Höhere Krankenkassenbeiträge stehen nicht mit der Zuwanderung in Verbindung. Asylsuchende werden im Krankheitsfall vom Staat finanziert, ausländische Fachkräfte müssen sich versichern. Ein Anstieg der Beiträge resultiert etwa aus politischen Entscheidungen und dem demografischen Wandel.
Fakten
Gesetzliche Krankenkassen bemessen ihre Beiträge nach einem bestimmten Prozentsatz. Dieser beträgt seit 2015 14,6 Prozent der beitragspflichtigen Einnahmen wie dem Arbeitsentgelt oder der Rente. Dieser Beitrag wird jeweils zur Hälfte von Arbeitnehmer und Arbeitgeber gezahlt.
Ergänzend erheben die Krankenkassen einen individuellen Zusatzbeitrag, der ihren Finanzbedarf decken soll. Auch daran beteiligt sich der Arbeitgeber zur Hälfte. Diese Zusatzbeiträge orientieren sich am durchschnittlichen Zusatzbeitragssatz, den das Bundesministerium für Gesundheit bekannt gibt. Sie können sich von Krankenkasse zu Krankenkasse unterscheiden.
Gesetzliche Krankenkassen stehen derzeit vor großen finanziellen Schwierigkeiten: Für 2023 gebe es schätzungsweise eine Finanzierungslücke von rund 17 Milliarden Euro, so der Spitzenverband Bund der Krankenkassen (GKV-Spitzenverband) im Oktober 2022. Das Kabinett hatte bereits im Juni 2022 einen Gesetzentwurf beschlossen, mit dem die Bundesregierung die finanzielle Lage der gesetzlichen Krankenkassen stabilisieren will.
Im Durchschnitt stieg der Zusatzbeitrag laut GKV-Spitzenverband für 2023 um 0,2 Prozentpunkte. Doch nicht alle Krankenkassen haben diesen erhöht. So bleiben beispielsweise die Barmer und die Techniker Krankenkasse (TK) bei ihrem Vorjahressatz.
Woher rührt das Defizit, in dessen Folge die Krankenversicherung teurer wird? Dazu sagt der GKV-Spitzenverband: «Die Finanzierungslücke in 2023 ist das Ergebnis konkreter politischer Entscheidungen in der Vergangenheit. Einerseits wurden Gesetze beschlossen, die zu strukturell höheren Ausgaben führten, andererseits gab es keine nachhaltige Gegenfinanzierung.» Gesundheitsminister Lauterbach nennt zudem den demografischen Wandel als Ursache. Die Gesellschaft wird immer älter und verursacht dadurch mehr Kosten für die Krankenkassen. Auch durch die Corona-Pandemie entstanden viele zusätzliche Ausgaben.
Zuwanderung ist definitiv kein Grund für die gestiegenen Beiträge. Asylsuchende sind grundsätzlich nicht gesetzlich versichert, sondern haben im Leistungsfall Ansprüche nach dem Asylbewerberleistungsgesetz (AsylbLG).
Zuständig für die Umsetzung und die Finanzierung sind die Länder beziehungsweise die von ihnen bestimmten Behörden. Der GKV-Spitzenverband ergänzt: «Innerhalb der ersten 18 Monate des Aufenthalts in Deutschland (sogenannte Wartezeit) wird die Leistungsgewährung in der Regel über die Ausgabe von speziellen Behandlungsscheinen durch die Sozialämter sichergestellt.» Auch das Gesundheitsministerium bestätigt, dass staatliche Stellen die gesundheitliche Versorgung übernehmen. Solange das Asylverfahren läuft, werden die Etats der Krankenkassen also nicht belastet.
Erst nach der Wartezeit betreuen die gesetzlichen Krankenkassen die Asylbewerberinnen und –bewerber. Die Krankenkassen erhalten dann die Aufwendungen von den Trägern der Sozialhilfe erstattet. «Es entstehen also hier keine Kosten für die GKV, die Einfluss auf die Höhe der Beiträge von gesetzlich Versicherten haben», so der GKV-Spitzenverband auf Anfrage.
In einzelnen Fällen betreuen die Krankenkassen nach einem Auftrag Menschen schon innerhalb der Wartezeit. «Solche Rahmenvereinbarungen gibt es unserer Kenntnis nach aktuell in Bremen, Hamburg, Berlin, Brandenburg, Niedersachsen, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein und in Thüringen.» Auch in diesen Fällen erhielten die Krankenkassen die vereinbarten Leistungen durch die zuständigen Träger des AsylbLG erstattet, so der GKV-Spitzenverband.
Für Fachkräfte aus dem Ausland beziehungsweise ausländische Arbeitnehmer gilt eine Versicherungspflicht, wie beispielsweise Barmer und TK erklären. Das geht auch aus dem Sozialgesetzbuch hervor.
Die GKV ergänzt, dass Fachkräfte aus Ländern außerhalb der EU bei Aufnahme einer Beschäftigung wie EU-Staatsangehörige unter anderem in die gesetzliche Krankenversicherung einbezogen würden. «Sie zahlen Sozialversicherungsbeiträge, die sich nach dem Arbeitsentgelt aus ihrer Beschäftigung bemessen.»
Es ist sogar davon auszugehen, dass die Beiträge ohne Zuwanderung höher wäre. Die TK hat für den Tagesspiegel Background 2020 ermittelt, dass gesetzliche Krankenversicherungen durch die Zuwanderung entlastet wurden. Die Erklärung: «Wir vermuten, dass Zuwanderer weniger beitragsfrei mitversicherte Familienangehörige haben und schon deshalb einen etwas überproportionalen Beitrag zur Finanzierung der GKV leisten.»
In einem Statement des GKV-Spitzenverbandes von 2018 wird ein weiterer Pluspunkt genannt: «Insbesondere in Bezug auf den demografischen Wandel trägt Migration zur Stabilisierung der Sozialsysteme bei.» Es kämen hauptsächlich junge Menschen nach Deutschland, die «tendenziell geringere Gesundheitsausgaben verursachen als der Durchschnitt der Versicherten.»
(Stand: 18.1.2023)