Bewertung
Falsch. Einem US-Bericht zufolge fließen rund 12 Prozent der Auslandshilfen direkt an lokale Organisationen im Empfängerland. Der Großteil der Hilfen aber wird über internationale Organisationen in Richtung der Betroffenen abgewickelt.
Fakten
Dem Fortschrittsbericht der US-Entwicklungsbehörde USAID (US Agency for International Development) für das Jahr 2024 zufolge (S. 5) wurden 12,1 Prozent ihrer Hilfsgelder direkt an lokale nichtstaatliche Organisationen (NGOs) und Behörden in Empfängerländern vergeben.
Das dahinterstehende Konzept zur Entwicklungsarbeit, das auch die EU als bedeutsam erachtet, wird als «Lokalisierung» bezeichnet – also die Praxis, lokale Akteure stärker in Planung, Umsetzung und Kontrolle von Entwicklungsprojekten einzubeziehen.
Dabei geht es laut Welthungerhilfe darum, Macht, Ressourcen und Verantwortung weg von internationalen Gebern und Organisationen hin zu lokalen Gemeinschaften, Organisationen und Regierungen zu verlagern.
Der US-Bericht legt also lediglich dar, dass 12,1 Prozent der USAID-Ausgaben lokal vergeben wurden. Und er nennt auch explizit Reformvorhaben (S. 5): So sollen etwa Ende 2025 rund 25 Prozent der Hilfsgelder direkt und lokal vergeben werden.
Das bedeuten im Umkehrschluss jedoch nicht, dass der Rest zweckentfremdet wird oder nicht bei Bedürftigen ankommt.
USAID nur ein Teil der US-Auslandshilfe
USAID gibt Hilfsgelder laut US-Kongress hauptsächlich über «implementierende Partner» aus, das heißt: Private Auftragnehmer, NGOs wie etwa Unicef oder das Rote Kreuz, ausländische Regierungen oder andere US-Regierungsbehörden.
Nach Kongress-Angaben sind nur 7,7 Prozent der USAID-Ausgaben «administrative Kosten». Allerdings schließt das demnach nicht zwingend auch administrative Kosten der implementierenden Partner ein.
Der US-Thinktank Center for Global Development sieht die Ausgaben an nicht-lokale Akteure vor allem als Maßnahme zur Vorbeugung von Korruption und Veruntreuung.
Vance‘ Behauptung zur vermeintlich geringen Wirksamkeit der US-Auslandshilfe lässt zudem außer Acht, dass nur einen Anteil der gesamten US-Auslandshilfe durch USAID verantwortet wird, wie einer Datenbank der US-Behörden zu deren Auslandshilfen zu entnehmen ist.
Vance beruft sich in dem Interview eigenen Aussagen zufolge auf US-Außenminister Rubio. Der hatte ähnliche Behauptungen zuvor mindestens zweimal (hier und hier) bei öffentlichen Presseterminen geäußert.
Um Geld zu verteilen, sind Strukturen nötig
Kritik an bürokratischen Strukturen ist legitim. Dennoch ist die Vorstellung, dass Auslandshilfe verlustfrei am Einsatzort ankommt, unrealistisch. Denn wer humanitäre oder Entwicklungshilfe leistet, muss vieles organisieren. Dem USAID-Bericht zufolge wird der Großteil dieser Arbeit noch innerhalb der USA verrichtet.
Damit Leistungen Menschen in anderen Ländern erreicht, werden unter anderem Transportmittel, Fahrer, Organisationen mit Büros, Juristen, Buchhaltung oder Planung benötigt. Auch gewinnorientierte Auftragnehmer können an solchen Prozessen beteiligt sein.
Erst Anfang Juli hat Rubio das offizielle Ende von Auslandshilfen durch die US-Entwicklungsbehörde USAID verkündet. Mit dieser Entscheidung drohen nach einer Studie im Fachjournal «The Lancet» schwerwiegende Folgen. Die Autoren rechnen bis zum Jahr 2030 mit mehr 14 Millionen zusätzlichen Todesfällen, darunter Millionen Kleinkindern, infolge wegfallender Hilfsmaßnahmen.
(Stand: 10.07.2025)