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Russische Beamtin wurde bezüglich neuem Brics-Bezahlsystem falsch zitiert

Im Januar 2024 erklärte eine russische Beamtin, dass „159 ausländische Teilnehmende“ einem russischen System für Banküberweisungen beigetreten seien. Im August 2024 missinterpretierten mehrere Medien die Aussage, wobei fälschlicherweise behauptet wurde, dass 159 „Länder“ kurz davor stünden, einem „neuen Brics-Zahlungssystem“ beizutreten. In der Berichterstattung wurde jedoch ein russisches Bezahlsystem mit einem noch nicht realisierten Vorhaben der Gruppe aufstrebender Schwellenländer (Brics) namens Brics Pay verwechselt. Ein Sprecher von Brics Pay teilte AFP zudem mit, dass ihm nichts dergleichen bekannt sei.

„159 Länder werden das neue Brics-Zahlungssystem einführen“ schrieb eine Facebook-Nutzerin am 17. August 2024. In dem Post teilte sie einen englischsprachigen Blogbeitrag gleichen Titels, der am 16. August 2024 veröffentlicht wurde. In dem Beitrag wird behauptet, dass Elwira Nabiullina, Präsidentin der russischen Zentralbank, diese Aussage getätigt habe.

„159 Länder Weltweit sind an einer De-Dolarisierung interessiert!!!“, heißt es zudem in einem Tiktok-Video, das über fünfhundert Mal geteilt wurde. „Die jüngste Ankündigung des Brics Zahlungssystems hat dazu geführt, dass 159 länder weltweit Interesse an einer Alternative zu SWIFT bekundet haben“, heißt es darin. Auch auf X und Telegram kursierte die Behauptung.

Die Behauptung wurde auch auf BulgarischChinesisch, RumänischSlowakisch und auf einer  ungarischen Website verbreitet.

Facebook-Screenshot der Behauptung: 13. September 2024

„Brics“ ist eine Abkürzung für die ehemaligen Schwellenländer und Kernmitglieder des sogenannten Brics-Block Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika. Der Block wurde später um weitere Schwellenländer erweitert.

Die online kursierende Falschbehauptung wurde wenige Wochen vor dem nächsten Brics-Gipfel verbreitet, der vom 22. bis 24. Oktober 2024 in der russischen Stadt Kasan stattfinden wird.

Verwirrung über verschiedene Zahlsysteme

Weltweit ist Swift (kurz für Society for Worldwide Interbank Financial Telecommunication) der am weitesten verbreitete Kommunikationskanal zum Austausch von Finanztransaktionsinformationen.

Aufgrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine wurden jedoch einige der wichtigsten russischen Banken vom globalen Zahlungssystem Swift ausgeschlossen. Daraufhin hatte Russland seine inländische Finanzinfrastruktur zunehmend ausgebaut: Mit dem sogenannten SPFS-System (kurz für System for Transfer of Financial Messages) für Banküberweisungen und dem Mir-System für Kartenzahlung.

Die Brics-Staaten haben ebenfalls Alternativen zu internationalen Finanzinstitutionen wie der Weltbank in Betracht gezogen. Moskau forderte die Brics-Staaten dazu auf, ein gemeinsames Zahlungssystem einzuführen und die Verwendung der nationalen Währungen der Mitglieder für den Handel zu erhöhen, um sich vom Dollar zu lösen.

Die sogenannte Brics Pay-Initiative wurde 2018 angekündigt. Laut deren Website soll sie zur Schaffung eines „digitalen internationalen Zahlungssystems mit mehreren Währungen“ beitragen. Sie verspricht, ein „Konverter für Zahlungsnachrichten zwischen verschiedenen Formaten“ zu sein, der laut der Initiative die Systeme SPFS, Swift und das chinesische Bezahlsystem Cips unterstützen wird. Auf der Brics Pay-Website wird jedoch nicht angegeben, wann das System in Betrieb genommen werden soll.

Das russische Finanzkommunikationssystem SPFS hingegen ist bereits in Betrieb und nicht dasselbe wie Brics Pay. Die falschen Beiträge und Artikel verwechseln die beiden.

Falsche Berichterstattung über „159 Länder“

Die online verbreitete Behauptung, dass 159 Länder dem Brics-Zahlungssystem beitreten werden oder gar bereits beigetreten sind, ist falsch: Es handelt sich um eine Fehlinterpretation eines Zitats von Elwira Nabiullina, Präsidentin der russischen Zentralbank, vom Januar 2024.

