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Fehlerhafte Grafik über Lungenentzündungen und Corona

Auf den ersten Blick sieht es nach einer glaubwürdigen Datendarstellung aus: Eine online verbreitete Grafik soll in blauer Farbe die Anzahl der Lungenentzündungen zwischen 2019 und 2023 zeigen, bei denen gleichzeitig eine Corona-Erkrankung diagnostiziert wurde. In roter Farbe sollen es Lungenentzündungen ohne Covid-19-Diagnose sein. Als Quelle für die Daten wird das InEK (Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus) angegeben. In einem Beitrag auf Facebook heißt es dazu: «So wurde die Bevölkerung ausgetrickst: Die meisten Covid-Fälle auf den Intensivstationen waren umdeklarierte Lungenentzündungen». Stimmen die Zahlen und die Analyse?

Bewertung

Die Grafik ist fehlerhaft. Die Daten stammen zwar aus dem InEK-Datenbrowser, wurden aber so weiterverarbeitet, dass sie zu keinen zuverlässigen Ergebnissen führen. So gab es im Jahr 2019 in Deutschland noch keine nachgewiesenen Covid-19-Fälle, in der Grafik sind hingegen 1127 Fälle verzeichnet. Auch die übrigen Angaben sind fehlerhaft.

Fakten

Das InEK ist für die Abrechnung stationärer Krankenhausleistungen in Deutschland zuständig. Stationäre Krankenhausbehandlungen werden über Fallpauschalen abgerechnet. Die im InEK-Datenbrowser erfassten Daten beziehen sich auf Patienten, die im jeweiligen Jahr aus der stationären Behandlung entlassen wurden.

Der Grafik zufolge hatten also mehr als 1.000 der im Jahr 2019 aus dem Krankenhaus entlassenen Patienten eine «Covid-Lungenentzündung». Laut Robert Koch-Institut (RKI) gab es 2019 in Deutschland jedoch keine bestätigten Covid-19-Fälle. Die ersten Nachweise erfolgten erst im Januar 2020. 1.127 Lungenentzündungen mit gleichzeitiger Corona-Erkrankung, wie in der Grafik angegeben, gab es im Jahr 2019 also nicht.

Die fehlerhafte Abbildung basiert auf falschen Abfragedaten, wie eine Überprüfung durch das InEK und die dpa zeigte. Der ICD-Code (International Statistical Classification of Diseases and Related Health Problems) ist ein weltweit anerkanntes System, mit dem medizinische Diagnosen einheitlich erfasst werden. Für die fragliche Grafik wurde der ICD-Code für eine nachgewiesene Covid-Infektion (U07.1) nicht berücksichtigt, während der Code J12.8 (Pneumonie durch sonstige Viren) fälschlicherweise als Code für eine durch Corona verursachte Lungenentzündung verwendet wurde.

Zwar umfasst der Code J12.8 auch Pneumonien im Zusammenhang mit Coronaviren, damit ist jedoch nicht zwingend Covid-19 gemeint, denn es gibt noch weitere Viren aus dieser Familie. Diese fehlerhafte Verwendung von Parametern führte zu über 1.000 «Covid-19-Lungenentzündungen» im Jahr 2019.

Auch mit korrekt angewendeten Parametern zeigt sich zwar ein Einbruch der Fallzahlen für Lungenentzündungen ohne Corona während der Pandemiejahre, dieser fällt jedoch geringerer aus, als die Abbildung es darstellt. Die niedrigeren Fallzahlen erklärt Herrn Prof. Dr. med. Wolfram Windisch, der Präsident der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin durch die geltenden Abstandsregeln und das Tragen von Masken: «In den Corona-Jahren in Deutschland hatten wir zwei, drei Jahre keine wesentliche Influenza (Grippe)-Welle im Winter. […] Hieraus entwickeln sich die meisten nicht-Covid-Lungenentzündungen, die entsprechend jetzt wieder deutlich ansteigen.» Dies sei der wesentliche Grund für den Rückgang.

Laut der Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin ist in der Pandemiezeit sogar ein kompletter Grippe-Stamm ausgestorben, da er keinen neuen Wirt finden konnte.

Tom Lausen hat die Grafik laut einem «Report24»-Beitrag auf seinem privaten Telegram-Kanal veröffentlicht. Dies hat er gegenüber der dpa schriftlich bestätigt. Lausen ist in der Vergangenheit bereits mit Analysen von Abrechnungsdaten aufgefallen, mit denen er eine scheinbare Gefahr durch die Coronaimpfung nahelegt. Auch der «Report24»-Blog hat bereits mehrfach Falschinformationen verbreitet. Die dpa hat dazu schon mehrere Faktenchecks veröffentlicht.

(Stand: 4.2.2025)

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Corona, Gesundheit

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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