In den sozialen Netzwerken ist zu lesen, dass ein Militärgericht die ehemalige Kongressabgeordnete Liz Cheney am 21. April 2023 wegen Hochverrats «zum Tode durch den Strang» verurteilt hätte. Aber kann das sein?
Fakten: Eine Suche nach der Überschrift und dem Autor des Artikels führt zu einem Beitrag vom 23. April 2023 auf der Plattform «Real Raw News». Die Website ist bekannt dafür, zu verschiedenen Themen falsche oder zweifelhafte Behauptungen zu verbreiten, wie die dpa in der Vergangenheit bereits mehrfach in Faktenchecks darlegte. Das Medium versteht sich nach eigenen Angaben als parodierend und satirisch.Dem Artikel zufolge soll Liz Cheney aus Hass auf Donald Trump und aus Verbitterung über den Tod ihres Vaters Wahlbetrug begangen und damit ihren Amtseid verletzt haben. Darum sei sie von einem Militärgericht zum Tod durch Erhängen verurteilt worden, zu vollstrecken drei Tage darauf, am 24. April 2023. An der Geschichte ist aber von Anfang an so einiges unschlüssig.
Liz Cheney ist Juristin und republikanische Politikerin, ihrer Biografie nach war sie nie Teil der US-Streitkräfte. Um aber in den Vereinigten Staaten vor ein Militärgericht gestellt werden zu können, müsste sie laut Artikel 2 des Uniform Code of Military Justice (UCMJ), dem Gesetzbuch für die Militärgerichtsbarkeit, Soldatin oder Reservistin sein. Für Zivilisten gilt das UCMJ nur, wenn sie beim Militär angestellt sind oder Streitkräfte im Feldeinsatz begleiten – beides ist bei Cheney nicht der Fall.Mit der Todesstrafe können gemäß UCMJ 15 verschiedene Straftaten sanktioniert werden. Wahlbetrug gehört nicht dazu. Die letzte militärische Hinrichtung fand 1961 durch Erhängen statt, seitdem wurde die Todesstrafe beim Militär nicht mehr vollstreckt. Überdies würde eine Hinrichtung heutzutage per tödlicher Injektion in der Regel durch Kaliumchlorid vollzogen. Derzeit befinden sich vier Militärangehörige in der Todeszelle (Stand: 2023). Sie sind allesamt Männer und wurden wegen Mordes verurteilt.
Von den 27 Bundesstaaten in den USA, in denen die Todesstrafe überhaupt noch vollzogen wird, ist lediglich in dreien der Tod durch Erhängen theoretisch eine Option – zwei dieser Staaten haben die Todesstrafe aber zwischenzeitlich aufgehoben. Die letzte Hinrichtung durch Erhängen fand 1996 in Delaware statt, die überwiegende Zahl der Bundesstaaten setzt auch in der bürgerlichen Gerichtsbarkeit inzwischen Injektionen ein. Doch auch auf der Übersichtsseite zu den 2023 unabhängig vom Militär anstehenden Hinrichtungen ist Cheneys Name nicht zu finden.
Republikaner gegen Republikaner
Abgesehen von diesen Ungereimtheiten erfreute sich Liz Cheney Ende Mai 2023 noch bester Gesundheit. Im Rahmen einer Rede am Colorado College betonte sie die Wichtigkeit von Wahrheit für eine freie Gesellschaft. Sie verwies dort auch auf ihre eigene Geschichte im Zusammenhang mit der US-Wahl von 2020 und des Sturms auf das Kapitol am 6. Januar 2021.
Liz Cheney war Kongressabgeordnete für den Bundesstaat Wyoming und eine der Vorsitzenden der republikanischen Partei. Nachdem sie wiederholt scharfe Kritik am ehemaligen US-Präsidenten Donald Trump geübt und überdies noch den stellvertretenden Vorsitz im Untersuchungsausschuss zu den Ereignissen im Januar 2021 übernommen hatte, verlor sie zunächst ihre Führungsposition bei den Republikanern und schließlich auch die Vorwahlen für ihren Sitz als Abgeordnete im Repräsentantenhaus.
Für die Kampagne zu dieser Wiederwahl drehte im Sommer 2022 übrigens auch ihr Vater Dick Cheney, vormaliger Vize-Präsident und ebenfalls Republikaner, einen Wahlwerbespot. Insofern wurde auch er, anders als in dem Blogbeitrag von «Real Raw News» behauptet, nicht zum Tode verurteilt.
(Stand: 30.5.2023)