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Gefälschtes „Handelsblatt“-Cover über die Ukraine in Umlauf

Der Krieg in der Ukraine ist von zahlreichen gefälschten Titelblättern westlicher Medien begleitet. Aktuell verbreiten Nutzerinnen und Nutzer in sozialen Netzwerken ein gefälschtes Cover der deutschen Wirtschaftszeitung „Handelsblatt“. Angeblich macht sich die Titelseite über den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj und seine Bemühungen zum Nato-Beitritt seines Landes lustig. Das Cover ist allerdings eine Fälschung, wie eine Sprecherin des Blatts bestätigte. Die echte Titelseite beschäftigt sich mit dem Technologieunternehmen Microsoft.

In einer Karikatur sieht man Selenskyj einer Nato-Tür nachlaufen, die er mit einer Rute am eigenen Kopf vor sich herträgt. Der Weg der Ukraine zur Nato-Mitgliedschaft wird damit mit dem eines Esels verglichen, der einer nicht zu erreichenden Karotte nachrennt. Dazu heißt es auf dem„Handelsblatt“-Cover angeblich: „Es ist Zeit, unsere Einstellungen über die geistigen Fähigkeiten des Präsidenten der Ukraine zu überdenken“. Die Schlagzeile dazu lautet: „Eine endlose Geschichte“. Datiert ist die vermeintliche Titelseite als Wochenendausgabe Nummer 134 auf den 14., 15. und 16. Juli 2023.

User verbreiteten das gefälschte Cover auf Facebook, tausende sahen es auf Telegram. Auch in anderen Sprachen wie Russisch, Englisch, Französisch, Spanisch, Tschechisch oder Slowakisch wurde es geteilt.

Telegram-Screenshot der Behauptung: 14. Juli 2023

Es ist nicht das erste Mal, dass sich gefälschte Titelblätter westlicher Medien mit prorussischen Botschaften verbreiten. AFP überprüfte bereits in der Vergangenheit dieses falsche „Stern“-Cover, das Selenskyj als Lügner bezeichnete oder eine Serie erfundener Titelblätter des französischen Satiremagazins „Charlie Hebdo“.

Auch das „Handelsblatt“ war erst vor Kurzem Opfer eines weiteren gefälschten Covers. Ein Titelbild, das die ukrainische Gegenoffensive als ineffektiv darstellte, war laut der Zeitung eine Fälschung. Das aktuell verbreitete Selenskyj-Cover ist ebenfalls manipuliert.

„Handelsblatt“ dementiert

Auf Twitter äußerte sich das „Handelsblatt“ bereits allgemein zu kursierenden Fälschungen. Am 13. Juli 2023 schrieb das Blatt: „In letzter Zeit gelangen bei unterschiedlichen Medien vermehrt Fake-Titelseiten in Umlauf. Auch wir beim Handelsblatt sind davon betroffen. Daher ein Hinweis in eigener Sache: Das Cover unserer aktuellen Ausgabe finden Sie immer hier.“

Stellungnahme des „Handelsblatt“ auf Twitter, Screenshot vom 14. Juli 2023

Dazu verlinkte die Zeitung auf ihr Archiv (hier archiviert), in dem authentische aktuelle Ausgaben gesammelt sind. AFP fand allerdings unter den letzten Ausgaben keine solche Karikatur auf einem der Cover. Das Archiv reicht bis Anfang Juni 2023 zurück.

Datiert ist die angebliche Ausgabe auf den 14., 15. und 16. Juli 2023. Die echte Wochenendausgabe Nummer 134 (hier archiviert) dieser Tage kann man ebenfalls auf der Website der Zeitung finden. Aufs Cover geschafft hat es eine ganz andere Geschichte, die die Innovationsbemühungen des Technikkonzerns Microsoft behandelt. Selenskyj wird auf diesem Cover nicht erwähnt.

Echtes Cover auf der „Handelsblatt“-Website,Screenshot vom 14. Juli 2023

Eine Sprecherin schrieb am 14. Juli 2023 auf AFP-Anfrage zudem klar: „Das Cover mit einer Karikatur des ukrainischen Präsidenten und dem Titel „Eine endlose Geschichte“ (Nr. 134, 14./15./16. Juli 2023) ist eine Fälschung. Die Handelsblatt-Redaktion hat ein solches Cover nie erstellt, insofern auch weder veröffentlicht noch geplant es zu veröffentlichen.“

Die Ukraine und die Nato

Wolodymyr Selenskyj wirbt immer wieder für den Beitritt seines Landes zum Militärbündnis, zuletzt etwa am Rande eines Nato-Gipfels in Vilnius am 11. Juli 2023.

In einer am selben Tag veröffentlichten Erklärung der Nato hieß es: „Die Zukunft der Ukraine ist in der Nato.“ Gleichzeitig knüpfte das Bündnis einen möglichen Beitritt aber auch an zahlreiche Bedingungen. Ein konkreter Zeitplan, auf den in der Ukraine gehofft wurde und den auch mehrere osteuropäische Länder forderten, wurde nicht festgelegt. Deutschland bremste gegen einen schnellen Beitritt der Ukraine.

Schon beim Nato-Gipfel von Bukarest im Jahr 2008 hatte die Ukraine eine grundsätzliche Beitrittsperspektive erhalten. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte sich schon damals gegen die Erweiterungspläne ausgesprochen.

Fazit: Ein kursierendes Cover mit einer Karikatur des ukrainischen Präsidenten ist gefälscht. Das bestätigte das „Handelsblatt“ auf AFP-Anfrage. Auch im Archiv der Zeitung ist es nicht zu finden. Das echte Titelblatt beschäftigt sich nicht mit der Ukraine, sondern dem Technologieunternehmen Microsoft.

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Politik, Ukraine

Autor(en): Eva WACKENREUTHER / AFP Österreich

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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