Sonnenbrillen sind nicht nur ein Accessoire für heiße Sommertage, sondern schützen auch vor Erkrankungen. In sozialen Medien wird von Sonnenbrillen aktuell jedoch abgeraten, da das Tragen die Entstehung eines Sonnenbrandes fördern würde. Dafür gibt es allerdings keine wissenschaftlichen Belege. Hochwertige, gut sitzende Sonnenbrillen bieten einen wirksamen Schutz gegen ultraviolette (UV-)Strahlen. Zudem empfehlen Fachleute stets die Verwendung von Sonnencreme.
Mit Hashtags wie „sonnenbrilleschadet“ und „sonnenbrand“ versehen teilte eine Userin Ende Juni 2024 ein Video auf Instagram. „Wusstest du, dass das Tragen einer Sonnenbrille paradoxerweise dazu führen kann, dass du schneller einen Sonnenbrand bekommst?“, heißt es darin.
Auch auf Facebook wird vor dem Tragen von Sonnenbrillen gewarnt. Die Begründung lautet jeweils, dass das Gehirn beim Tragen einer Sonnenbrille signalisiert bekomme, das alles in Ordnung sei. Dadurch stelle sich der Körper auch nicht auf Sonne ein und „erst deswegen bekommt man dann einen Sonnenbrand“.
Auch auf anderen Plattformen wie Telegram und X wird die Behauptung geteilt.
Fachleute können der Warnung vor Sonnenbrillen im Zusammenhang mit einem Sonnenbrand jedoch nicht viel abgewinnen. Zum Schutz vor UV-Strahlen empfehlen Expertinnen und Experten viel eher das Tragen einer hochwertigen, gut sitzenden Sonnenbrille.
Melanopsin hat nichts mit UV-Schäden der Haut zu tun
In den Beiträgen auf Social Media wird das Protein Melanopsin als Grund dafür genannt, dass durch das Tragen einer Sonnenbrille Sonnenbrand entstehe. Das „spezielle Fotopigment namens Melanopsin“ in den Augen messe die Lichtintensität und gebe diese Informationen an das Gehirn weiter, heißt es. Bei starker Sonneneinstrahlung sende das Gehirn Signale an die Haut, um sich besser vor UV-Strahlung zu schützen, indem es Rezeptoren an der Haut anpasse. Beim Tragen einer Sonnenbrille werde diese „natürliche Alarmkette“ unterbrochen und man „verbrennt leichter“, so die Behauptung.
Melanopsin ist ein Lichtrezeptor, der die Intensität des einfallenden Lichts misst und somit für die Lichtempfindlichkeit im Auge verantwortlich ist. Das Protein kommt in seltenen, spezialisierten Zellen in der Netzhaut vor. In der Forschung wird Melanopsin tatsächlich mit Aufgaben der sogenannten inneren Uhr, dem „circadianen Rhythmus“, diskutiert.
Das deutsche Bundesamt für Strahlenschutz (BfS) schrieb AFP in einer Nachricht vom 11. Juli 2024 jedoch eindeutig: „Mit UV-Schäden der Haut hat dieses Pigment nichts zu tun. Es schützt nicht vor Sonnenbrand.“ Dieser entstehe viel eher durch zu hohe UV-Belastung und nicht ausreichenden Schutz der Haut. Das BfS warnt außerdem vor „wissenschaftlich nicht haltbaren Aussagen“ und „gesundheitsgefährdenden Empfehlungen“ zum Thema UV-Schutz in sozialen Medien. Das BfS empfiehlt in erster Linie, starke ultraviolette Strahlung zu meiden und sich beim Aufenthalt im Freien „richtig zu kleiden“. Dazu gehört auch das Tragen einer Sonnenbrille, heißt es online.
