Bewertung
Nein, am Great Barrier Reef wurden zuletzt enorme Korallenverluste beobachtet – in zwei von drei Gebieten die stärksten seit Beginn der Messungen.
Fakten
Das Great Barrier Reef im Nordosten Australiens ist die größte Ansammlung von Korallenriffen der Welt. In den rund 2.500 einzelnen Riffen leben 400 Korallenarten sowie tausende andere, teils bedrohte Tierarten. Die Riffgruppen verteilen sich über drei Regionen und gelten als eines der komplexesten Ökosysteme weltweit.
In dem Video im Netz heißt es, in mehreren Regionen des Riffs sei von starkem Korallenwachstum berichtet worden. Außerdem hätten nur drei der untersuchten Riffe Korallenbleiche gezeigt, es wären auch nur wenige Flächen betroffen gewesen. Ein «Paradebeispiel für ökologische Widerstandskraft», erklärt der Sprecher in dem Video.
Untersuchungen zeigen eine saisonale Entlastung
Als Beleg für die Behauptungen wird der Bericht zur Riffgesundheit der Great Barrier Reef Marine Park Authority (GBRMPA) von Juni 2025 eingeblendet. Dieser bezieht sich auf einen Untersuchungszeitraum zwischen 14. April und 31. Mai 2025. Dort steht wirklich, dass in nur drei von 34 untersuchten Riffen Korallenbleiche und diese auch nur in geringem Maße festgestellt worden sei.
Direkt im Anschluss findet sich aber der Hinweis, dass das auf eine saisonale Entlastung aufgrund der kühleren Monate zurückzuführen ist. Zwischen März und Mai ist in Australien nämlich Herbst. So wurde zum Beispiel im Folgezeitraum zwischen 1. Juni und 20. Juli 2025 – im australischen Winter – an 44 untersuchten Riffen gar keine Korallenbleiche beobachtet.
Von Wachstum und Erholung steht nur im Juli-Bericht etwas im Zusammenhang mit dem Dornenkronenseestern, einem Fressfeind von Korallen: So ermöglichte dessen Bejagung zwischen Juli 2024 und Juni 2025, dass sich die Korallenpopulation an rund der Hälfte der 237 überwachten Riffe erholen konnte. Ein «starkes Korallenwachstum» wird in den Monatsberichten allerdings nirgends erwähnt.
Das genaue Gegenteil ist nämlich der Fall: Nach Angaben des aktuellen Jahresberichts des Australischen Instituts für Meereswissenschaften (AIMS) wurde in allen Regionen des Great Barrier Reef ein Rückgang der Korallenbedeckung verzeichnet – in zwei der drei sogar so stark wie seit Beginn der Aufzeichnungen nicht.
Am Riff sind enorme Schwankungen erkennbar
Zwischen August 2024 und Mai 2025 wurden für den AIMS-Bericht 124 Riffe im Great Barrier Reef untersucht, um die Folgen einer Massenkorallenbleiche im Jahr 2024 festzustellen. Bei dem Phänomen reagieren die Korallen auf die steigenden Meerestemperaturen: Sie stoßen die Algen ab, die sie zum Überleben brauchen. Dabei verlieren sie ihre Farbe, bleichen also gewissermaßen aus. Bleiben die Wassertemperaturen zu lange hoch, sterben die Korallen ab.
Insgesamt ging der Korallenbestand laut dem Statusbericht in allen Regionen gegenüber 2024 teils erheblich zurück, zwischen rund 14 Prozent im zentralen Abschnitt und 30 Prozent im Süden des Riffs. Bei rund der Hälfte der untersuchten Riffe wurde ein Rückgang an Korallen verzeichnet und nur bei 10 Prozent ein Anstieg – von «starkem Korallenwachstum» ist auch hier keine Rede.
Hauptursache für den Rückgang war dem AIMS zufolge die Korallenbleiche von 2024. Diese war die Fünfte in Folge und betraf das erste Mal nahezu alle Korallenriffe in Australien. Vor allem in den Gebieten, in denen die Arten der Gattung Acropora vorherrschte. Diese schnellwachsenden Korallen hatten in der Vergangenheit zunächst für eine Erholung am Great Barrier Reef gesorgt.
Für den Leiter des Programms, Mike Emslie, ist das ein Anzeichen für ein belastetes Ökosystem: «Wir beobachten, dass die Korallenbedeckung in relativ kurzer Zeit zwischen Rekordtiefs und Rekordhochs schwankt, während solche Veränderungen früher moderat waren.» Die Ergebnisse wertet das Institut als deutliche Hinweise auf den Klimawandel: So habe die Erwärmung der Meere weiterhin «erhebliche und rasante Auswirkungen auf die Korallengemeinschaften des Riffs».
(Stand: 12.8.2025)