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Nein, im Kreis Marburg-Biedenkopf sind keine Soldaten zur Blackout-Vorsorge unterwegs

„Im Wohnort meines Sohnes (Kreis Marburg) gehen Soldaten von Haus zu Haus und befragen die Bewohner, ob sie für einen Blackout gerüstet sind“, heißt es auf Facebook (hier und hier) und Telegram. Dazu verbreitet sich ein Bild von zwei Männern in militärischer Kleidung auf einer Treppe vor einem Fachwerkhaus. Die Behauptung verbreitet sich auch auf Griechisch.

Wir haben beim Landkreis Marburg-Biedenkopf und der Bundeswehr nachgefragt, ob dort Soldatinnen und Soldaten eingesetzt würden, um mit Bewohnern darüber zu sprechen, ob sie für einen Blackout vorbereitet sind. Das Szenario eines großflächigen und mehrtägigen Stromausfall wird aktuell immer wieder thematisiert, aber auch für Panikmache und Desinformation instrumentalisiert, wie wir in einer ausführlichen Recherche berichteten. Die Antwort des Landkreises und der Bundeswehr sind eindeutig: Einen solchen Einsatz von Soldaten habe es nicht geben.

Landkreis Marburg-Biedenkopf weiß nichts von angeblicher Befragung zu Blackouts

Wir haben zunächst beim Landkreis Marburg-Biedenkopf, wie der Landkreis rund um die Stadt Marburg in Hessen vollständig heißt, angefragt, ob dort etwas über die angebliche Befragung bekannt sei. Pressesprecher Maximilian Schlick schrieb uns, von einer solchen Befragung habe „die Kreisverwaltung Marburg-Biedenkopf keinerlei Kenntnis“.

Auch könne man anhand des Fotos nicht verifizieren, ob das Bild tatsächlich im Landkreis Marburg-Biedenkopf aufgenommen worden sei oder ob es sich bei den Personen auf dem Bild tatsächlich um Soldaten der Bundeswehr handele.

Der Landkreis informiere die Bürgerinnen und Bürger zwar im Rahmen seiner Risiko- und Krisenkommunikation regelmäßig zur aktuellen Entwicklung, was eine mögliche Energie- und Gasmangellage und deren Folgen angehe. Dafür nutze man aber grundsätzlich „klassische Kommunikationskanäle“ wie Pressemitteilungen, Facebook, Telegram und Instagram, die Kreiszeitung („mein Landkreis“) sowie die Webseite des Landkreises.

Bundeswehr: Aufnahme zeigt vermutlich Sammelaktion eines Vereins für Kriegsgräberfürsorge

Eine Bilder-Rückwärtssuche liefert keine relevanten Ergebnisse. Um herauszufinden, ob die Aufnahme deutsche Soldatinnen oder Soldaten zeigt, haben wir uns an die Bundeswehr gewandt. Norman Wald vom Presse- und Informationszentrum des Territorialen Führungskommandos der Bundeswehr schrieb uns, die Bundeswehr sei grundsätzlich nur als zusätzliche Hilfe zur Unterstützung im Einsatz.

Seiner Einschätzung nach zeige das verbreitete Foto „aller Wahrscheinlichkeit nach“ eine Haus- und Straßensammlung des Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge. Der Volksbund kümmert sich laut eigener Angabe im Auftrag der Bundesregierung um die Gräber deutscher Kriegstoten im Ausland und betreut Familienangehörige. Die Bundeswehr unterstützt die Organisation, in dem sie Soldatinnen und Soldaten zum Beispiel für freiwillige Spendensammlungen vom Dienst befreit.

Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge: Im Raum Marburg gab es seit Ende November eine Spendensammelaktion

Wir haben daher den Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge angefragt. Pressesprecherin Diane Tempel-Bornett sagte uns telefonisch , es sei zwar unklar, wann die Aufnahme entstanden sei, es sei jedoch möglich, dass sie eine Sammelaktion für die Organisation zeige.

Vom 21. November bis zum 9. Dezember habe eine solche Aktion im Raum Marburg, Amöneburg und Stadtallendorf, die beide ebenfalls zum Landkreis Marburg-Biedenkopf gehören, stattgefunden. Bei den Sammelaktionen machen Reservisten und Reservistinnen, Schülerinnen und Schüler oder Vereine mit. Unterstützt hätten dabei auch Soldatinnen und Soldaten des Bundeswehrstandortes Stadtallendorf, wie Tempel-Bornett berichtet.

Jan Volkmann, Pressesprecher der Division Schnelle Kräfte am Bundeswehrstandort Stadtallendorf, schrieb uns auf Anfrage, man habe „keine Soldaten eingesetzt, um Befragungen zu möglichen Blackouts durchzuführen“. Inwiefern Soldatinnen und Soldaten an der Spendenaktion beteiligt waren, schrieb er nicht.

Tempel-Bornett vom Volksbund schrieb uns weiter, die Soldaten, die sich an der Sammelaktion beteiligten, hätten „die strikte Auflage, im Dienstanzug und mit Mantel zu sammeln.“ Da die Personen auf dem Bild diese Kleidung nicht trügen, handele es sich „trotz des Anscheins“ wohl nicht um Soldaten, die für den Volksbund sammelten.

Um was für Personen es sich auf dem Bild genau handelt, warum sie militärisch gekleidet sind und wo genau das Foto entstanden ist, bleibt damit unklar. Fest steht jedoch, dass sie nicht von der Bundeswehr geschickt wurden, um Bürgerinnen und Bürger auf einen möglichen Blackout im Kreis Marburg vorzubereiten oder sie zu dem Thema zu befragen.

Redigatur: Sophie Timmermann, Uschi Jonas

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Autor(en): CORRECTIV

Ursprünglich hier veröffentlicht.

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