Die dann noch unbedeckte Haut sollte mit Sonnencreme geschützt werden, rät auch der deutsche Dermatologe Uwe Schwichtenberg. Er sagte in einem Telefonat mit AFP am 12. Juli 2024 zudem, dass es zu der geteilten Aussage keine wissenschaftlichen Hinweise gebe. „Wenn die Behauptung zutreffen würde, hätten blinde Menschen besonders starke Sonnenbrände. Das ist mir nicht bekannt“, führte er weiter aus.
Für Dermatologe Christoph Liebich ist Sonnenschutz ebenfalls unumgänglich – selbst wenn die Lichtempfindlichkeit durch eine Sonnenbrille geringfügig sinken würde, wie online behauptet. „Das hat keinen Effekt. Man muss sich ohnehin einschmieren und ganzjährig vor der Sonne schützen“, erklärte er in einem Telefonat mit AFP am 10. Juli 2024. Die Warnung vor dem Tragen einer Sonnenbrille bezeichnete er insgesamt als „großen Quatsch“. Es bedürfe in jedem Fall einer Sonnenbrille, „um das Auge vor den schädlichen UV-Strahlen zu schützen“.
UV-Strahlen sind schädlich für Haut und Augen
In der Wissenschaft wird zwischen verschiedenen Wellenlängenbereichen im Sonnenlicht unterschieden. Besonders die kurzwelligere und energiereichere UV-Strahlung, die im Bereich von 400 bis 100 Nanometer liegt, hat erhebliche Auswirkungen auf die menschliche Gesundheit.
UV-Strahlung ist für den Menschen nicht sichtbar. Sie kann jedoch nicht nur die Haut schädigen und etwa Krankheiten wie Hautkrebs auslösen, sondern beeinträchtigt auch die Augen. Es können dabei sowohl akute als auch chronische Erkrankungen – speziell an Binde-, Horn- und Netzhaut sowie Linse – entstehen. Darunter fällt etwa eine Eintrübung der Linse, Entzündungen oder sogar Krebs.
Fachleute empfehlen hochwertige, gut sitzende Sonnenbrillen
Laut Horst Helbig, Direktor der Klinik und Poliklinik für Augenheilkunde am Universitätsklinikum Regensburg, gebe es „keine wissenschaftlichen Beweise“ für die These, dass Sonnenbrillen einen Sonnenbrand verstärken. „Insofern ändert sich nichts an der Empfehlung, bei hellem Licht die Augen mit Sonnenbrillen zu schützen“, schrieb er AFP am 12. Juli 2024.
Die deutsche Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) schrieb AFP am 11. Juli 2024, dass Sonnenbrillen „zu den wichtigsten Accessoires“ im Sommer gehören. Zum Schutz vor UV-Strahlung sollte die Brille „dicht am Kopf sitzen“ und „ausreichenden Seitenschutz“ bieten. Zudem sei auf den Hinweis „UV-400“ zu achten, wie auch das BfS online anführt.
Das bedeutet, dass UV-Strahlen bis zu einer Wellenlänge von 400 Nanometern vollständig aus dem Licht gefiltert werden, was für einen umfassenden Schutz des Auges wichtig ist, wie auch die Österreichische Ophthalmologische Gesellschaft (ÖOG) erklärt. In einer Nachricht an AFP vom 12. Juli 2024 schrieb die ÖOG-Presseabteilung zudem: „Es gibt keine Evidenz, dass das Tragen einer geeigneten Sonnenbrille als Sonnenschutz vor UV-Strahlung einen Sonnenbrand triggert oder bei sachgemäßer Anwendung andere negative Einflüsse auf den Körper hat.“
AFP hat bereits in der Vergangenheit Falschbehauptungen zu Sonnencreme sowie auch Sonnenbrillen überprüft.
Fazit: Hochwertige, gut sitzende Sonnenbrillen bieten einen wirksamen Schutz gegen UV-Strahlen. Die Behauptung, das Tragen von Sonnenbrillen fördere die Entstehung eines Sonnenbrandes, ist hingegen falsch. Für die Haut empfehlen Fachleute stets die Verwendung von Sonnencreme.