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Viele Flüchtlinge suchen Schutz in muslimischen Ländern

In einem Facebook-Post wird behauptet, dass rund 85 Prozent der Flüchtlinge weltweit Muslime seien. Trotzdem würden sie nicht in den 56 muslimischen Ländern Zuflucht suchen, sondern beantragten Asyl «nur in nicht-muslimischen Ländern». Diese oder ähnliche Behauptungen kursieren immer wieder im Netz – doch die Wirklichkeit sieht anders aus.

Bewertung

Es stimmt zwar, dass ein großer Teil der Flüchtlinge muslimischen Glaubens ist, doch die genannten 85 Prozent sind zu hoch gegriffen. Zudem nehmen Länder mit mehrheitlich muslimischer Bevölkerung viele Flüchtlinge auf.

Fakten

Die religiöse Zugehörigkeit von Flüchtlingen wird selten exakt erfasst. Das macht eine präzise Aussage darüber, wieviel Prozent der Flüchtlinge einer Religion angehören, schwierig. Dass 85 Prozent der Flüchtlinge weltweit Muslime sind, wie im Sharepic behauptet, ist jedoch erkennbar falsch.

Ende 2024 gab es laut UNHCR, dem Flüchtlingshilfswerk der Vereinten Nationen, rund 123,2 Millionen gewaltsam vertriebene Menschen. Unter ihnen waren 42,7 Millionen Flüchtlinge, 73,5 Millionen sogenannte Binnenflüchtlinge (Menschen, die innerhalb ihres eigenen Landes vertrieben wurden) und 8,4 Millionen Asylsuchende. Zu den Gründen für die Vertreibung zählen Verfolgung, Konflikte, Gewalt, Menschenrechtsverletzungen oder Ereignisse, die die öffentliche Ordnung ernsthaft stören.

Die meisten Flüchtlinge kamen aus Venezuela (6,2 Millionen). Danach folgten Syrien (6 Millionen), Afghanistan (5,8 Millionen), die Ukraine (5,1 Millionen) und Südsudan (2,3 Millionen). In Syrien, Afghanistan und im Südsudan ist der Islam die Hauptreligion. In Venezuela und der Ukraine herrschen verschiedene Zweige des Christentums vor.

Damit stammen zwar viele Geflüchtete aus mehrheitlich muslimischen Ländern, doch Ukrainer und Venezolaner machten 2024 allein mehr als ein Viertel aller Flüchtlinge aus. Das macht 85 Prozent muslimische Flüchtlinge unwahrscheinlich. Flüchtlinge, die aus einem mehrheitlich muslimischen oder christlichen Land kommen, sind auch nicht automatisch Muslime oder Christen. Manchmal ist eine andere Religion als die der Mehrheit sogar der Grund für Verfolgung und Flucht.

Definition als muslimisch nach der OIC

Die 56 muslimischen Länder, die im Sharepic genannt werden, beziehen sich wahrscheinlich auf die 56 Länder, die der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) angeschlossen sind. Darunter zum Beispiel Saudi-Arabien, Ägypten und die Türkei. Häufig werden 57 Mitgliedstaaten genannt, doch Syriens Mitgliedschaft wurde 2012 ausgesetzt.

Die OIC stellt jedoch nicht klar, ab wann ein Land als «islamisch» gilt. Indien ist beispielsweise kein Mitglied, dabei machen Muslime etwa 14 Prozent der Bevölkerung aus. Auch der Kosovo mit 95 Prozent muslimischer Bevölkerung ist nicht Mitglied der OIC. Auf der anderen Seite ist Guyana ein Mitgliedsstaat, obwohl dort nur etwa acht Prozent der Bevölkerung muslimischen Glaubens sind.

Muslimisch geprägte Länder nehmen viele Flüchtlinge auf

Von 2015 bis 2024 haben die meisten Flüchtlinge (3,5 Millionen) laut UNHCR im Iran Schutz gesucht. Danach folgen die Türkei (3,3 Millionen), Kolumbien (2,8 Millionen), Deutschland (2,7 Millionen) und Uganda (1,8 Millionen). Pakistan und Tschad führen die Liste weiter. Vier dieser sieben Länder – Iran, Türkei, Pakistan und Tschad – sind mehrheitlich muslimisch. Das widerlegt die Aussage des Sharepics, dass Muslime nur in nicht-muslimischen Ländern Zuflucht suchen und Asyl beantragen.

Kulturelle und soziale Aspekte spielen eine Rolle

Zudem gibt es wissenschaftliche Hinweise darauf, dass soziale und kulturelle Nähe eine ausschlaggebende Rolle bei der Entscheidung spielen, wohin Menschen gehen. Dazu passt, dass 67 Prozent aller Flüchtlinge laut UNHCR in den Nachbarstaaten ihrer Herkunftsländer leben. Das ist ein weiteres Argument gegen die Aussage, dass Muslime ausschließlich in nicht-muslimischen Ländern Zuflucht suchen.

(Stand: 3.9.2025)

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Migration, Religion

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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