Nach Höcke-Urteil: Höhe einer Geldstrafe hängt vom Einkommen ab - Featured image

Nach Höcke-Urteil: Höhe einer Geldstrafe hängt vom Einkommen ab

Nach einer fünfstelligen Geldstrafe für den Thüringer AfD-Landeschef Björn Höcke wegen des Verwendens einer verbotenen Nazi-Parole wird in sozialen Medien beklagt, deutschen Politikern gegenüber messe die Justiz mit zweierlei Maß. Verbreitet wird dazu eine Grafik, in der Höckes Geldstrafe mit Strafzahlungen anderer Politiker verglichen wird. Diese sind geringer. Doch der Kontext ist wichtig.

Bewertung

Die Höhe von Geldstrafen hängt unter anderem von der Höhe des Einkommens ab. Linken-Politiker Jürgens wurde zudem härter bestraft als angegeben.

Fakten

Höckes Urteil über eine Zahlung von 16 900 Euro werden in der verbreiteten Grafik nun angebliche Geldstrafen der Politiker Peer Jürgens (Linke, 7 200 Euro), Sebastian Edathy (SPD, 5 000 Euro) und Tino Günther (FDP, 3 000 Euro) gegenüber gestellt. In ihren Fällen ging es unter anderem um Fahrtkosten-Betrug, Kinderpornografie und sexuelle Belästigung.

Geldstrafen werden in Deutschland nach Tagessätzen vergeben. Ein Tagessatz entspricht nach dem Strafgesetzbuch einem Dreißigstel des Netto-Monatsgehalts. Hintergrund dieser Berechnung ist es, dass Menschen mit verschieden hohen Einkommen für das gleiche Vergehen verhältnismäßig gleich hart bestraft werden können.

In einem Urteil eines Strafprozesses werden in Deutschland daher Anzahl und Höhe der Tagessätze angegeben, keine Gesamtsumme. Ein Vergleich der Gesamtsumme ist daher nicht zielführend. Zudem handelt es sich um völlig unterschiedliche Tatvorwürfe mit verschiedenen Strafrahmen.

Wofür Höcke verurteilt wurde

Das Landgericht Halle verurteilte Höcke am 1. Juli 2024, weil er eine verbotene Nazi-Parole verwendet hatte. Es ging um den SA-Spruch «Alles für Deutschland». Wegen des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger und terroristischer Organisationen soll der AfD-Rechtsaußen eine Geldstrafe von 130 Tagessätzen zu je 130 Euro zahlen – in Summe also 16 900 Euro. Höckes Verteidiger legten Revision gegen das Urteil ein.

Es war bereits der zweite Prozess, in dem Höcke wegen der Verwendung verurteilt wurde. Das erste Strafverfahren gegen ihn war dem AfD-Politiker bereits bekannt, als er die Parole im Dezember 2023 erneut verwendete – und dafür nun zum wiederholten Mal verurteilt wurde.

Der Vorsitzende Richter Jan Stengel wies Höckes Vorhaltungen zurück, dass dieser das Opfer einer politischen Justiz sei. Die Staatsanwaltschaft hatte für den Politiker auch eine Freiheitsstrafe von acht Monaten beantragt, die zur Bewährung ausgesetzt werden sollte. Dem folgte der Richter nicht.

Was es mit den anderen Prozessen auf sich hat

Alle drei genannten Politiker haben vor Gericht ihre Fehler eingestanden.

Peer Jürgens (Linke): Im Fall des früheren brandenburgischen Landtagsabgeordneten verbreitet die Grafik völlig falsche Angaben. Jürgens wurde nämlich nicht nur zu einer Geldstrafe von 7 200 Euro verurteilt, sondern zusätzlich zu einer Freiheitsstrafe auf Bewährung. Höcke hingegen erhielt vom Landgericht Halle keine Haftstrafe.

Jürgens wurde im Herbst 2017 wegen gewerbsmäßigen Betrugs und Wahlfälschung schuldig gesprochen. Der Politiker hatte sich nach Ansicht des Potsdamer Amtsgerichts mit falschen Angaben zu seinen Wohnsitzen vom Landtag eine große Summe an Fahrtkosten- und Mietzuschüssen erschlichen. Das Gericht hielt Jürgens zugute, dass er glaubhaft Reue gezeigt habe.

Sebastian Edathy (SPD): Kein Gericht hat den früheren Bundestagsabgeordneten, dem der Besitz von Kinderpornografie vorgeworfen wurde, schuldig gesprochen. Die 5 000 Euro sind daher auch nicht als Geldstrafe zu verstehen. Vielmehr wurde mit der Zahlung der 5 000 Euro das Verfahren eingestellt. Eine Schuld Edathys wurde damit nicht nachgewiesen. Dessen Anwalt verlas aber damals eine Erklärung seines Mandanten, in der es hieß: «Ich habe eingesehen, dass ich einen Fehler begangen habe.»

Die Strafkammer beschloss mit Zustimmung von Staatsanwalt und Verteidigung im März 2015 die Einstellung des Verfahrens. Edathy ist damit nicht vorbestraft.

Tino Günther (FDP): Wegen eines Griffs an den Po einer langjährigen Parteikollegin wurde der damalige sächsische Parteivize im Januar 2024 zu einer Geldstrafe von 50 Tagessätzen à 60 Euro (insgesamt 3 000 Euro) verurteilt, wie mehrere Medien (hier und hier) berichteten. Günther akzeptierte das Urteil wegen sexueller Belästigung in einem Statement gegenüber der «Freien Presse». Die Zeitung zitierte zudem aus dem Prozess: «Ich entschuldige mich für das, was damals passiert ist», hat Günther demnach vor Gericht gesagt.

(Stand: 8.7.2024)

Fact Checker Logo

Politik, Gesellschaft

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

Nach oben scrollen