Stößt ein einziger Vulkan in zwei Sekunden so viel CO2 aus wie die gesamte Menschheit in einem Jahr? Das zumindest behaupten Nutzerinnen und Nutzer auf X, Instagram, Facebook und Telegram. Sie teilen dazu eine Weltkarte vom 6. Juli 2024, der zufolge es weltweit mehr als 29 „aktive Vulkane“ gebe. Der menschengemachte Klimawandel sei ein Märchen, heißt es in den Beiträgen mit tausenden Aufrufen.
Doch die Rechnung in Sozialen Netzwerken ist falsch: Pro Jahr stoßen Menschen ein Vielfaches des CO2s aller aktiven Vulkane aus.
Karte in Sozialen Netzwerken zeigt Vulkane, die ausbrechen oder eventuell bald ausbrechen
Aber was sind eigentlich aktive Vulkane? Laut dem Geologischen Dienst der USA (USGS) zählen dazu nicht nur Vulkane, die aktuell ausbrechen, sondern auch solche, die in den letzten etwa 10.000 Jahren einmal ausgebrochen sind oder die ein junges „magmatisches System“ haben und daher ausbrechen könnten. Auch ruhende Vulkane sind also aktiv. So kommt der USGS auf mehr als 1000 potentiell aktive Vulkane.
Die Weltkarte in den Beiträgen dagegen zeigt aktuell „ausbrechende Vulkane“ (rot) und Vulkane mit „geringer Aktivität“ oder einer Warnung über einen möglichen Ausbruch (orange). Sie stammt von der Webseite Volcano Discovery, auf der täglich Informationen zu Vulkanausbrüchen erscheinen. Die Karte vom 6. Juli, die in Sozialen Netzwerken kursiert, ist nicht mehr online, die meisten der Angaben decken sich aber mit einer archivierten Karte vom 30. Juni. Auch aktuell (Stand: 30. Juli) gibt es mehr als 29 ausbrechende Vulkane.
Wichtig ist auch: Ein Vulkan stößt CO2 nicht nur aus, wenn er ausbricht, sondern auch, wenn er aktiv ist. Wie die National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) auf ihrer Webseite erklärt, wird CO2 aus dem unterirdischen Magma beispielsweise über Öffnungen, poröses Gestein oder Wasser freigesetzt. Ein Beispiel: Der aktive Vulkan Cumbre Vieja auf der spanischen Insel La Palma stößt laut dem Vulkanologischen Institut der Kanarischen Inseln durchschnittlich pro Tag 530 Tonnen CO2 aus. Als er Ende 2021 ausbrach, erhöhte sich die Menge zwischenzeitlich auf bis zu 2.000 Tonnen CO2 pro Tag.
Jährlicher CO2-Ausstoß aller aktiven Vulkane entspricht nur etwas ein bis drei Prozent der menschengemachten CO2-Emissionen
Auch wenn aktive Vulkane dauerhaft CO2 ausstoßen, liegt ihr Anteil deutlich unter den CO2-Emissionen des Menschen. Laut Angaben des Weltklimarats (IPCC) aus 2021 setzten diese pro Jahr 637 Millionen Tonnen CO2 frei. Die CO2-Emissionen durch den Menschen, die durch die Verbrennung fossiler Energieträger und aus Industrieprozessen entstehen, liegen im Vergleich dazu seit 2006 jährlich bei mehr als 30 Milliarden Tonnen, 2023 waren es 37 Milliarden Tonnen. Der Anteil des CO2, das Vulkane ausstoßen, ist also weniger als zwei Prozent dessen, was durch Menschen an CO2 ausgestoßen wird.
Das bestätigte uns auch Boris Behncke, Vulkanologe am Nationalen Institut für Geophysik und Vulkanologie in Italien, für einen Faktencheck 2021: Alle Vulkane der Welt würden insgesamt nur ein bis drei Prozent der menschengemachten CO2-Produktion ausstoßen, sagte er.
Auch, wenn man nur die aktuell ausbrechenden Vulkane, also jene auf der Karte, die in Sozialen Netzwerken geteilt wird, betrachtet, würde die Behauptung dazu nicht stimmen: Wie die National Oceanic and Atmospheric Administration (NOAA) auf ihrer Webseite schreibt, sind Vulkanausbrüche nur gelegentlich so stark, dass die freigesetzte Menge an CO2 für einige Stunden den vom Menschen verursachten Emissionen im selben Zeitraum entspreche oder diese übersteige.
Das war beispielsweise 1980 beim Mount St. Helens in den USA oder 1991 beim Pinatubo auf den Philippinen etwa neun Stunden lang der Fall. Diese hätten laut einer Studie, auf die die NOAA sich beruft, pro Stunde zwischen 1.000.000 und 6.000.000 Tonnen CO2 ausgestoßen – also deutlich weniger als die Menschheit pro Jahr. Dazu kommt: Menschen stoßen immer weiter CO2 aus, während Vulkane nach dem Ausbruch wieder weniger CO2 ausstoßen.
Vulkanausbrüche führen häufig zur kurzzeitigen globalen Abkühlung statt Erwärmung
Starke Vulkanausbrüche in der Geschichte, die teils über hunderttausende Jahre andauerten, haben zwar laut NOAA die globalen Temperaturen erhöht. Heutzutage sei das aber nicht mehr der Fall, im Gegenteil: Vulkanausbrüche haben oft einen Abkühlungseffekt. Das liege daran, dass sie – neben CO2 – Asche und Aerosolpartikel in die Atmosphäre ausstoßen, die das Sonnenlicht zurück ins Weltall reflektieren.
Der Weltklimarat schreibt in seinem Bericht von 2021: „Vulkanausbrüche können die Erde stark abkühlen, aber dieser Effekt ist nur von kurzer Dauer, und ihr Einfluss auf die Oberflächentemperaturen schwindet in der Regel innerhalb eines Jahrzehnts nach dem Ausbruch.“
Wie wenig Vulkanausbrüche zur aktuellen globalen Erwärmung beitragen, zeigt auch eine Grafik des Weltklimarats. Weder die Sonnen- noch Vulkanaktivität können demnach den starken Anstieg der Temperaturen in den vergangenen Jahrzehnten erklären. Laut dem Weltklimarat war der Treibhausgas-Anteil in der Atmosphäre in den letzten mindestens 800.000 Jahren noch nie so hoch wie heute.
Redigatur: Gabriele Scherndl, Matthias Bau
Die wichtigsten, öffentlichen Quellen für diesen Faktencheck:
- Sechster Sachstandsbericht, IPCC, 2021: Link (PDF, Englisch)
- Artikel: „Which emits more carbon dioxide: volcanoes or human activities?“, 15. Juni 2016: Link (archiviert, Englisch)