Bewertung
Falsch. Die sogenannte Sperrminorität bringt zwar Vorteile bei Gesetzesvorhaben etwa zur Änderung des Grundgesetzes, nicht aber beim Haushaltsgesetz.
Fakten
Bei den meisten Gesetzesvorhaben reicht die einfache Mehrheit von mehr Ja- als Nein-Stimmen, um den Bundestag zu passieren. Nur in Ausnahmefällen braucht es eine Zweidrittelmehrheit.
So reicht auch für die Verabschiedung eines Bundeshaushaltes die einfache Mehrheit, also mehr als 50 Prozent der abgegebenen Stimmen. Der Entwurf der Bundesregierung für einen Haushalt kann «nur mit der Mehrheit des Parlaments zum Gesetz werden», wie es auf der Seite des Bundestages heißt.
Den Haushalt für das Jahr 2024 zum Beispiel hatte der Bundestag am 2. Februar 2024 mit den Stimmen der damaligen Ampelkoalition aus SPD, Grünen und FDP beschlossen: mit 388 Ja-Stimmen gegen 279 Nein-Stimmen. Schon an diesem Beispiel zeigt sich: Eine Sperrminorität von einem Drittel der Parlamentssitze reicht beim Haushaltsgesetz nicht aus, um es zu verhindern.
Was mit einem Drittel der Stimmen verhindern könnte
Verfügt eine einzelne Partei im Bundestag über mindestens ein Drittel der Sitze (also über mehr als 33,3 Prozent – und nicht 30 Prozent, wie behauptet) kann sie aber tatsächlich wichtige Entscheidungen blockieren: nämlich solche, die mit den Stimmen von mindestens zwei Dritteln der Bundestagsabgeordneten beschlossen werden müssen.
Dabei wird unterschieden in eine einfache und eine absolute Zweidrittelmehrheit. Die einfache Zweidrittelmehrheit bezeichnet die Zustimmung von zwei Dritteln der bei einer Abstimmung abgegebenen Stimmen – also zwei Drittel der anwesenden Parlamentarier. Damit kann der Bundestag unter anderem den Verteidigungs- und den Spannungsfall feststellen.
Ist eine absolute Zweidrittelmehrheit verlangt, müssen zwei Drittel aller gesetzlichen Mitglieder des Bundestages zustimmen. Das heißt für die aktuelle Parlamentsgröße: Eine Zustimmung muss von mindestens 489 (von aktuell insgesamt 733) Parlamentariern kommen. Das ist für Gesetzesbeschlüsse erforderlich, die das Grundgesetz ändern, wie es in Artikel 79 des Grundgesetzes festgelegt ist.
Grundsätzlich werden auch die 16 Richter am Bundesverfassungsgericht mit einer Zweidrittelmehrheit gewählt – die eine Hälfte vom Bundestag, die andere vom Bundesrat. Um bei möglicherweise veränderten Mehrheitsverhältnissen in der Zukunft zu verhindern, dass es zu einer Sperrminorität kommt, die eine Richterwahl blockieren könnte, haben sich SPD, Union, Grüne und FDP aber jüngst auf einen Ersatzwahlmechanismus geeinigt: Falls absehbar keine Zweidrittelmehrheit zustande kommt, kann das Wahlrecht vom Bundestag auf den Bundesrat übergehen und umgekehrt.
(Stand: 9.1.2025)