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Verschiedene Krankheitserreger, verschiedene Impfstoffe

Die Corona-Pandemie hat mRNA-Impfstoffe in den Fokus der Öffentlichkeit gerückt – darum sind auch viele Gerüchte darüber im Umlauf. In den sozialen Medien verbreitet sich im Juli 2024 die Aussage, dass es von Juni 2024 an «keine Impfung mehr ohne mRNA» gebe. Das wüsste die Userin von einer «Brixlegger Augenärztin aus erster Hand», steht in dem Screenshot einer Chat-Nachricht. Auch auf Ärztekongressen würde das «offiziell» vorgetragen. Doch stimmt das – Impfstoffe nur noch mit mRNA-Technologie?

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Falsch. Nur die Covid-19-Impfstoffe sind zugelassene mRNA-Impfstoffe. Das bestätigen das Paul-Ehrlich-Institut und das Bundesministerium für Gesundheit.

Fakten

In Deutschland sind die Covid-19-Impfstoffe die ersten und bisher einzigen zugelassen mRNA-Impfstoffe. Andere Impfungen nutzen nach wie vor Tot- bzw. Lebendimpfstoffe oder Vektorimpfstoffe. Ein Blick auf die Internetseite des Paul-Ehrlich-Instituts (PEI) bestätigt dies. Dort findet man eine Liste aller zugelassenen Impfstoffe, in der auch die Art des Impfstoffes angegeben ist. Der Zusatz «mRNA» findet sich nur bei einigen Covid-19-Impfstoffen.

Mit Verweis auf die offiziell zugelassenen Impftypen sei die Behauptung daher «Unsinn», wie das Bundesministerium für Gesundheit der Deutschen Presse-Agentur (dpa) auf Anfrage mitteilt. Auch, dass es in Zukunft ausschließlich mRNA-Impfungen gibt, sei sehr unwahrscheinlich.

Unterschiedliche Impfstoffe für unterschiedliche Erreger

Es ist nämlich so: Die Wahl des Impfstofftyps hängt von verschiedenen Faktoren ab, aber vor allem von den Eigenschaften des Erregers. Es gibt viele Impfungen, die sehr gut funktionieren. Das PEI erklärte daher: «Weder wäre es sinnvoll, noch möglich, Impfstoffe, die eine Zulassung haben und deren Qualität, Wirksamkeit und Sicherheit nachgewiesen ist, vom Markt zu nehmen.»

Das bestätigt Stefan Kaufmann der dpa schriftlich. Der Experte vom Max-Planck-Institut für Infektionsbiologie erklärte, unterschiedliche Krankheitserreger würden unterschiedliche Impfstoffe erfordern. Daher könne die mRNA-Impfung für bestimmte Erkrankungen, bei denen das Toxin die Ursache sei, an Bedeutung gewinnen, aber sie werde nicht alle Impfungen ersetzen.

Eine mRNA-Impfung funktioniert folgendermaßen: Bei der Impfung wird Erbinformation des Erregers eingesetzt, die Zellen nehmen diese mRNA auf und produzieren daraufhin das eine Antigen selbst. Vor allem bei komplexen Erregern, wie Tuberkulose, bei denen aber mehrere Faktoren und Erregermoleküle zusammen spielen, sei eine mRNA-Impfung daher nicht ausreichend.

Die Augenärztin aus Brixlegg

Brixlegg ist eine kleine Gemeinde in Tirol. Die Suche nach einer Augenarztpraxis bei der Ärztekammer Tirol ergibt nur einen Treffer. Auch die Augenärztin bestätigt, die einzige in der Gemeinde zu sein. Sie bestreitet, jemals etwas über mRNA-Impfstoffe gesagt zu haben. «Ich bin Augenärztin – ich habe nichts zu tun mit Impfungen oder dergleichen», erklärte sie der dpa per Mail. «Ich habe bereits versucht, rechtlich dagegen vorzugehen, aber niemand will sagen, von wem die Behauptung stammt.»

Die Augenärztin kommt aus Österreich – wie ist dort die Lage? «Die aufgestellte Behauptung entbehrt jeglicher Grundlage und ist völlig an den Haaren herbeigezogen», teilte ein Sprecher der österreichischen Ärztekammer mit. Auch in Österreich seien mRNA-Impfstoffe ausschließlich gegen Covid-19 zugelassen. Das bestätigt ein Blick in die Liste aller offiziell zugelassenen Impfstoffe auf der Seite des Bundesamts für Sicherheit im Gesundheitswesen.

Was es mit den mRNA-Antibiotika auf sich hat

Im Post wird außerdem behauptet, dass Antibiotika angeblich schon seit Juni 2023 mit mRNA hergestellt werden. «Das ist Blödsinn», sagte Jörg Vogel der dpa. Er ist Professor für Molekulare Infektionsbiologie an der Julius-Maximilians-Universität in Würzburg. Es gebe noch keine klinischen Studien, die Antibiotika auf mRNA-Basis untersuchen – bei denen also eine mRNA in den Körper gespritzt wird.

Zur gleichen Einschätzung kommt auch Norbert Polacek, Professor für RNA Biochemie an der Universität Bern. Er beschäftigt sich seit vielen Jahren mit Fragestellungen rund um die RNA-Biologie. «Da liegt ein Missverständnis vor», sagte Polacek. «“mRNA Antibiotika“ gibt es nicht und wird es wohl auch nie geben, da für die Biosynthese von echten Antibiotika weit mehr als nur ein Protein/Enzym nötig ist.»

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Wissenschaft, Corona, Gesundheit

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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