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Impfplan widerlegt nicht die Wirksamkeit der Corona-Impfstoffe

In einem Video, das in den sozialen Medien im Mai 2023 im Netz geteilt wurde, hält eine Apothekerin einen Impfplan hoch, der ihr von der Apothekenkammer zugeschickt worden sein soll. Darauf ist zu lesen, dass der Impfschutz der Covid-19-Vakzine „derzeit noch nicht bekannt“ ist. Die Apothekerin im Video schließt daraus, dass die zugelassenen Coronaimpfstoffe „keine Wirkung“ hätten und „keinerlei Impfschutz“ böten. Tatsächlich ist der gezeigte Impfplan aus dem Jahr 2021 und entspricht der damaligen Datenlage.

Im Video erklärt eine Apothekerin einen Impfplan, den sie von der Apothekerkammer Schleswig-Holstein erhalten haben will: „Ein Impfplan ist ein großes Poster, auf dem alle Impfstoffe aufgeführt sind, die es gegen böse Infektionskrankheiten gibt und wie sie wirken.“

In der Spalte der Covid-19-Impfstoffe ist für den Impfschutz der Eintrag „derzeit noch nicht bekannt“ zu finden. Darauf sagt die Apothekerin: „Jetzt ist es offiziell. Sie spritzen etwas, das keine Wirkung hat auf den Verlauf, auf die Ansteckungsgefahr, auf die Wiedergabe eines Virus und was noch nicht mal die eigene Erkrankung beeinflusst.“

Das Video der Apothekerin wurde auf Facebook über 180 Mal, auf Twitter über 800 Mal und auf Tiktok sogar 5200 Mal geteilt. Auf Youtube hat es 7000 Aufrufe, auf Telegram sogar 178.000.

Auf einem Impfplan der Apotheken sind verschiedene Krankheiten und die dazugehörigen Impfstoffe, sowie Wirkungsweisen und Nebenwirkungen beschrieben. Wann genau die Apothekerin den Impfplan erhalten hat, geht aus dem Video nicht hervor.

Im Bild eingeblendet ist das Datum des 21. Mai 2023. An diesem Tag ist das Video nach Recherchen von AFP zum ersten Mal auf Youtube erschienen. Die Apothekerin selbst sagt im Video, sie habe den Impfplan am „letzten Dienstag“ erhalten, ohne das genaue Datum anzugeben.

 

Screenshot der Behauptung: 6. Juni 2023

 

Die bayerische Landesapothekerkammer ist nach eigenen Angaben verantwortlich für den Plan und versandte diese an andere Apothekenverbände deutschlandweit, so Sprecherin Janet Schulz am 31. Mai schriftlich gegenüber AFP. „Soweit mir bekannt ist, hat die Apothekerkammer Schleswig-Holstein Anfang des Jahres Impfpläne nachbestellt und diese an ihre Mitglieder versandt.“

Das Dokument sei seit September 2021 nicht aktualisiert worden, so Schulz. Eine Aktualisierung aber sei noch in diesem Jahr geplant, so die Sprecherin, ohne einen genauen Erscheinungstermin anzugeben.

Die bayerische Apothekenkammer wollte auf Anfrage von AFP keine Kopie des Impfplans vorlegen. Die Landesapothekerkammer Brandenburg bestätigte AFP jedoch, dass sich bei dem Dokument im Video um den Impfplan der Apothekenkammer Bayern handelt. Zur Erklärung zu dem Eintrag „derzeit noch nicht bekannt“, der auf dem Impfplan vom September 2021 zum Impfschutz der Coronaimpfstoffe vermerkt ist, sagte Ramona Reimann von der Abteilung Öffentlichkeitsarbeit der Landesapothekerkammer Brandenburg: „Zu dieser Zeit gab es einfach noch keine endgültig verlässlichen Daten zur Wirksamkeit der Impfung, da ja erst ab Januar 2021 mit den Coronaimpfungen begonnen wurde.“ Die Impfkampagne begannen laut Bundesregierung bereits am 27. Dezember 2020.

Wirksamkeit der Coronaimpfstoffe ist erwiesen

Die Datenlage hat sich mittlerweile geändert. Im aktuellen „Epidemiologischen Bulletin“ der Robert Koch Instituts (RKI) steht: „Die STIKO (Ständige Impfkommission) hat ihre Covid-19-Impfempfehlung seit der Erstpublikation im Dezember 2020 unter der Berücksichtigung neuer Daten (zum Beispiel Covid-19-Risikofaktoren, Impfschutz und Schutzdauer, Sicherheitssignale, neuen Virusvarianten) und weiterer Impfstoffzulassungen fortlaufend angepasst.“

Im Fazit zur Effektivität und Schutzdauer der Covid-19-Impfstoffe steht in der Fachzeitschrift: „Die analysierten Daten (…) zeigen, dass auch unter Zirkulation der Omikron-Variante die verfügbaren Impfstoffe in allen Altersgruppen gut gegen schwere Covid-19-Verläufe schützen.“

 

Corona Impfstatus in Deutschland am 1. September 2022 (Thorsten Eberding / AFP)

 

Wie effektiv die unterschiedlichen Impfstoffe sind, wurde in vielen Studien untersucht. Die Centers for Disease Control and Prevention (CDC), eine Behörde des US-amerikanischen Gesundheitsministeriums, haben die wichtigsten Ergebnisse in einer Übersicht auf ihrer Website zusammengetragen. Aus den Studien geht etwa hervor, dass eine dreifache Impfung mit einem der Coronaimpfstoffe die Chancen eine Hospitalisierung nach einer Coronainfektion deutlich senke. In einigen Fällen gehen die Forschenden von einer geschätzten Effektivität der Covid-19-Impfung gegen Hospitalisierung bei Erwachsenen von über 90 Prozent aus.

Die Wirksamkeit der Coronaimpfstoffe zeigt sich laut eines Berichts der Weltgesundheitsorganisation WHO vom 30. März 2023 auch in der gesunkenen Zahl schweren Verläufe: „Zu Beginn des Jahres 2023 erleben die Länder immer noch wiederkehrende Infektionswellen. Jedoch ist die Zahl der Krankenhauseinweisungen und Todesfälle im Allgemeinen rückläufig. Dies ist auf eine weiter zunehmende Immunität der Bevölkerung aufgrund der zunehmenden Durchimpfung und durch Infektionen entstandene Immunität zurückzuführen ist.“

AFP hat herausgefunden, dass die Frau im Video tatsächlich als Apothekerin in Schleswig-Holstein arbeitet. Aber eine Anfrage um eine Stellungnahme zu ihren Ausführungen im Video blieb bis dato unbeantwortet.

Fazit: Bei dem Impfplan, den die Apothekerin in ihrem Video zeigt, handelt es sich um das Dokument, das die Apothekerkammern an Apotheken in ganz Deutschland verschickt haben. Der Eintrag zum Impfschutz der Covid-19-Vakzine lautet dort tatsächlich „derzeit noch nicht bekannt“. Dies ist dem Stand der Wissenschaft im September 2021 geschuldet, als der Impfplan veröffentlicht wurde. Mittlerweile ist die Wirksamkeit der Coronaimpfstoffe jedoch eindeutig nachgewiesen.

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Corona, Gesundheit

Autor(en): Till EICHENAUER / AFP Deutschland

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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