forbes Magazine“ ausfindig machen. In diesem wird die eigentliche Funktion der Container klar erklärt – nämlich „die Bereitstellung von Heizungen für Gemeinden“ (hier archiviert). In ukrainischen Medien wurde berichtet, dass das Unternehmen Coca-Cola und das ukrainische Rote Kreuz im Rahmen der Vorbereitungen auf den Winter 60 Heizräume an Gemeinden in der ganzen Ukraine liefern würden – und zwar mit einer Gesamtinvestition von über fünf Millionen Euro (hier und hier archiviert). Medienberichten zufolge wurden bereits sieben solcher Module geliefert. Die Bewohnerinnen und Bewohner der Region Kiew sollten im Jahr 2024 etwa 24 dieser mobilen Heizhäuser erhalten.
Laut dem ukrainischen Fernsehsender TPK MAPT werden die Container vor allem in den zerstörten Regionen im Osten des Landes benötigt (hier archiviert).
„Einer dieser mobilen Heizkessel wurde an eine Bildungseinrichtung in der Gemeinde Baryschiwka (in der Nähe von Kiew, Anm. d. Red.) übergeben. Dabei handelt es sich um eine 200-Kilowatt-Anlage, die den Bedarf der Bildungseinrichtung voll decken wird“, heißt es auf der Seite der Kiewer Militärverwaltung (hier archiviert) sowie auf ihrem Telegram-Kanal am 14. November 2024.
AFP wandte sich auch an das ukrainische Rote Kreuz: „Ja, in der Tat führt das ukrainische Rote Kreuz derzeit zusammen mit unserem langjährigen Partner Coca-Cola ein Projekt durch, um Gemeinden mit mobilen Heizhäusern zu versorgen“, schrieb die Sprecherin Lesia Oliinyk am 27. November 2024 in einer E-Mail an AFP. „Das Foto wurde in Kiew aufgenommen“, schrieb sie. Oliinyk lehnte es jedoch „aus Sicherheitsgründen“ ab, detaillierte Angaben zu machen.
Die Regionalverwaltung Mykolajiw im Süden der Ukraine gab am 13. November 2024 bekannt, dass eine solche Heizanlage im Krankenhaus von Perwomajsk installiert wurde. „Der Hauptvorteil dieser Heizanlagen ist ihre vielseitige Verwendbarkeit, da sie sowohl mit Gas als auch mit Diesel betrieben werden können. Dies sorgt für Flexibilität und Stabilität der Wärmeversorgung auch unter schwierigen Bedingungen“, hieß es.
Im Jahr 2024 stellte das ukrainische Rote Kreuz 60 solcher mobilen Heizhäuser her und lieferte sie an ukrainische Gemeinden, von denen zwölf in der Region Mykolajiw liegen. Die Anlagen werden hauptsächlich in Bildungs- und medizinischen Einrichtungen installiert.
Ende 2023 wurden „zwei solcher Module“ an die Stadt Uman übergeben, um „Wohngebäude in der Stadt im Falle von Ausfällen mit Wärme zu versorgen“, so das Rote Kreuz (hier archiviert).
Schriftzug „mobile Leichenhalle“ digital hinzugefügt
Auf dem Originalfoto ist auf den Türen der Container der ukrainische Schriftzug „мобільних котелень“ („mobiler Heizraum“) zu sehen. In den Online-Beiträgen mit dem manipulierten Foto steht jedoch „mobile morgue“ („mobile Leichenhalle“). Im folgenden Vergleich ist der Bereich, in dem der Schriftzug digital hinzugefügt wurde, grün umrahmt:
Die Originalbeschriftung „мобільних котелень“ ist auf anderen Fotos (etwa hier und hier) derselben Heizcontainer besser ersichtlich. Im Folgenden ist der Wortlaut grün markiert, aus dem eindeutig hervorgeht, dass es sich um mobile Heizräume handelt und nicht um „mobile Leichenhallen“, wie online fälschlicherweise behauptet wird:
Weder Russland noch die Ukraine geben offiziell Daten über das volle Ausmaß ihrer jeweiligen militärischen Opfer bekannt. Jüngsten Medienberichten zufolge sind seit Beginn der russischen Invasion in der Ukraine im Februar 2022 schätzungsweise etwa 70.000 russische Soldatinnen und Soldaten getötet worden. Das britische Magazin „The Economist“ schätzt, dass 60.000 bis 100.000 ukrainische Soldatinnen und Soldaten in dem Konflikt ihr Leben verloren haben (hier archiviert). Diese Zahl wurde auch von ukrainischen Medien aufgegriffen (hier archiviert).
Im Februar 2024 gab Präsident Wolodymyr Selenskyj an, dass etwa 31.000 ukrainische Soldatinnen und Soldaten gestorben seien, obwohl Fachleute die tatsächliche Zahl viel höher einschätzen (hier und hier archiviert).
Weitere Faktenchecks zum Ukrainekrieg sammelt AFP hier.
Fazit: In der Ukraine werden nicht „mobile Leichenhallen“ für getötete ukrainische Soldatinnen und Soldaten installiert. Das Foto, das diesen Falschbehauptungen beigefügt wurde, ist manipuliert. Tatsächlich handelt es sich bei den Containern um „mobile Heizkessel“, die vor allem an Schulen und Krankenhäuser für den Winter geliefert werden.