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WEF plant keine KI-Version der Bibel

Ein Vertreter des Weltwirtschaftsforums WEF soll gefordert haben, dass Künstliche Intelligenz (KI) die Bibel umschreibt und «Religionen schafft, die sachlich korrekt sind». Entsprechende Gerüchte geistern in verschiedenen Sprachen durch die sozialen Netzwerke. Strebt das WEF wirklich eine neue Version der Bibel an? Und was hat der Autor und Historiker Yuval Noah Harari damit zu tun, dessen Name in dem Zusammenhang genannt wird?

Bewertung

Nein, das WEF hat nie ein Umschreiben der Bibel verlangt. Der Autor Harari hat zwar über die Möglichkeit gesprochen, dass Künstliche Intelligenz zur Schaffung religiöser Texte eingesetzt werden könnte. Aber auch er hat das weder befürwortet noch gar gefordert. Zudem spricht Harari nicht für das Weltwirtschaftsforum.

Fakten

Als Quelle der Falschinformation ist vielfach die Website The People’s Voice auszumachen, die früher Newspunch hieß und schon häufiger mit Desinformationen aufgefallen ist. Diese Seite veröffentlichte im Juni entsprechende Behauptungen. Sie hat schon in der Vergangenheit öfter Gerüchte über das Weltwirtschaftsforum und Yuval Noah Harari verbreitet, die vom dpa-Faktencheck widerlegt wurden, etwa hier, hier und hier.

Der Artikel von The People’s Voice greift ein Interview mit Yuval Noah Harari auf, der unter anderem mit seinem Buch «Kurze Geschichte der Menschheit» bekannt wurde. Aber seine Aussagen wurden verfälscht. Der Autor äußert sich in der Sendung einer portugiesischen Stiftung vom 19. Mai 2023. Yuval Noah Harari hat das vollständige Video am 6. Juni auf seinem YouTube-Kanal veröffentlicht. Er spricht darin über mögliche Auswirkungen der Künstlichen Intelligenz auf unsere Zukunft.

Die Passage zur Religion, die The People’s Voice herauspickt, beginnt bei Minute 07:20. Yuval Noah Harari erklärt dort, die KI sei «die erste Technologie überhaupt, die neue Ideen entwickeln kann». Während der Buchdruck die Bibel nur habe vervielfältigen können, wäre die KI in der Lage, eine neue Bibel zu schreiben.

Religionen hätten in der Vergangenheit von einem Buch geträumt, das von einer übermenschlichen Intelligenz geschaffen wäre. «In wenigen Jahren könnte es vielleicht Religionen geben, die tatsächlich korrekt sind», fährt Harari in dem Interview fort. Ein Glaube, dessen heiliges Buch von einer Künstlichen Intelligenz geschrieben sei, könne in wenigen Jahren zur Realität werden.

Yuval Noah Harari spricht also über Annahmen, mögliche Zukunftsszenarien. Zu keinem Zeitpunkt ruft er dazu auf, eine neue Bibel mit Hilfe Künstlicher Intelligenz zu schaffen. Er spricht nur von der Möglichkeit einer solchen neuen Bibel in der Zukunft, ohne sich für oder gegen die Idee auszusprechen. Übrigens bezeichnet Harari die bestehende Bibel auch nicht als «Fake News», wie einige Posts in sozialen Netzwerken dies nahelegen.

Im Verlauf des Interviews äußert der Autor sich nuanciert über die Möglichkeiten der KI. Er erwähnt dabei ausdrücklich auch mögliche Gefahren, etwa für die Demokratie (bei Minute 13:00).

Harari ist kein Vertreter des WEF

Zwar hat Yuval Noah Harari schon an Konferenzen des WEF teilgenommen, doch bekleidet er keinen Posten innerhalb der Organisation. Er sei weder Angestellter noch Berater des WEF, ließ ein Sprecher des Forums die Faktenchecker von USA Today wissen. Eine solche Bestätigung bekam auch dpa schon im März 2022, als andere Falschbehauptungen über das WEF und Yuval Noah Harari die Runde machten. In den sozialen Netzwerken, bezeichnet Harari sich als Historiker, Autor und Professor. Er erwähnt keine offizielle Rolle beim Weltwirtschaftsforum.

Der Artikel von The People’s Voice verbreitete zu seinen falschen Behauptungen auch das Bild von einem angeblichen Tweet, wonach das WEF die Bibel als «Fake News» bezeichnet habe. Ein solcher Tweet findet sich aber weder auf dem Twitteraccount des WEF, noch auf dessen Website oder bei Google. Ein WEF-Sprecher erklärte USA Today im Übrigen, die Organisation habe nie dazu aufgerufen, die Bibel mittels Künstlicher Intelligenz neu zu schreiben.

(Stand: 11.07.2023)

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Wirtschaft, Gesellschaft

Autor(en): dpa

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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