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Merz und Universität St. Gallen widersprechen: kein Lehrauftrag

Gestützt auf eine angebliche Anekdote wird in einem Leserbrief der Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz kritisiert. In dem Brief an den «Spiegel» heißt es, Merz habe – offenbar im Jahr 2005 oder zuvor – als Honorarprofessor an der Universität St. Gallen Vorlesungen in Wirtschaftswissenschaften angeboten. Es sei aber «zu Tumulten und Beschwerden der Studierenden» gekommen, «weil die Qualität und der Inhalt so miserabel waren». Die Universität habe die Zusammenarbeit vorzeitig beendet. Der Leserbrief mit diesen Angaben wird auch in den sozialen Netzwerken verbreitet. Aber ist der Inhalt auch korrekt?

Bewertung

Dafür gibt es keine Belege. Sowohl Merz als auch die Universität St. Gallen teilen mit, dass es keinen solchen Lehrauftrag gegeben habe. Der «Spiegel» hat den Brief inzwischen von seiner Website gelöscht.

Fakten

Die Behauptung über Merz wird von zwei Quellen dementiert: Zunächst schrieb ein Sprecher des Unions-Kanzlerkandidaten auf der Plattform X, dass es sich um «Unfug» handele: «Friedrich Merz hatte nie einen Lehrauftrag an der Universität St. Gallen. Entsprechend kann der Vorfall so nicht stattgefunden haben.»

Auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur schreibt auch die Universität aus dem schweizerischen St. Gallen, «dass Friedrich Merz keinen Lehrauftrag an der HSG hatte» und auch keine Honorarprofessur. Merz sei lediglich «höchst unregelmäßig» an der Universität aufgetreten. Die Universität nennt einen Auftritt bei einem Symposium im Jahr 2022 und bei einer Tagung zum Thema Steuern im Jahr 2007.

Der «Spiegel» hat den Leserbrief inzwischen von seiner Website gelöscht. In einer Stellungnahme heißt es: «Wir hätten diesen Brief nicht veröffentlichen dürfen. Für den vom Leser geschilderten Hergang finden sich keine Belege.» Man bitte Friedrich Merz und die Leserinnen und Leser um Entschuldigung.

Geht der Leserbrief auf einen KI-Fehler zurück?

Die «Süddeutsche Zeitung» schreibt in einem Bericht über den Leserbrief, dass sie mit dem Autor gesprochen habe. Dieser beruft sich auf die Studienzeit seines Sohnes in St. Gallen und eine Erwähnung eines Vorfalls mit einem «Herrn Merz», habe seinen Sohn aber nicht erreichen können. Stattdessen habe er zwei KI-Chatbots zu dem Vorfall befragt. Beide hätten diesen bestätigt. Daraufhin habe er den Leserbrief geschrieben. Auch der «Spiegel» schreibt in seiner Stellungnahme, dass der Autor auf Nachfrage eine solche Recherche beschrieben habe.

Doch offenkundig muss es dabei zu Fehlern gekommen sein, wie die Dementis von Friedrich Merz und von der Universität zeigen. Er sei «vielleicht ein bisschen blauäugig gewesen» sich auf die KI-Anwendungen zu verlassen, wird der Leserbrief-Autor in der «Süddeutschen Zeitung» zitiert. Ob seine Schilderung der Recherche stimmt, lässt sich nicht prüfen.

(Stand: 12.2.2025)

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Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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