Der aktuell in sozialen Medien verbreitete Artikel vom 16. August 2024 stammt von der Website Watcher.guru. Darin werden keine Quellen genannt. Teile des Artikels sind jedoch identisch mit einem Bericht des russischen Staatsmediums Sputnik vom 30. Januar 2024 (hier archiviert):

Im Sputnik-Bericht vom Januar 2024 heißt es: „Die Präsidentin der russischen Zentralbank, Nabiullina, sagte gegenüber Sputnik, dass ‚[das SPFS-System] eine Alternative zu Swift ist‘. Darüber hinaus fügte sie hinzu: ‚Eine ähnliche Infrastruktur gibt es in einigen anderen Ländern. Wir führen Gespräche über die Interaktion solcher Plattformen, aber hier sind das Interesse und die technische Bereitschaft unserer Partner wichtig.'“

Watcher.guru schrieb im August 2024: „Nabiullina sagte, das System ’sei eine Alternative zu Swift‘. Darüber hinaus fügte sie hinzu: ‚Eine ähnliche Infrastruktur gibt es in einigen anderen Ländern. Wir führen Gespräche über die Interaktion solcher Plattformen, aber hier sind das Interesse und die technische Bereitschaft unserer Partner wichtig.'“

 

Sputniks Bericht vom Januar 2024 (links) und der Artikel von Watcher.guru vom August 2024 (rechts): Screenshots vom 11. September 2024

 

Im Folgenden unterscheiden sich die beiden Artikel jedoch. Auf Sputnik ist zu lesen: „Sie fügte hinzu, dass sich bereits 159 ausländische Teilnehmer aus 20 Ländern dem russischen System angeschlossen haben.“ Auf Watcher.guru wird das Zitat jedoch verfälscht: „Laut der Präsidentin der russischen Zentralbank, Elwira Nabiullina, sind 159 Länder bereit, das Brics-Zahlungssystem zu übernehmen, sobald es in Betrieb genommen wird.“

Am 10. September 2024 veröffentlichte Watcher.guru einen weiteren Artikel mit dem Titel „Brics bestätigt, dass 159 Teilnehmer das neue Zahlungssystem übernehmen werden“, ohne jedoch den vorherigen Artikel zu korrigieren. In diesem Artikel ist von „159 Teilnehmern“ die Rede, aber es scheint immer noch eine Verwechslung zwischen Brics Pay und dem russischen SPFS zu geben.

SPFS wird in der Tat bereits von einigen Ländern verwendet: Banken aus Armenien, Kuba und Kasachstan gehören zu denjenigen, die das russische System nutzen, wie die russische Nachrichtenagentur Tass im März 2024 berichtete.

Ein Sprecher von Brics Pay teilte AFP am 6. September 2024 mit, dass „ihnen keine Pläne für eine Einführung in 159 Ländern bekannt sind, wie in den irreführenden Social-Media-Beiträgen erwähnt“. Zudem teilte der Sprecher mit: „Die Arbeit an Brics Pay schreitet zwar voran, aber es wird eine schrittweise und sequentielle Entwicklung sein.“

RT korrigierte „159 Länder“ in „Teilnehmer“

Wie in einem AFP-Faktencheck festgestellt wurde, wurde dieselbe Falschbehauptung zudem auf Chinesisch über X verbreitet und daraufhin von dem russischen Staatssender RT (ehemals Russia Today) übernommen.

Mithilfe einer umgekehrten Bildsuche mit Standbildern aus der Videosequenz in den chinesischen Beiträgen konnte AFP eine Korrektur finden (hier archiviert), die auf dem offiziellen Konto von RT auf der chinesischen Social-Media-Plattform Weibo gepostet wurde:

Die von RT veröffentlichte Korrektur (automatische Übersetzung); Screenshot vom 10. September 2024

„Am 17. August 2024 veröffentlichte Russia Today (RT) auf seinem offiziellen Weibo-Konto die Nachricht: ‚159 Länder werden das neue Brics-Zahlungssystem einführen‘. Nach Überprüfung stellte sich heraus, dass es sich um eine Falschmeldung handelte“, postete RT am 22. August 2024. „Wir entschuldigen uns für die Veröffentlichung dieser ungenauen Informationen,“ fügte RT hinzu.

Fazit: In sozialen Medien wurden Artikel mit Falschbehauptungen verbreitet, welche die Präsidentin der russischen Zentralbank falsch zitierten: Nicht 159 Länder, sondern 159 Teilnehmende haben Interesse bekundet, ein neues Bezahlsystem der Brics-Staaten nach dessen Einführung zu übernehmen.

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Russland, Politik, Wirtschaft

Autor(en): Gundula HAAGE / AFP Hongkong / AFP Ungarn

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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